Deutschland verpflichtete sich darin per Kabinettsmehrheit, bis 2020 fünf Prozent der gesamten Waldfläche „sich selbst zu überlassen“ und bei zwei Prozent der gesamten Landfläche die Natur ohne Eingriffe gedeihen zu lassen. Bisher sind nur 123 000 Hektar der deutschen Wälder frei von forstlicher Nutzung – das sind 0,35 Prozent der Landfläche.
„Angesichts der deutschen Position als Umweltführer aller Nationen ist das einfach absurd“, sagte Georg Sperber, der ehemalige Leiter des Forstamtes Ebrach. „Wir stellen uns hin und fordern von armen Ländern wie Brasilien, 18 Prozent ihres Regenwaldes zu schützen, doch selbst tun wir keinen Pfifferling für den Schutz der Tiere und Pflanzen.“
Hintergrund der Wanderung durch den Steigerwald war die UN-Naturschutzkonferenz unter deutschem Vorsitz vom 19. bis zum 30. Mai in Bonn. Dabei verdeutlichten neben den Offiziellen von 191 Nationen Nicht-Regierungs-Organisationen wie der BN und BUND ihren Standpunkt zu verdeutlichen. „Und das Auftreten von Bundeskanzlerin Angela Merkel beflügelt uns in der Hoffnung, dass auch Deutschland hinsichtlich des Umweltschutzes aktiver wird“, sagte Hubert Weiger.
„Wir fordern von armen Ländern, 18 Prozent ihres Regenwaldes zu schützen, doch selbst tun wir keinen Pfifferling für den Schutz der Tiere und Pflanzen.“
Georg Sperber Früherer Leiter des Forstamts Ebrach
Bezüglich des Projektes „Nationalpark Steigerwald“ wünschen sich Hubert Weiger und Georg Sperber eine Versachlichung der Diskussion. „Viele Menschen, die sich erst mal aufregen, wissen gar nicht, was ein Nationalpark bedeutet“, meinte Weiger. „Dabei fungiert eine solche Ausweisung nachweislich als Motor für die ganze Region.“
Bisher seien bei den Gasthäusern und Hotels der Landkreise rund um den Steigerwald die Betten beispielsweise nur zu etwa 20 bis 25 Prozent ausgelastet. „Schon eine Verdopplung dieser Zahl wäre ein Riesengewinn“, meinte Sperber. „Und dieses Ziel wäre leicht zu erreichen: Naturliebhaber stehen prinzipiell auf rustikale Unterkünfte, nicht auf Luxushotels.“ Darüber hinaus sei bei Naturparks – selbst bei internationaler Ausweisung – die Holznutzung nur zu 75 Prozent eingeschränkt, die restlichen 25 Prozent könnten naturnah bewirtschaftet werden.
„Um die gesamte Artenvielfalt der Pflanzen- und Tierwelt zu erhalten, müssen besonders Buchenwälder geschützt werden“, sagte Sperber. Und hierbei trage Deutschland eine internationale Verantwortung: Rund ein Viertel der europäischen Buchenwälder liege in unserem Land, nicht wenige Buchenwaldgebiete davon gehören zum UNESCO-Weltnaturerbe. „Außerdem muss man sich klar machen, über welch kleine Zahl wir sprechen: Bisher sind nur knapp über ein Prozent der Waldfläche in Bayern ohne Nutzung“, so Sperber.
Mit einem Nationalpark Steigerwald kämen 10 000 Hektar hinzu, die Mindestgröße laut bayerischem Gesetz. Insgesamt verfügt Bayern über 2,5 Millionen Hektar Wald, ohne Nutzung sind rund 26 800 Hektar. Sperber wünscht sich neben dem Nationalpark Bayerischer Wald und Berchtesgaden einen dritten bayerischen Nationalpark. Hubert Weiger hat eher eine fränkische Vision: „Bamberg als Weltkulturerbe, den Steigerwald als Weltnaturerbe, Schweinfurt als Industrie- und Kulturstadt und Würzburg als Weltkulturerbe – da haben die Leute vier gute Gründe, um ins schöne Frankenland zu fahren.“
Damit die Diskussion nicht mehr rein von Emotionen und Spekulationen beherrscht wird, fordern die Umweltschützer die Bayerische Regierung dazu auf, eine Machbarkeitsstudie über einen Nationalpark Steigerwald in Auftrag zu geben. „Nur so können wir alle Zweifel aus dem Weg räumen und unsere Argumentation auf eine hieb- und stichfeste Studie stützen“, sagte Weiger. Er und Georg Sperber jedenfalls sind sich sicher: „Der Nationalpark wird kommen!“