Was bewegt eine Wildgans, wenn ein Minister in ihrem Revier aufkreuzt? Das Näheliegendste: ihre Flügel. Langsam und in gebührendem Abstand ziehen erst zwei Gänse und gleich darauf eine ganze Formation am Abendhimmel an den Besuchern vorbei. Aber nicht lautlos. Quäkendes Geschrei kommt vom Himmel. „Die lachen uns auch noch aus“, quittiert jemand aus der Gruppe die Rufe der Gänse. Dass denen das Lachen vergeht, darum sind Vertreter von Landwirtschaft und Kommunalpolitik zusammen mit Landwirtschaftsminister Helmut Brunner an die Mainaue gekommen.
Sie wollen dem Minister noch einmal deutlich machen, welche Schäden das Überhandnehmen der Tiere anrichtet. Das ist in natura zu sehen an den Stellen auf Feldern, die obendrein vom Federvieh stellenweise zusammengetrampelt sind. Und akribisch hat das auch der Ortsobmann des Bayerischen Bauernverbands von Sand, Rudi Ruß, dokumentiert.
„Grüß Gott Herr Minister. Jetzt red i“ – so hatte Ruß gleich bei der Begrüßung in Sand die Marschrichtung klargemacht: Zum einen, dass die Bauern zeigen wollen, welche Folgen für sie die „Gänse-Plage“ hat. Zum andern wollten sie Konkretes zu den Ankündigungen von Brunner hören, die er bei der Sendung „Jetzt red i“ des Bayerischen Rundfunks getätigt hatte. Da hatte Brunner zugesagt, die Sander Landwirte zu unterstützen (wir berichteten).
Das Gänseproblem wächst ständig, berichtet Ruß vor Ort in den Mainauen. Wie rasant, das verdeutlichen zwei Zahlen: Im Jahr 2007 wurde die erste Wildgans gesichtet, im vergangenen Jahr wurden bis zu 500 Tiere gezählt. Mit Sarkasmus sagt Ruß: „Anscheinend haben die Telefon“ – und verständigen sich untereinander, dass es in Sand am Main so schön ist. Und einigermaßen sicher. Denn die Bejagung, die es zwischenzeitlich gegeben hatte, dürfte wohl nicht wirklich als Erfolg zu werten gewesen sein. Zumal die Tiere nicht dumm sind, wie Ruß berichtete, denn sie merken schnell, wenn ihnen Jäger auf den Versen sind.
Das Sander Gänse-Problem ist Brunner bekannt – und es ist längst kein alleiniges Problem im Haßbergkreis, berichtet der Landwirtschaftsminister in den Mainauen, wie auch später auf der von Wilhelm Schneider (Maroldsweisach) initiierten Info-Veranstaltung für Landwirte in Zeil. Aus diesem Grund habe man zwei Pilotgebiete ausgewiesen – Cham und der Sander Bereich – wo die Gänse-Problematik unter wissenschaftlicher Begleitung angegangen werden soll. Was dauert, aber den Schaden haben die Sander Landwirte seit Jahren – mitunter gar Totalausfall bei der Ernte, wie Ruß berichtete. So lautete deren Forderung, dass die jetzt in Aussicht gestellten Entschädigungen zeitnah auf den Weg gebracht werden. „Es muss konkretisiert werden. Dem will der Bauernverband jetzt auch in Gesprächen nachgehen“, erklärte Rudi Ruß am Mittwoch auf Nachfrage. Brunner hatte auf der Versammlung bekräftigt, dass 50 Prozent der Schäden ab einer Schadenssumme von 2500 Euro ersetzt werden sollen. Zudem können Schäden ab dem Jahr 2010 geltend gemacht werden. Zugleich machte er keine Hoffnung, dass die Forderung nach 100 Prozent Schadensersatz, erfüllt werden könne.
Nicht nur Hoffnung machte Helmut Brunner, sondern eindeutig war die Aussage des Ministers zum grünen Zentrum Hofheim und damit verbunden dem Fortbestand der Außenstelle des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Reinhold Giebfried (Ostheim), Kreisobmann Klaus Merkel (Mariaburghausen) und Wilhelm Schneider hatten eindringlich auf die Bedeutung der Einrichtung für die Region hingewiesen. Merkel: Wenn Personal abgebaut werden müsse, dann doch im Ministerium in München und nicht in der Fläche. Brunners Antwort zu Hofheim: „Da kann ich Ihnen Entwarnung mitteilen. Es ist nicht geplant, die Außenstelle aufzulösen“. Den Beifall aus dem vollen Saal hatte er damit sicher.