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THERES
Der letzte Gang wird kein leichter sein
Von unserem Redaktionsmitglied Michael Mösslein
 |  aktualisiert: 27.04.2011 18:07 Uhr

Hans-Peters Reis' Tage als Bürgermeister der Gemeinde Theres sind gezählt. Seine verbleibende Amtszeit lässt sich gar schon in Stunden angeben: Ab Donnerstagmittag sind es noch 60 Stunden. Am Samstag, 30. April, um Mitternacht geht der 62-Jährige in Pension. 18 Jahren war er dann Rathauschef. Eine lange Zeit.

Seine letzte offizielle Amtshandlung hat einen traurigen Anlass: Am Freitag um 14.30 Uhr wird Theo Stierhof, Reis' Amtsvorgänger, in Obertheres ausgesegnet. Er war am Dienstag im Alter von 82 Jahren gestorben. An der Aussegnung wird auch der neue Thereser Bürgermeister, Matthias Schneider, teilnehmen. Dieser tritt sein Amt zum 1. Mai an.

Beide, Reis und Schneider, haben sich am Mittwochnachmittag im Besprechungszimmer des Bürgermeisters im Sitz der Verwaltungsgemeinschaft in Obertheres getroffen. Es war nicht das erste und wohl nicht das letzte Treffen des alten und des neuen Bürgermeisters. „Nahtlose Amtsübergabe“, nennen es die beiden. Beide verstehen sich offenbar.

„Langsam habe ich schon Schmetterlinge im Bauch“, gesteht Schneider. Der 39-Jährige hat bisher als Polizist in Haßfurt gearbeitet. Die Amtsgeschäfte eines Bürgermeisters – das ist für ihn Neuland. Immerhin kennt er sich in kommunalpolitischen Fragen aus, da er in seinem Wohnort Knetzgau Gemeinderat ist. Beziehungsweise war, denn Schneider erklärt auf Nachfrage: „Ich werde das Gemeinderatsmandat niederlegen.“ Bürgermeister, das sei ein sehr zeitaufwendiger Job. Darauf wolle er sich voll konzentrieren.

Kein Wohnsitz in Theres

Er wird weiter mit seiner Frau und den beiden Söhnen in Knetzgau wohnen. „Der Wohnort ist für mich nicht ausschlaggebend, um in Theres Bürgermeister zu sein. Was zählt, ist allein die Arbeit, die ich mache“, sagt Schneider, der sich als CSU-Kandidat bei der Wahl am 13. März gegen zwei Konkurrenten mit 50,5 Prozent der Stimmen überraschend bereits im ersten Wahlgang durchgesetzt hat.

Eigentlich hätte Bürgermeister Reis an diesem Donnerstagabend vom Thereser Gemeinderat verabschiedet werden sollen. Neben diesem halboffiziellen Akt, ohne große Öffentlichkeit, war seitens der Gemeinde keine Abschiedszeremonie geplant. „Ich bin der Meinung, das geht nicht“, meint Schneider, „mein Vorgänger war 18 Jahre im Amt, da hat er eine Abschiedsfeier mit Vereinen und Musikprogramm verdient.“ Also wurde der für Donnerstag angesetzte Termin abgesagt. Nun soll es später eine Feierstunde geben. Der Termin ist noch offen.

Reis freut sich auf die Pension, wie er erklärt. „Ich war seit 1984 im Gemeinderat und hatte damals nie daran gedacht, einmal Bürgermeister zu werden.“ Bammel vor dem Ruhestand habe er keinen. Er werde es genießen, seine Freizeit so planen zu können, wie er es möchte – ohne zig Termine und Einladungen an den Wochenenden. Über Ostern war er mit seiner Frau in Paris. „Zum ersten Mal. Und wir werden bestimmt nochmals hinfahren“, sagt er.

Nach der Bilanz seiner Amtsjahre als Gemeindeoberhaupt gefragt, nennt Reis eine Menge Punkte, die ihm offenbar wichtig sind. Darunter: Die Gemeindeverwaltung Theres ist auf dem modernsten Stand aller Landkreiskommunen. Die Oberthereser Schule wurde saniert, die Zukunft der Kindergärten ist geregelt. Die Pro-Kopf-Verschuldung ist auf recht niedrigem Niveau.

Reis weist aber auch auf Aufgaben hin, die er seinem Nachfolger vererbt: ein neuer Friedhof für Obertheres, die umfassende Dorferneuerung in Obertheres und Buch steht bevor, die Einrichtung eines Gemeindezentrums im Sportzentrum Obertheres ist angedacht – und dann ist da noch der Dauerbrenner Viehhof. Für den Komplex, den die Gemeinde vor Jahren gekauft hat, ist noch immer keine Nutzung absehbar. „Die geplante Einrichtung eines Altenheims mit 80 Betten läuft noch“, meint Reis. 40 Arbeitsplätze erwartet er sich davon.

Schneider rudert in der Sache etwas zurück: „Eventuell wäre es besser, das Projekt kleiner, überschaubarer zu planen.“ Er spricht die Idee eines generationenübergreifenden Konzepts an. Hier konnte er als Gemeinderat in Knetzgau Erfahrung sammeln. Dort entstand eine Kinderkrippe zwischen dem Kindergarten und einem Seniorenwohnheim. Auch Pläne zum Aufbau eines Mehrgenerationenhauses sind dort weit gediehen. Einsetzen will er sich auch für eine bessere Jugendarbeit in Theres, eventuell mit einem hauptamtlichen Jugendbetreuer – zusammen mit Nachbargemeinden.

Als „speziell“ bezeichnet Schneider die immer wieder aufbrechenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Thereser Ortsteilen, insbesondere zwischen Ober- und Untertheres, deren Bewohner einander nichts schenken. Hier ist sicherlich ein langer Atem notwendig, um mehr Annäherung zu wagen als dies bisher möglich war.

Als Ratschlag gibt Reis seinem Nachfolger mit auf den Weg: „Man muss als Bürgermeister immer wissen, was man will. Das heißt, notfalls auch mal eine falsche Entscheidung treffen als keine.“ – „Das kenne ich von der Polizei, dort ist auch entschiedenes Handeln gefragt“, bestätigt Schneider.

Reis' schwerste Zeit

Mit die schwerste Zeit als Bürgermeister erlebte Reis im Jahr 2004. Im Zusammenhang mit der 1200-Jahr-Feier der Gemeinde stolperte er damals über seine undurchsichtige Rolle bei der manipulierten Verlosung eines Autos („Punto-Affäre“). Auch die Staatsanwaltschaft ermittelte damals. Heute weicht Reis dem Thema zwar nicht aus, sieht den ganzen Wirbel, der damals um seine Person gemacht wurde, dem Wahlkampf vor der Bürgermeisterwahl 2005 geschuldet. Diese gewann er schließlich – für viele überraschend.

Am Ende seiner Amtszeit als Bürgermeister gibt sich Reis dennoch zufrieden: „Es hat mir Freude gemacht.“ Aus öffentlichen Ämtern hat er sich in letzter Zeit zurückgezogen, so dass er künftig vor allem eines ist: Privatmensch. Und eines werde er künftig auf keinen Fall sein: eine graue Eminenz im Rathaus, der sich in die Amtsgeschäfte seines Nachfolgers einmischt. „Ich gebe meine Schlüssel gerne ab. Die Türschlösser müssen nicht ausgetauscht werden“, sagt Reis schmunzelnd.

Matthias Schneider setzt gerade in der Anfangszeit als Bürgermeister auf die Unterstützung der Gemeindeverwaltung, auf deren Hilfe laut Reis Verlass ist. „Vieles wird für mich am Anfang neu sein“, gibt Schneider offen zu. „Falls ich Fehler mache, dann möchte ich auch, dass mich meine Mitarbeiter ehrlich darauf hinweisen.“ Denselben offenen Umgang mit Problemen und Anliegen kündigt er für sich selbst an. Sein Büro werde den Bürgern jederzeit offenstehen – „außer ich habe gerade eine Besprechung“. Kritik nehme er gerne an. Über Handy und E-Mail werde er auch außerhalb seiner Dienstzeiten im Rathaus erreichbar sein.

Und über einen Umstand kann sich der neue Bürgermeister freuen: Der Terminkalender für seinen ersten offiziellen Arbeitstag ist (noch) leer. Der Maifeiertag gehört nochmals ihm und seiner Familie.

 
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