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Kreis Haßberge
Der Landkreis soll nicht zum Steuersünder werden
Nicht nur Bürger sind steuerpflichtig, auch die Kommunen müssen ihre Finanzen genau erklären. Ein neues System soll helfen, sich nicht in rechtliche Grauzonen zu begeben.
Auch eine Kommune muss eine korrekte Steuererklärung abgeben. Ein neues System soll die Verwaltung des Landkreises vor rechtlichen Folgen bewahren.
Foto: Hans-Jürgen Wiedl | Auch eine Kommune muss eine korrekte Steuererklärung abgeben. Ein neues System soll die Verwaltung des Landkreises vor rechtlichen Folgen bewahren.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:36 Uhr

Für Kreiskämmerer Marcus Fröhlich steht fest: Was in Lindau passiert ist, soll es im Landkreis Haßberge nicht geben. Denn in der Stadt am Bodensee gab es Anfang des Jahres 2019 eine Razzia und die Staatsanwaltschaft startete Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister und seinen Kämmerer. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung. "Es ist ein komplexes System", sagt Haßberge-Kämmerer Fröhlich. "Auf der anderen Seite sind Leute, die eine korrekte Steuererklärung abgeben müssen." So sieht er eine Gefahr, dass Kommunen zu Steuersündern werden – nicht aus böser Absicht zum Betrug, sondern einfach, weil aus Unwissenheit Fehler gemacht werden.

Dagegen soll ein neues System helfen, dass der Landkreis einführen möchte. Bezeichnet wird es mit dem englischen Namen "Tax Compiance Management System". Auf deutsch hätte es den sperrigen Titel "System zur Verwaltung der Regeltreue bei steuerlichen Sachverhalten". Verständlicher sagte es Marcus Fröhlich am Montag, als der das Konzept im Kreisausschuss vorstellte: Hier sprach er von einer "Steuerrichtlinie".

200 Gesetze und 100 000 Verordnungen

"Wir brauchen ein Instrument, um aus der Strafbarkeit herauszukommen", brachte der Kreiskämmerer das Ziel dieser Richtlinie auf den Punkt. Denn bei einem Steuerrecht mit gut 200 Gesetzen und fast 100 000 Verordnungen sei es oft schwer, den Überblick zu behalten. Dazu kämen eine Verschärfung des Steuerrechts und schärfere Kontrollen, auch nach prominenten Fällen von Steuerhinterziehung.

Auch für Verwaltungen werden die steuerlichen Aufgaben immer komplexer. Marcus Fröhlich erzählte als Beispiel einen Fall aus dem Hauswirtschaftsunterricht in einer Schule: Wenn dort Brötchen gebacken und belegt werden, ist das Teil des Unterrichts und damit eine hoheitliche Aufgabe der Schule. Wenn die Schüler jedoch nicht alles, was sie in diesem Unterricht hergestellt haben, selbst essen können und den Rest beispielsweise an Bauarbeiter verkaufen, die gerade am Schulgebäude arbeiten, wären diese Verkäufe privatwirtschaftlich und damit umsatzsteuerpflichtig.

Für Ermittlungsbehörden ist es im Zweifelsfall schwer zu erkennen, ob eine Steuerhinterziehung absichtlich oder versehentlich geschehen ist. Doch wenn eine steuerpflichtige Organisation wie beispielsweise das Landratsamt ein innerbetriebliches Kontrollsystem hat, "das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient", könne das als Indiz gegen Vorsatz gelten. Eine solche Selbstkontrolle soll nun am Landratsamt entstehen.

Kopfschütteln bei den Ausschussmitgliedern

Um als Behörde vollständige und richtige Steuererklärungen abzugeben, alle Steuergesetze und Vorgaben der Finanzämter einhalten einhalten, will das Landratsamt seine Mitarbeiter für das Problem sensibilisieren und die Verantwortlichen schulen. Dazu kommt eine Hierarchie von zuständigen stellen, die für die steuerrechtlichen Fragen zuständig sind und sich gegenseitig auf die Finger schauen. An der Spitze stehen Kämmerer Marcus Fröhlich und seine Stellvertreterin als "Tax Compliance Officers".

Für die Aufstellung der Steuerrichtlinie habe es ein Muster gegeben, das der kommunale Prüfungsausschuss herausgegeben hat. "Das war eine Basis, aber wir haben es auf den Landkreis angepasst", berichtete Fröhlich. Diese Anpassungen seien so massiv gewesen, dass vom ursprünglichen Muster nur rund 30 Prozent übrig geblieben seien.

Als der Kämmerer das Thema im Kreisausschuss vorstellte, war vielen Ausschussmitgliedern deutlich anzumerken, dass sie über die ausufernde Bürokratie und strenge Vorschriften den Kopf schüttelten. "Uns bleibt nur, uns gut vorzubereiten", kommentierte Landrat Wilhelm Schneider.

 
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