Wo gab es die ersten lebensgroßen Aktdarstellungen seit der Antike auf deutschem Boden? Was bedeuten Domkühe und Domkröten? Und warum backt der Generalvikar nur noch kleine oder gar keine Brötchen mehr? Was hat Schneewittchen mit Bamberg zu tun? Welches Schwalbennest ist penibel kotfrei? Sollte es eine Fußbodenheizung für den Domplatz geben?
Antworten auf diese und andere skurrile Fragen liefert eine Neuerscheinung, die es bisher auf dem Buchmarkt nicht gegeben hat, und die aus der endlosen Fülle an Kunstführern und Bildbänden über die Kathedrale im Weltkulturerbe herausragt: "111 Orte im und am Bamberger Dom, die man gesehen haben muss" titelt dieser 240 Seiten starke Band, der jenseits der bekannten Sehenswürdigkeiten zu spannenden Entdeckungen einlädt.
111 Orte, jeder Standplatz auf einer Druckseite verewigt: Dieses Kunststück gelang den beiden Autoren Norbert Jung und Harry Luck. Jung ist promovierter Kirchenhistoriker und Domkapitular im Erzbistum Bamberg. Von 2011 bis 2020 leitete er die Hauptabteilung Kunst und Kultur im Erzbischöflichen Ordinariat und war als Summus Custos für den Bamberger Dom zuständig. Jetzt ist er Leitender Pfarrer in Ansbach. Luck, nach dem Studium der Politikwissenschaften in München als Korrespondent und Redakteur für verschiedene Medien tätig, ist seit 2012 für die Öffentlichkeitsarbeit im Erzbistum Bamberg verantwortlich.
Intime Kenner von Domgeschichten
Dritter im Bunde der intimen Kenner von Domgeschichten mit viel Detailwissen ist Dominik Schreiner, der als Fotograf und Online-Redakteur beim Erzbistum arbeitet. Er vervollständigte das neue Buch mit stimmungsvollen Bildern, die zu einer reizvollen Spurensuche durch die Jahrhunderte anregen.
Niemand muss dieses Werk durchgängig von der ersten bis zur letzten Seite lesen. Eine neugierig machende Inhaltsangabe verweist auf die einzelnen Schätze und verborgenen Schönheiten. Man liest sich förmlich an der kurzweiligen Schreibe der Autoren fest. Kapitel für Kapitel offenbart Überraschungen, die in diesem Wahrzeichen Bambergs mit den vier markanten Türmen stecken. Kleinodien in zweiter Reihe komplettieren das Meisterwerk Dom, das jährlich über eine Million Besucher aus aller Welt anzieht. Natürlich fehlt auch die erste Reihe nicht: So ist unter anderen bekannten Kostbarkeiten der "Bamberger Reiter" auf einer Seite vertreten, allerdings ohne das Rätsel endgültig gelöst zu haben, wer damit dargestellt werden soll.
Haus Gottes und Haus der Menschen
Eine andere, historisch zu untermauernde Begründung könnte ebenfalls die Darlegungen über die "Teufelsfratze" im Gewölbe ergänzen. Die Autoren beschränken sich auf die Nacherzählung der Legende um den gemalten Satan mit Horn auf der Stirn und einer heraushängenden Zunge. Diese Malerei ließe sich eventuell auch antisemitisch deuten.
Dank der Dom-Experten Jung, Luck und Schreiner bleiben die Beschreibungen der 111 Orte im und am ehrwürdigen, über 1000 Jahre alten Dom nicht im rein Musealen stecken. Das Wort "Dom" kommt vom lateinischen "domus", was Haus bedeutet. Der Dom ist Haus Gottes und Haus der Menschen für Gebet und Gottesdienst. Für Erzbischof emeritus Ludwig Schick, der das Vorwort für dieses neue Buch verfasst hat, ist der Dom "ein Wegweiser zum Himmel und zu Gott".
Schick hält es für möglich, dass der aufmerksame Dombesucher noch mehr als 111 Orte, die man gesehen haben muss, entdeckt, "wenn Sie lange genug suchen". Nicht lang suchen dürfte derjenige, der die 111 Orte zunächst zwischen zwei Buchdeckeln erforschen möchte: Diese sind im Emons Verlag Köln 2023 erschienen und kosten im Buchhandel 18 Euro.