Beruf und Hobby in Einklang zu bringen, wünschen sich viele Menschen. Die Wonfurterin Kim Hertinger verbindet gerade diese beiden Lebensbereiche: Die 27-jährige Psychologiestudentin dreht derzeit einen 20-minütigen Kurzfilm mit dem Titel „Meer bei Nacht“, in dem das „Korsakow-Syndrom“, eine spezielle Form der Demenz, in den Mittelpunkt gerückt wird. Sie schrieb das Drehbuch, führt Regie und übernimmt die Produktion. Die Heimatzeitung konnte in einer Drehpause an einem der insgesamt fünf Drehtage – mit je zehn Stunden Drehzeit – mit Kim Hertinger sprechen. Als Drehort fungierte neben der Psychiatrie der Uniklinik das Theater Chambinzki in Würzburg, wo das Gespräch stattfand.
Schon als Kind, schildert die Studentin, interessierte sie sich für Filme, vor allem von Walt Disney. Mit einer eigenen Videokamera war sie schon damals immer unterwegs. „Ich habe ständig Filme gemacht, zum Beispiel im Urlaub, bei denen ich meine Familie dazu überredet habe, sich vor die Kamera zu stellen“, berichtet die Psychologiestudentin.
In der Schule engagierte sie sich in der Theatergruppe, in der sie noch lieber hinter als vor den Kulissen agierte, denn dort konnte sie viel mehr gestalten und eigene Ideen einbringen. Schon damals verfasste sie im Rahmen eines Schulprojektes ein Drehbuch und führte Regie in einem Kurzfilm, der auch bereits psychologischen Tiefgang besaß: darin standen die Gedanken eines Amokläufers im Mittelpunkt.
In diesem Film konnte sie damit auch ihr zweites großes Interesse einbringen, die Psychologie, die sie zu ihrem Beruf machen will. Den Bachelorstudiengang hat sie bereits abgeschlossen und befindet sich nun im Master, den sie voraussichtlich im kommenden Jahr abschließen wird.
Fachwissen über Filme hat sich die Wonfurterin auch angeeignet. Film- und Regiekurse, zum Teil schon während der Schulzeit, unter anderem an der „London Film Academy“ im Jahr 2010 und ein Praktikum in der Werbefilmbranche in Würzburg im vergangenen Jahr gaben ihr zum einen tiefen Einblick in die Materie und die Psychologie, die hinter Filmmedien steht. Zum anderen lernte sie dort Ansprechpartner kennen, durch die es gelang, für ihr selbstverfasstes Drehbuch von „Meer bei Nacht“, das man dort für gut befunden hatte, eine Mannschaft von über 25 Mitwirkenden zu finden.
„Gestartet war das Filmprojekt ganz klein mit drei Personen“, erzählt die 27-Jährige.
Hertinger betont, dass alle Akteure auf ihrem Gebiet Spezialisten sind, sowohl hinter, als auch vor der Kamera. Als Schauspieler konnten renommierte Fernseh-, Film-, und Theaterschauspieler gewonnen werden wie David Steffen oder Peter Kotthaus, die bereits in zahlreichen Fernsehproduktionen vor der Kamera standen. Die musikalische Umrahmung von „Meer bei Nacht“ wird von Diplom-Musiker Jonas Göbel, der wie Kim Hertinger aus Wonfurt stammt, produziert.
Nachdem immer mehr Leute zu dem Projekt hinzustießen, wurde auch die Außenwirkung immer größer: als Sponsoren konnten dadurch neben dem Fachbereich Kultur der Stadt Würzburg auch das Würzburger Unternehmen „Takenet“ gewonnen werden. Darüber hinaus unterstützen auch das Theater Chambinzki sowie der Fachbereich Psychiatrie der Uniklinik Würzburg, wo auch die Dreharbeiten stattfanden, das Filmprojekt bei den Drehorten und der Organisation.
Die Idee zu diesem Film, so Hertinger, kam ihr während einer Univorlesung, in der das „Korsakow-Syndrom“ Gegenstand war. Diese Form der Demenz wird durch übermäßigen Alkoholkonsum ausgelöst und kann bereits im Alter von 50 Jahren auftreten: Gedächtnisverluste des Kurz- und des Langzeitgedächtnisses sind die Folge. Die Betroffenen füllen infolgedessen ihre Erinnerungslücken mit Erfundenem aus. Für Kim Hertinger war dieses Thema dafür prädestiniert, filmisch aufgearbeitet zu werden und die psychologische Dimension im Inneren der Personen zu entfalten.
Der Film, so viel sei verraten, handelt von einem ehemaligen Theaterstar, der in Folge des „Korsakow-Syndroms“ glaubt, wieder das große Comeback geschafft zu haben. Jedoch nimmt er nicht wahr, dass er sich in der Psychiatrie befindet und sein erneuter Durchbruch nie stattgefunden hat. Die Ärzte hält er, nachdem er aufwacht, für Regisseure, seine Tochter erkennt er nicht. Der Film stellt die Traumwelt des Hauptakteurs der Realität gegenüber, so dass die Grenzen dazwischen zu verschwimmen scheinen. Der Hauptakteur verliert durch die Krankheit jegliche Form der Selbstbestimmung und seine zunehmende Flucht stellt ihn vor eine folgenschwere Entscheidung.
Kim Hertinger will mit dem Kurzfilm über das „Korsakow-Syndrom“ aufklären sowie Verständnis für Betroffene und Angehörige erzeugen. Die 27-Jährige betont, dass es sich bei dem Film um ein hochwertiges, regionales Kunstwerk handelt, bei dem alle Posten von der Kamera, über die Beleuchtung, bis hin zur Maske von renommierten Profis – vor allem aus der Gegend – besetzt sind. Neben den Schauspielern sei nicht nur das Team, sondern auch die technische Ausrüstung auf Profiniveau. Das große Ziel der Autorin, Produzentin und Regisseurin ist die Berücksichtigung des Projektes auf großen Filmfestivals wie der Berlinale, bei der es eine spezielle Rubrik für Kurzfilme gibt. Gezeigt werden soll der 20-minütige Film, der am 15. November dieses Jahres fertig sein soll, auf deutschen und internationalen Film- und Kurzfilmfestivals.