„Muss das sein? Natürlich brauchen wir dringend Regen – aber ausgerechnet jetzt?“ Angespannte, enttäuschte Gesichter in der dicht besetzten Stadtpfarrkirche.
Stundenlang hatten Musiker und Helfer aufgebaut. Jedes Instrument mit einem der drei Mischpulte verkabelt, die Anlage gecheckt. Die Zelte mit Tischen und Bänken und die Verkaufsbuden für die Gäste gerüstet. Die Musikanten des Schulorchesters der Jacob-Curio-Realschule Hofheim und der Charity-Band „Pfeffer-Salz-und-Sahne“ standen in den Startlöchern. Doch kurz vor 19 Uhr zogen schwarze Wolken auf, starke Windböen fegten alles weg, was nicht niet- und nagelfest war und der Himmel öffnete seine Schleusen. Gut, dass die Kirche Schutz vor den Wassermassen bot.
Immer wieder wurden Wetter-Apps befragt, wann wohl ein Ende des Regens in Sicht sei. „In 25 Minuten ist der Regen durch“ verkündete Wolfram Hirsch. Dann brauche die Band eine halbe Stunde, um alles zu trocknen und wieder aufzubauen. Mit etwas Glück könne man mit einer Stunde Verspätung beginnen.
Tröstliche Nachricht
Michael Greb vom Tennisclub Hofheim überbrachte eine tröstliche Nachricht: Der Bademeister des Schwimmbades stelle spezielle Abzieher zur Verfügung, damit man Bänke und Tische rasch trocknen könne. Mitglieder des Gesangvereins Rügheim organisierten derweil Berge von Lappen zum Wischen.
Kaum klarte der Himmel auf und der Regen ließ nach, machten sich alle an die Arbeit. Allerdings hatte die überstürzte Flucht ins Trockene Spuren hinterlassen. Keine Chance, den entstandenen Kabelsalat zu entwirren und jeden Musiker wieder ordentlich zu verkabel. „Spielen wir eben unplugged“, entschied Hirsch.
Doch auch diesen Plan durchkreuzte der Himmel mit einem erneuten Guss. Beim dritten Anlauf hatte Petrus schließlich ein Einsehen. Der unerschütterliche Wille der jungen Leute, zu musizieren und die Geduld der Gäste wurden mit einem gelungenen – wenn auch verkürzten – Konzertabend belohnt.
Schwungvoll
Gleich mit dem ersten Stück bewies das Schulorchester, dass sich das lange Warten gelohnt hatte. Mit dem Bee Gees Song „You should be dancing“ eröffneten die Nachwuchsmusiker das schwungvolle Konzert. Es folgte im Stil der großen Big Bands der Swing Klassiker „Tuxedo Junciton“. Spätestens jetzt staunte das Publikum über das hohe Niveau des Schulorchesters, das eine ganz famose Bläsercrew aufzubieten hat. „Die laufen jetzt alle nicht übers Mischpult. Das zeigt, dass sie es wirklich können“, sagte Hirsch, der auch in der Hektik die Ruhe und seinen Humor behalten hatte. Mit dem flotten Discohit „Hot Stuff“ von Donna Summer verabschiedete sich das Schulorchester.
Jede Note sei passend auf jeden einzelnen Mitspieler umgeschrieben, erklärte Hirsch. „Das ist ein wesentliches Rezept dafür, dass es so gut klappt. Während der ganzen 30 Jahre des Schulorchesters haben wir gerade mal 50 Euro für Noten ausgegeben. Alles andere habe ich selbst gemacht.“
Das zehnjährige Bestehen der Big Band und das 30-jährige Bestehen des Schulorchesters habe deren Leiter Wolfram Hirsch auf die Idee eines Rekordversuches gebracht, sagt Schulleiter Stefan Wittmann. Er dankte den Verantwortlichen des Triathlons, dass die Schule für das Konzert die Ausstattung am Marktplatz nutzen durfte. Sein Dank galt aber auch den Musikern der Big Band, die „nicht unerhebliche finanzielle Mittel und Freizeit aufbringen müssen, um im Namen der Schule Gutes zu tun.“
Spende für Rett Syndrom Deutschland
Die Spenden des Abends gingen an die Stiftung „Rett Syndrom Deutschland e. V.“ die sich der Erforschung und Heilung der vorwiegend bei Mädchen auftretenden Entwicklungsstörung widme.
Für satten Sound sorgte das „Rekordorchester“ mit über 40 Musikanten, bestehend aus Schulorchester, Big Band und einigen Ehemaligen, die früher in einer der beiden Gruppierungen mitspielten. Mit „Billie Jean“ gab es ein Stelldichein mit Michael Jackson. Die Füße zum Zucken brachte das flotte Stück „Knock on Wood“. Höhepunkt war sicherlich das vielschichtige „Bond-Thema“. Spannend, dynamisch und voller Action ging es auf Verbrecherjagd.
Elmar Zehnter, der ebenso wie sein Bruder Hermann als Ehemaliger dabei war, machte das Musizieren sichtlich Spaß. „Mit seinen perfekten Arrangements hat Wolfram Hirsch eine super Grundlage gelegt.“ Das mache es jedem leicht, reinzukommen und mitzuspielen. Mit begeistertem Applaus wurden die Musiker entlassen.
Den Rest des Abends gehörte die Bühne „Pfeffer-Salz-und-Sahne“. In bester Spiellaune präsentierten die jungen Musiker Klassiker aus Swing, Jazz und Pop. Mal samtweich, mal kraftvoll liehen Tina Hirsch und Jasmin Wagner bekannten Liedern ihre Stimmen. Bis ins kleinste Detail ausgefeilt, rhythmisch und akzentuiert sorgte das Orchester für beste Sommerabendunterhaltung. Mit viel Beifall dankten die Zuhörer für den abwechslungsreichen Musikgenuss.