„Der 1. Mai ist weder Frühlingsanfang noch der Tag zur offiziellen Eröffnung der Grillsaison, sondern der internationale Feiertag der Arbeit, den wir Gewerkschafter nun seit 126 Jahren feiern.“ Mit diesen Worten begrüßte Anna Schlechter, DGB-Kreisvorsitzende im Gewerkschaftsbund Haßberge, die Gäste bei der traditionellen Maikundgebung im Hotel Goger in Sand.
An diesem Tag gehen viele Gewerkschafter auf die Straße oder versammeln sich in Sälen, wie in Sand, um für eine gerechte Arbeitswelt und dazugehörige politische Rahmenbedingungen einzutreten.
„Zeit für mehr Solidarität“ – dem diesjährigen Feiertagsmotto – wolle man sich nehmen, um den Arbeitnehmern bei Tarifauseinandersetzungen beizustehen, aber auch den Generationen, den Einheimischen und Flüchtlingen. Dazu zähle die Solidarität in den Betrieben, wie Schlechter weiter ausführte: „Kein Lohndumping und vor allem keine Zwei-Klassen-Gesellschaft“, damit waren speziell die Leiharbeit oder das neue Steckenpferd der Arbeitgeber, der Werkvertrag, gemeint.
Die Funktionärin forderte mehr Gerechtigkeit am Arbeitsmarkt für Mann und Frau, für Jung und Alt sowie eine Stärkung der gesetzlichen Rente. Seit Jahren würden die Gewerkschaften auf fehlende Investitionen in der öffentlichen Infrastruktur hinweisen. Dies würde vor allem ländliche Gegenden wie den Landkreis Haßberge betreffen.
Unzureichende Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, lange Wartelisten von Kinderbetreuungsplätzen oder der Mangel an Ärzten seien laut Schlechter Grund genug für die junge Generation, um in Städte abzuwandern.
Heimat attraktiv gestalten
Die Vorsitzende ging auf den demografischen Wandel ein, der den Landkreis vor schwierige Aufgaben stelle. Darum sei es für Schlechter auch wichtig, die heimische Region für junge Leute so attraktiv wie möglich zu gestalten.
Aufgabe der Gewerkschaft sei es, dafür zu kämpfen, dass die angesiedelten Betriebe gerechte Tariflöhne zahlen, die Stammbelegschaften größer werden anstatt durch Outsourcing an nicht tarifgebundene Unternehmen geschwächt werden und dass der Niedriglohnsektor die Ausnahme bleibe und nicht zur Regel werde.
„Die Arbeit ist wichtig“, betonte Sands Bürgermeister Bernhard Ruß in seinen Grußworten. Das Gemeindeoberhaupt forderte einen vernünftigen Lohn, der dem Wert der Arbeit auch entspreche.
Silke Klos-Pöllinger, Vorsitzende des DGB-Bezirksfrauenausschusses Bayern, ging in ihrer gewerkschaftlichen Rede zum 1. Mai auf den Mindestlohn ein. Eine Erfolgsgeschichte für die Gewerkschaften, die mit der Einführung des Mindestlohns im Januar 2015 in Kraft trat. Mit dessen Einführung habe die Große Koalition einen der Punkte aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Eine weitere Reform würde mit dem Thema Leiharbeit und Werkverträgen noch ausstehen. Die Gewerkschaften würden sich solidarisch zeigen für Beschäftigte im Niedriglohnsektor.
Solidarität bedürfe es nicht nur in der aktuellen Tarifrunde, auf die die Rednerin näher eingegangen war, sondern auch den Flüchtlingen gegenüber. Die von „Rechts“ geschürten Angriffe – mehr als 1000 Anschläge im vergangenen Jahr – würden laut Rednerin gar nicht gehen. Gewalt überhaupt, ob gegen Flüchtlinge, Helfende, Einsatzkräfte oder Journalisten prangerte Klos-Pöllinger an. Man müsse Rassisten selbstbewusst zeigen: „Wir sind die Mehrheit in Deutschland und lehnen Hetze und Gewalt gegen Flüchtlinge ab“.
Die Gewerkschaften hätten zu den ersten Opfern der Nazis gehört, deshalb engagiere man sich mit allen Kräften gegen „Rechts“. Die Funktionärin forderte eine demokratische, freie, soziale und gerechte Gesellschaft. „Rechtspopulismus, Nationalismus und Rechtsextremismus dürfen in Deutschland keinen Platz haben.“
Teilzeitfalle
Das soziale Europa, die Arbeit der Zukunft, Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern, die Teilzeitfalle, die Rentenpolitik oder die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenkassen waren ebenfalls Themen, auf die die Gewerkschaftssekretärin eingegangen war.
„Zeit für mehr Solidarität“ bedürfe es in vielen Bereichen, wie die Rednerin abschließend zusammenfasste. Die Arbeit würde den Gewerkschaftern jedenfalls nicht ausgehen. Die Stärke beruhe aber auf der Unterstützung jedes einzelnen Mitglieds, wie Klos-Pöllinger appellierte.