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HAßFURT
Das ideale Versteck für einen Verbrecher
Nicht nur privat sondern auch beruflich sind Klaus Peter Wolf und seine Frau Bettina Göschl ein eingespieltes Team. Nicht nur, dass der Schriftsteller und die Musikerin gemeinsam Kinderbücher verfassen. Auch bei Wolf Krimilesungen ist Göschl dabei. Am 21. April können sich die Haßfurter ein Bild von der Lesung mit Musik machen.
Foto: Holger Bloem | Nicht nur privat sondern auch beruflich sind Klaus Peter Wolf und seine Frau Bettina Göschl ein eingespieltes Team. Nicht nur, dass der Schriftsteller und die Musikerin gemeinsam Kinderbücher verfassen.
Von unserem Redaktionsmitglied Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:12 Uhr

Klaus Peter Wolf lebt seit 2003 in Ostfriesland. Als er mit seiner Frau Bettina Göschl dort hinzog, hatte der Schriftsteller noch nicht vor, Krimis zu schreiben, die in dieser Region spielen. Mittlerweile haben die Romane um Kommissarin Ann Kathrin Klaasen Kultstatus erreicht. Auflagen von mehreren hunderttausend Büchern und treue Fans, die gespannt auf den nächsten Band der Romanreihe warten, haben auch zur Folge, dass Touristen speziell mit dem Ziel nach Ostfriesland kommen, die Originalschauplätze der Bücher kennenzulernen.

Enttäuscht werden sie dabei nicht, denn Wolfs Geschichten haben einen hohen Wiedererkennungswert. „Ich schreibe immer über Orte, die ich kenne“, erzählt der Schriftsteller im Gespräch mit dem Haßfurter Tagblatt. So lasse sich aus seinen Geschichten gut herauslesen, wohin er bereits gereist ist.

Als er zu Beginn der Arbeit an seiner Krimireihe überlegte, wo die Geschichten spielen sollen, habe er zuerst vorgehabt, „ein großes gesellschaftliches Panorama“ zu zeichnen. So sollte die Geschichte ursprünglich in einer großen Stadt spielen. Auch Bamberg, wo seine Frau herstammt, war in der engeren Auswahl.

Doch dann kam die Überlegung, die Geschichte lieber in einer ländlichen Gegend spielen zu lassen. So kam er schließlich darauf, den Handlungsort in seine ostfriesische Wahlheimat zu verlegen. Aus Sicht des Autors ist das auch durchaus nachvollziehbar: „Wenn man sich als Verbrecher verstecken will, ist das die ideale Gegend.“ Das liege vor allem an der Besonderheit, dass die Region je nach Saison manchmal von Touristen übervölkert und manchmal fast ausgestorben sei. Wolf vergleicht das mit einem Naturphänomen der Nordseeküste: „Ebbe und Flut gibt es auch bei den Touristen.“

Geboren wurde Klaus Peter Wolf 1954 in Gelsenkirchen. Dass die Küste zu seiner Wahlheimat wurde, hängt auch mit Erinnerungen an seine Kindheit zusammen. Denn damals war im Ruhrgebiet die Luft so schlecht, dass gerade die Nordseeküste für viele Familien ein beliebtes Urlaubsziel war. „Dort hab ich zum ersten Mal richtig Luft gekriegt“, erinnert sich der Schriftsteller. „Das hat sich die Seele gemerkt“, sagt er. Deshalb sei er dort immer wieder hingefahren. Später lebten er und seine Bettina Göschl einige Zeit in Köln. Als sie dann beschlossen, sich ein gemeinsames Haus zu kaufen, zog es das Paar schließlich nach Ostfriesland.

Auch beruflich arbeiten die beiden zusammen. Neben seinen Kriminalromanen, an denen er alleine arbeitet, schreibt Wolf mit seiner Frau zusammen Kinderbücher. Mit „Die Nordseedetektive“ bleibt er auch hier dem Krimigenre treu, ebenso bei seiner Arbeit als Drehbuchautor für Fernsehfilme: Von ihm stammen unter anderem einige Folgen der Filmreihen „Tatort“ und „Polizeiruf 110“. Auch bei seinen Lesungen ist Bettina Göschl dabei. Denn die Musikerin hat eine CD mit Krimi-Liedern aufgenommen. Seit einigen Jahren geht das Paar daher gemeinsam auf Tour und veranstaltet Lesungen mit Musik.

Im Gespräch mit dem Haßfurter Tagblatt erzählt Wolf auch, wie es zu dieser CD kam. „Ich sehe beim Schreiben die Welt aus der Sicht meiner Figuren“, erklärt der Autor. Denn die verschiedenen Kapitel sind aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Während des Schreibprozesses versetzt sich der Autor so in seine Rollen, dass sich auch sein Verhalten verändert. Je nachdem, welche Essgewohnheiten die betreffende Figur hat, kann sich dabei sogar sein Geschmack verändern. „Meine Frau sieht also immer, wer gerade dran ist“, erzählt Wolf. Ihr sei dabei sogar schon aufgefallen, dass sich sein Gang verändert, wenn er gerade aus der Sicht einer weiblichen Figur schreibt.

So begann die Musikerin, selbstironische Lieder über ihren Mann zu schreiben, in denen sie seine Art zu arbeiten aufs Korn nimmt. Als die Idee entstand, eine CD mit diesen Liedern herauszubringen, stellte sich außerdem heraus, dass es die erste Sammlung von Krimiliedern in deutscher Sprache werden würde. Denn mit „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, „Mackie Messer“ oder „Der Mörder ist immer der Gärtner“ gibt es zwar einige bekannte Lieder mit dieser Thematik, aber bisher keine CD, auf der sie gesammelt wären. So entstand mit „Ostfriesenblues“ eine Sammlung aus Göschls eigenen Liedern und ihren Aufnahmen bekannter Klassiker.

Bei der Lesung in Haßfurt will Klaus Peter Wolf den neuesten Band seiner Ostfrieslandkrimis vorstellen. Der elfte Fall von Kommissarin Klaasen heißt „Ostfriesentod“ und erscheint am 16. Februar. „Es geht um die Verführbarkeit der Menschen. Wie man sie manipulieren kann“, erzählt Wolf über den Inhalt des Buches. Hintergrund dieser Aussage ist, dass es sich bei dem Grund für ein Verbrechen oft um einen „intellektuellen Irrtum“ handelt, wie der Autor sagt. „Ein Verbrecher will nichts Böses tun“, sagt Wolf und nennt als Beispiel einen Selbstmordattentäter, dessen Tat zwar als etwas sehr Schlimmes empfunden wird, der selbst aber der Überzeugung ist, das Richtige zu tun. „Ich habe dieses Thema rausgeholt aus der terroristischen Geschichte und erzähle es im Kleinen.“ So habe jeder seiner Romane ein gesellschaftlich relevantes Thema, erzählt Wolf und wehrt sich gegen die Darstellung, Kriminalromane seien „trivialer Scheiß“.

Und wie ist es für den männlichen Autor, aus der Sicht der weiblichen Hauptfigur, Kommissarin Klaasen, zu schreiben? „Es war auch beim Tatort so, dass ich am liebsten für die Frauen geschrieben habe“, erzählt er. Unter anderem schrieb er Folgen mit den Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) oder Charlotte Sänger (Andrea Sawatzki). Seine Romanheldin Ann Kathrin Klaasen beschreibt er als Verhörspezialistin, über die gesagt wird: „Die bringt sogar einen Bierkasten zum Reden“. Dabei profitiert sie auch davon, dass so mancher männliche Täter den Fehler macht, sie nicht ernst zu nehmen. Ein weiterer Grund, warum ihm die Idee gefällt, eine Frau in der Heldenrolle zu haben, ist die Spannung der Geschichte. „Stellen Sie sich ein dunkles Haus vor, in das jemand hineingeht. Um wen haben sie mehr Angst? Um einen Mann oder um eine Frau?“ Gerade deshalb beschreibt er seine Ermittlerin auch als zierliche, nette Frau, die oft erst einmal unterschätzt wird.

Viel schwerer findet es der Autor, dass er bei seinem ständigen Wechsel der Perspektiven auch aus Tätersicht schreiben muss. Doch auch das scheint ihm zu gelingen; immerhin war von Kritikern zu lesen, niemand könne „die Abgründe der menschlichen Seele besser schildern“. Wie gut er für seine Geschichten über die Arbeit von Ermittlern und Justiz recherchiert, zeigen die Nachworte zu seinen Romanen. Darin haben ihm schon unter anderem ein Gerichtspräsident und ein Polizeichef attestiert, „verdammt nah dran“ zu sein an ihrer beruflichen Tätigkeit.

Auch bei Orten und Figuren zeigt sich Wolf als genauer Beobachter. Und auch wenn die Hauptfiguren fiktiv sind, kommen in ihrer Umgebung einige Menschen vor, die tatsächlich existieren und sich sogar mit ihrem wirklichen Namen in den Geschichten wiederfinden. „Wenn die Kommissarin zum Arzt geht, geht sie natürlich zu meinem Hausarzt“, erzählt er. Auch Wolfs Nachbar Peter Grendel taucht in den Romanen auf. Dort ist er ein guter Freund von Ann Kathrin Klaasen.

Das stellt nun eine besondere Herausforderung dar, denn seit letztem Herbst steht fest, dass Wolfs Romane für das ZDF verfilmt werden. Der Autor bestand dabei darauf, dass die realen Vorbilder der Rollen bei der Wahl ihrer Darsteller mitentscheiden durften.

Und welche Verbindung hat Wolf nun zu Haßfurt, wo er am 21. April seinen Roman vorstellen wird? Im Gespräch mit dem Haßfurter Tagblatt berichtet er, auf der Fahrt nach Bamberg, der früheren Heimat seiner Frau, sei er oft durch Haßfurt gefahren. Nun freue er sich auf die Gelegenheit, den Ort einmal kennenzulernen. Dabei verweist der Autor auch darauf, dass Orte, die er kennengelernt hat, oft eine Rolle in seinen Geschichten bekommen – dass eine Figur, die in einem seiner nächsten Bücher eine Rolle spielt, aus Bamberg stammen soll, steht bereits fest. So hält er es durchaus für möglich, dass auch Haßfurt einmal den Weg in eine seiner Geschichten finden wird, wenn er die Kreisstadt nun durch das Literaturfestival kennenlernt. „Ich freue mich darauf, nach Haßfurt zu kommen“, sagt der Schriftsteller.

Karten für die Lesung mit Klaus Peter Wolf und für alle anderen Veranstaltungen des Haßfurter Literaturfestivals gibt es in der Geschäftsstelle des Haßfurter Tagblatts, Brückenstraße 14 in Haßfurt, Tel. 09521/17 14.

Programm des ersten Haßfurter Literaturfestivals

• 20. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Martin Walser, „Ein sterbender Mann“

• 21. April, 16.00 Uhr, Stadthalle: Paul Maar „Schiefe Märchen und schräge Geschichten“

• 21. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Klaus Peter Wolf, „Ostfriesentod“

• 22. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Bas Böttcher, „Die verkuppelten Worte“

• 23. April, 15.00 Uhr, Stadthalle: Finn-Ole Heinrich, „Frerk der Zwerg“

• 24. April, 10.00 Uhr, Grundschule: Finn-Ole Heinrich, „Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt“

• 25. April, 10.00 Uhr, Grundschule: Ursula Poznanski, „Elanus“

• 25. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Axel Hacke, „Das kolumnistische Manifest“

• 26. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Heiner Geißler, „Was müsste Luther heute sagen“

• 27. April, 19.30 Uhr Stadthalle: Benedict Wells, „Vom Ende der Einsamkeit“

• 28. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Amelie Fried „Ich fühle was, was Du nicht fühlst“

• 29. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Fritz Egner, „Mein Leben zwischen Rhythm & Blues“

• 30. April, 15.00 Uhr, Stadthalle: Alexandra Helmig, „Kosmo und Klax“

Haßfurter Literaturfestival

In diesem Jahr veranstalten die Stadt Haßfurt und der Veranstaltungsservice Bamberg zum ersten Mal das Haßfurter Literaturfestival. Dr. Thomas Kraft hat das Programm zusammengestellt und holt dafür namhafte Autoren in die Kreisstadt. Zwischen dem 20. und 30. April werden die Schriftsteller in der Stadthalle aus ihren Werken vorlesen. Einige Kinderbuchautoren lesen zudem in der Haßfurter Grundschule. Das Haßfurter Tagblatt stellt im Vorfeld die beteiligten Schriftsteller vor.
ZDF verfilmt 'Ostfriesenkiller'       -  Bald sollen Klaus Peter Wolfs Ostfriesenkrimis auch ins Fernsehen kommen. Das Bild zeigt den Autor mit der Schauspielerin Christiane Paul, die in den Verfilmungen die Hauptrolle als Kommissarin Ann Kathrin Klaasen übernimmt.
Foto: obs/ZDF/Christine Schroeder | Bald sollen Klaus Peter Wolfs Ostfriesenkrimis auch ins Fernsehen kommen. Das Bild zeigt den Autor mit der Schauspielerin Christiane Paul, die in den Verfilmungen die Hauptrolle als Kommissarin Ann Kathrin Klaasen ...
 
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