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ZEIL
Das „geheime Gewölbe“ in der Zeiler Stadtpfarrkirche
Der Eingang zum „geheimen Gewölbe“ unter der Zeiler Kirche.
Foto: Brigitte Hamm | Der Eingang zum „geheimen Gewölbe“ unter der Zeiler Kirche.
Von unserer Mitarbeiterin Brigitte Hamm
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:23 Uhr

Im Jahr 2018 kann die Stadt Zeil ihr 1000-jähriges Jubiläum feiern. In vielen Beiträgen wurden vor rund 40 Jahren in der mehrbändigen Chronik die einzelnen Zeitabschnitte im Rahmen des damaligen Wissens niedergeschrieben. Durch weitere Forschungen gibt es mittlerweile neue Erkenntnisse. Ein solches Beispiel fand der Zeiler Heimatforscher Heinrich Weisel in den alten Kirchenrechnungen vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Es geht dabei um ein geheimes Gewölbe unter der Zeiler Stadtpfarrkirche, in dem mehrmals kostbare Dinge versteckt wurden.

Im zweiten Band beschrieb der Chronist Hermann Mauer im Kapitel „Zeil in der Franzosenzeit 1796 – 1813“ die Durchzüge der napoleonischen Truppen. Heinrich Weisel fand nun in der Gotteshausrechnung von 1800/1801 unter dem Titel „Geldausgaben für Bau- und Besserungskosten im Gotteshaus, der Anna-Kapelle und der Kreuz-Kapelle“ den Eintrag: „Für Maurerarbeit, das Kirchengeräth bey dem Einfall der Franzosen einzumauern“. Dafür wurden an einen Maurer ein Gulden und 20 Kreuzer Arbeitslohn bezahlt. Weiterhin wurden dazu zwei Fuhren Steine und Sand zum Preis von 34 Kreuzern besorgt, sowie eine Butte Kalk für 32 Kreuzer zum Herstellen des Kalkmörtels. Zudem ist noch eine Geldausgabe von einem Gulden und 30 Kreuzern verbucht mit dem Hinweis, „dem Maurer, das Gewölbe wieder aufzubrechen, um nach den Paramenten zu sehen, dann wieder zuzumauern“.

Der Zeiler Pfarrer Joseph Müller hatte offenbar rechtzeitig erfahren, dass sich die heranrückenden französischen Truppen bei der Beschaffung von Lebensmitteln auch an Wertgegenständen in Privathäusern und Kirchen „bedienten“. Er veranlasste die Einmauerung der wertvollen Kirchengeräte und Messgewänder. Der Name des ausführenden Maurers wurde in der Kirchenrechnung nicht notiert, wahrscheinlich um mögliche Nachforschungen durch die Soldaten zu erschweren.

Anscheinend hatten sich die Soldaten auf der Suche nach Beute im Bereich der Kirche und eines vorhandenen Kellergewölbes intensiv zu schaffen gemacht. Deswegen wurde das Versteck zwischenzeitlich wieder geöffnet, auf die Vollständigkeit der eingemauerten Gegenstände kontrolliert und sofort wieder durch den Maurer verschlossen. Nach dem Durchzug der Truppen wurde das Versteck endgültig wieder geöffnet.

Auch im Jahr 1806 zogen wieder napoleonische Truppen durch das Maintal. Joseph Müller ließ in dem Gewölbe den vorhandenen Bauschutt von der ersten Maureraktion entfernen und alles wieder einmauern. „Für ein verborgenes Gewölb in der Kirche, so voller Unrath war auszuräumen, und darin die besten Kirchen Sachen und Paramenten vor feindlicher Plünderung zu verwahren, dann solches zuzumauern, und hernach wieder aufzubrechen“ wurden dem Zeiler Maurermeister Georg Kirchner am 8. November 1806 zwei Gulden und 56 Kreuzer ausbezahlt, wie aus der Gotteshausrechnung hervorgeht. Auch diesmal blieb das Versteck unentdeckt.

Schließlich drohte im Zeitraum 1808/09 nochmals Gefahr von heranrückenden französischen Truppen und wieder veranlasste der Zeiler Pfarrer eine Einmauerung. In der Gotteshausrechnung gibt es dazu einen Hinweis vom 11. Januar 1809: „Ein geheimes Gewölbe in der Pfarrkirche zu Zeil aufzubrechen, und die besten Kirchen-Paramente dahin zu verbergen, dann wieder zu vermauern einschließlich der hiezu nöthigen Materialen, um bey gegenwärtig drohenden Feindes Gefahr nicht unglücklich zu seyn“. Den Erhalt des Lohns von einem Gulden und 30 Kreuzern quittierte am 15. April 1809 Georg Kirchner mit dem Zusatz, „sind mir von der K.L. Kirchen Administration zu Schweinfurt richtig ausbezahlt worden“. In einem Zusatz durch den Pfarrer wurde die Notwendigkeit dieser Geldausgabe bestätigt: „Georg Kirchner, Maurermeister in Zeil hat die angesetzte Arbeit besorget auf meinen Geheiß, weilen ich es für räthlich, ja nothwendig gehalten habe.“

Der Raum existiert noch heute unter der alten Sakristei im Turm und ist nur von der Ostseite außerhalb der Kirche zugängig. Er ist rund 5,65 Meter lang, 2,80 Meter breit und 2,60 Meter hoch mit einer tonnenförmig gewölbten Decke. Ein Lichtschacht auf der Nordseite sorgt für Luftzufuhr.

Der Keller stammt baulich wohl aus dem 15. Jahrhundert oder früher und diente ursprünglich als Beinhaus. In dem Keller wurden also die Totengebeine aus dem Friedhof rings um die erste kleine Kirche untergebracht. Als sich später die Stadt vergrößerte, reichte dieses Gewölbe nicht mehr aus und die Gebeine aus dem erweiterten Friedhof um die größere Kirche wurden im Untergeschoss der St. Anna-Kapelle deponiert.

Der Zeiler Kirchturm, die angebaute alte Sakristei und das darunter befindliche „geheime Gewölbe“ sind Reste einer ersten Kirche, die erhalten blieben, als im Jahr 1713 das jetzige größere Kirchenschiff begonnen und angebaut wurde.

Georg Kirchner (1755 – 1834) schuf das Versteck für die Kirchengegenstände durch die Vormauerung einer vorhanden seitlichen Mauer, die durch den Abstand dazwischen mehrere Hohlräume frei ließ für die Unterbringung der Wertsachen. Nachkommen des Maurermeisters sind nachweisbar bis in unsere Zeit. Vielen Zeilern sind noch Maurermeister Martin Kirchner und sein Bruder Christian in Erinnerung, die in den 1960er Jahren im Zusammenhang mit dem Betrieb der Zuckerfabrik zahlreiche Wohnhäuser in Zeil erbauten.

 
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