
Die Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte im Landkreis Haßberge mbH (GUT) hat am Montag das Aus für ihr Windparkprojekt auf dem Tonberg in Eberner Gemarkung erklärt. Damit nicht genug: GUT-Geschäftsführer Winfried Neubauer stellte auf HT-Anfrage heraus, dass sich die Gesellschaft, die sich selbst als Ideenschmiede des Landkreises für die Energiewende sieht, nicht weiter in Sachen Windkraft engagieren wird.
Dass die Planungen für den Bürgerwindpark auf dem Tonberg nahe Kirchlauter nun eingestampft werden, begründet die GUT mit den Ergebnissen der faunistischen Untersuchungen. „Die darin gewonnenen Erkenntnisse bezüglich der geschützten Arten Wespenbussard, Schwarzstorch und Graureiher haben sowohl Geschäftsführer als auch Aufsichtsrat der GUT einvernehmlich von dem Projekt Abstand nehmen lassen“, heißt es in der Pressemitteilung der Gesellschaft vom Montagnachmittag. Weiter ist darin zu lesen, dass die Projektplaner „in Verbindung mit den Unwägbarkeiten bezüglich des Verhaltens der im Haßwald vorkommenden und streng geschützten Wildkatze“ die Risiken für eine artenschutzrechtliche Zustimmung der Genehmigungsbehörden als zu hoch einschätzen. Die mit hohen Kosten verbundene Projektentwicklung werde eingestellt – man will also kein weiteres Geld in Planungen stecken, die aller Wahrscheinlichkeit nach zum Scheitern verurteilt sind. Aus derzeitiger Sicht werde es keine weiteren Windenergieprojekte im Landkreis Haßberge geben.
Für die GUT als Maßnahmenträger bedeutet das Platzen des Bürgerwindparks auf dem Tonberg den zweiten schweren Schlag innerhalb weniger Wochen. Mitte September musste sie ihre Pläne für den Bürgerwindpark zwischen Lichtenstein und Buch beerdigen. Um überhaupt die Voraussetzung für den Bau der Windräder zu schaffen, hatten die Gemeinden Pfarrweisach und Untermerzbach die Herausnahme der benötigten Flurstücke aus dem Naturpark Haßberge beantragen müssen. Nach heftigen Protesten aus der Bevölkerung kippte jedoch der Gemeinderat Pfarrweisach den entsprechenden Beschluss. Damit war die Errichtung von drei der vier projektierten Windkraftanlagen im Keim erstickt. Weil die GUT keinen Sinn darin sah, für ein einziges verbleibendes Windrad zu kämpfen, wurde das Genehmigungsverfahren gestoppt.
Auch im Falle des Tonbergs hat die Kommune, sprich die Stadt Ebern, die Herausnahme der Flächen für die Windenergieanlagen aus dem Naturpark Haßberge beim Landratsamt beantragt. Ungeachtet des gewaltigen Widerstands seitens der Bürgerinitiative „Pro Natur Tonberg“ war der Eberner Stadtrat bis Montag auch nicht von seiner ursprünglichen Entscheidung abgerückt. Hier ist es nun unmittelbar die GUT, die die Notbremse gezogen hat. Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) kündigte am Montag gegenüber dem HT an, der Stadtrat werde den Antrag nun zurückziehen. „Da gibt es keine Diskussion, wenn die Grundlage weg ist, ist sie eben weg.“ Aus klimapolitischer Sicht bedauere er das Scheitern des Windparks auf dem Tonberg, machte Hennemann noch einmal klar.
Und Winfried Neubauer sagte im Namen der GUT zu unserer Zeitung am Montag: „Unter den gegenwärtigen Bedingungen werden wir keine weiteren Windparks mehr planen.“ Wobei er mit den gegenwärtigen Bedingungen in erster Linie die 10-H-Regelung meinte. Sie stellt einen bayerischen Sonderweg dar und bedeutet, dass der Abstand einer Windenergieanlage in Luftlinie zur nächsten Wohnbebauung mindestens das Zehnfache ihrer Höhe betragen muss. Eine Öffnungsklausel ermöglicht allerdings geringere Distanzen, wenn die Standortkommune den Beschluss dazu fasst. Wie problematisch die Regel sein kann, hat sich am Tonberg gezeigt – die 485 Meter hohe Erhebung ist kilometerweit von der nächsten zur Stadt Ebern gehörenden Siedlung entfernt, liegt aber buchstäblich vor der Haustüre Kirchlauters, was zu Konflikten zwischen den Nachbarkommunen führte.
Trotz der Öffnungsklausel sieht die GUT keine Chance, gegen die 10-H-Regelung weitere Windparks zu verwirklichen. 2010 hatte der Regionale Planungsverband Main-Rhön, zu dem die Landkreise Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld und Haßberge sowie Stadt und Kreis Schweinfurt zusammengeschlossen sind, die Hoheit über die Ausweisung von Gebieten zur Windkraftnutzung von den Kommunen übernommen. Die daraus entwickelte Karte zur Windenergienutzung wies auch für den Heimatkreis zahlreiche Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windräder auf. Nach mehreren Fortschreibungen des Kartenwerks waren nach aktueller Fassung von 2014 – noch vor Inkrafttreten der 10-H-Regelung – neben dem verwirklichten Bürgerwindpark im Sailershäuser Wald („WK 88“) ohnehin nur noch wenige Potenzialflächen übrig geblieben, unter anderem „WK 89 Nördlich Holzhausen“ (Königsberg) und „WK 87 Reut“ (Riedbach).
Mitglieder der BI Pro Natur Tonberg drückten am Montag ihre Freude darüber aus, dass die vier Windräder oberhalb Kirchlauter endgültig verhindert sind. „Wir auf dem Land tun doch ohnehin genug für regenerative Energien“, meinte etwa Silvia Schuhmann (Köslau). Da könne es doch nicht sein, dass extra noch Flächen aus einem Naturpark für Windräder herausgeschnitten würden. Andere Stimmen sprachen von einem „Sieg der Vernunft“, der den naturnahen Haßbergen nun eine Verschandelung mit 230 Meter hohen Industrieanlagen erspare.