„Nicht alles, was uns bekannt ist, ist uns auch wirklich bewusst, das zeigten die Landschaftswerkstätten“, erklärte Schlüsselfelds Bürgermeister Johannes Krapp am Wochenende in Handthal, wo über den Zwischenstand der so genannten „Kulturlandschaftsinventarisation“ informiert wurde. Der sperrige Begriff bedeutet die „Bestandsaufnahme“ für die Basis einer Bewerbung um ein europäisches Kultursiegel.
Potenzial ist da, sowohl für das Weltkulturerbe, ein immaterielles UNESCO-Kulturerbe, als auch für das Europäische Kultursiegel, sagte Landschaftsplaner Thomas Büttner, der diese Inventarisation vornimmt. Seit dem Herbst 2015 fanden im nördlichen Steigerwald in jeder Kommune so genannte „Landschaftswerkstätten“ statt. Kenner von Kultur und Landschaft trafen sich dort mit Büttner und Kollegen und trugen das Wissen um die Besonderheiten ihrer speziellen Gegend zusammen. „Wissen, das in den kommenden Jahrzehnten verloren zu gehen droht“, sagte Oberschwarzachs Bürgermeister Manfred Schötz. Allein deshalb sei diese Inventarisation ein großer Gewinn. Darauf freuen sich auch die Kommunen im südlichen Steigerwald, die ab Ostern in diesen Prozess einsteigen.
Eines wussten alle teilnehmenden Kommunen schon im Vorfeld: Das herausragende Highlight hat der Steigerwald nicht, aber in seiner Vielfalt und seinen Besonderheiten ist er insgesamt ein Highlight. Dazu geworden ist die Region Steigerwald durch die Gestaltung als Kulturlandschaft. Ein wesentlicher Ursprung war dabei die Ansiedlung und Wirkung von Kloster Ebrach. So könnte auch die „Klosterlandschaft“ Basis einer Bewerbung um das Kulturerbe sein. Das Kloster, seine Außenstellen, die Wallfahrtsorte, sie gestalteten den Steigerwald merklich. Das zeigen nicht nur die – teils auch landschaftsprägenden Kirchengebäude, Flurkapellen und Kreuze, sondern auch die Nutzung von Wald und Landschaft Obst- und Weinbau, aber auch die Baumarten in den Wäldern – überall ist das Wirken der Zisterzienser zu erkennen, erklärte Thomas Büttner. Je nach Klimazone hätten die Mönche den idealen Nutzen aus der Natur gezogen, wie auch die Bevölkerung mit und vom Wald und der Landschaft lebten. Glashütten und Kohlenmeiler begründeten ebenso ganze Ortschaften wie Wirtschaftshöfe des Klosters. Auch die Teichwirtschaft wurde von den Klöstern eingeführt.
Die Landräte sind überzeugt von dem Potenzial, sagte Wilhelm Schneider bei der Zusammenkunft in Handthal. Auch er sieht schon jetzt in dem Prozess der Inventarisierung einen neuen Impuls, verborgene oder vergessene Werte zu heben und touristisch zu nutzen. Genau das ist die Zielrichtung der Bewerbung um das UNESCO-Siegel: die Region touristisch aufzuwerten – wobei viele Gegenden des Steigerwaldes schon auf einem guten Weg des sanften Tourismus seien. Und dieser Weg soll weiter beschritten werden. Kultur-Tourismus, nicht Massen-Tourismus ist angestrebt und das im Zuge der Vernetzung innerhalb des Steigerwaldes und mit anderen Kulturlandschaften andernorts.
Das Gutachten hat das bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten in Auftrag gegeben, um die Region zu unterstützen. „Was Sie daraus machen, entscheiden Sie vor Ort“, erklärte Ministerialdirigent Georg Windisch. Wenn sich die Region Steigerwald weiterentwickeln wolle, dann „rennen Sie bei uns im Ministerium offene Türen ein, aber es muss jemand rennen“. Die große Zahl an Interessierten am Samstag im Steigerwaldzentrum „Nachhaltigkeit erleben“ in Handthal zeigte, dass viele bereit sind, diese offenen Türen zu nutzen.