Der Haßfurter Stadtwerksleiter Norbert Zösch war begeistert. Er hatte das Vergnügen, direkt nach der Rede von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die Bühne der Stadthalle zu betreten und das vielfältige alternative Engagement seines Unternehmens, vor allem aber im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Wasserstofftechnologie, vorzustellen. "Es freut mich, dass ein Wirtschaftsminister da ist, der genau das fördert." Und an die Nummer Zwei hinter Bayerns Ministerpräsident Markus Söder richtete er ein persönliches Extra-Lob: "Er hat Ahnung von dem, was er da redet".
Dass entnahm Zösch dem knapp halbstündigen Vortrag, den der Chef des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie - so sperrig heißt das Ressort des Niederbayern offiziell - im Rahmen der Station Haßfurt der alle Regierungsbezirke umfassenden KWK-Roadshow in der Stadthalle hielt. In dessen Mittelpunkt hatte er den Wasserstoff gestellt. "Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Energiewende anzutreten", sagte der Minister, und als zentrale Säule derer sieht er die Wasserstofftechnologie.
Alle Diskussionen, welche Arten von Energiegewinnung in Frage kommen, dürften nicht aus ideologischer Sicht gesehen werden, dabei handle es sich um "eine Frage der Vernunft". Gerade Deutschland als verhältnismäßig energiearmes Land müsse sich Gedanken machen, wie es die Wende ("beginnt gerade zu Krabbeln") weiter anstoße. Mit der KWK-Roadshow wolle sein Ministerium appellieren, "dem offen entgegenzustehen".
Pionierarbeit rechnet sich über die Jahre
Ihm sei bewusst, dass gerade in kommunalen Gremien oft der Taschenrechner über die Ideologie siege, frei nach dem Motto "Warum sollen wir uns die Pionierarbeit antun", vor allem, wenn es auf den ersten Blick anders günstiger gehe. "Aber das ist nicht der richtige Weg", schrieb er den Gemeinde-, Stadt- und Kreisräten zwischen Aschaffenburg und Garmisch-Partenkirchen ins Stammbuch. Er war sich sicher, dass sich der Einsatz für Alternatives "nach einigen Jahren" durchaus "positiv in der Gemeindekasse auswirkt".
Gleichwohl stoßen die, die sich für den Einsatz von Wasserstoff einsetzen, auf viele Hürden. In den Fokus rückte Aiwanger die politischen Rahmenbedingungen, die möchte er "für KWK verbessert haben". Konkret sagte er: "Wassersofferzeugung sollte von der EEG-Umlage befreit werden." Das wäre aus wirtschaftlicher Sicht "eine Befreiung und ein Schritt in die richtige Richtung". Aber die "Bundesregierung steht unter dem Einfluss der alten Energieversorger", schickte er wenig freundliche Grüße in die Bundeshauptstadt Berlin.
Mit dem Einsatz der "Riesenchance Wasserstoff" habe Deutschland die Chance, aus dem Kreislauf "Wer die Ölquellen beherrscht, der sagt, wo es langgeht" auszubrechen. Dass das nicht von heute auf morgen geht und das Versorgungsnetz ausgebaut werden muss, sei ihm bewusst. Aber er wolle darauf pochen, dass beispielsweise beim Bau/Ausbau von Pipelines das Thema Wassersoff nicht vernachlässigt werde.
Bayern profitiert auch aus wirtschaftlicher Sicht
Der Energiemarkt sei grundsätzlich gewaltig in Bewegung, und in Sachen Netzausbau werde auf internationaler Ebene schon groß verhandelt. Die Ergebnisse, auf die er baldmöglichst hofft, hätten nebenbei auch noch einen positiv Effekt für Bayern, "weil wir die Technik liefern" – den Firmen könnten Großaufträge winken. "Wasserstoff muss ein allgemeines Handelsprodukt werden, so wie es jetzt Öl ist", forderte er.
Dass es nicht jedem einleuchtet, beispielsweise durch Photovoltaikanlagen erzeugten Strom in Wasserstoff umzuwandeln, aus dem dann anschließend doch wieder elektrische Energie wird, war Aiwanger ein Rätsel, auch wenn dadurch der Wirkungsgrad sinke. Es gehe darum, die erzeugte Energie zu speichern, bis sie tatsächlich gebraucht werde. Dafür sei Wasserstoff prädestiniert, gar die "Eier legende Woll-Milch-Sau". Er verglich das Stromproduzieren mit einem Erdbeerfeld. Da heiße es ja auch nicht, dass alle roten Früchte sofort gegessen werden müssen. Sie würden eben auch zu Marmelade verkocht, damit man später noch etwas hat – genauso müsse man das mit dem Strom sehen. Und das Schönste an dem von ihm bevorzugten chemischen Element sei: Als "Abfall" bleibt "einfach nur Wasser" übrig.
Wasserstoff "muss ins tägliche Leben passen"
An das Fachpublikum im Saal hatte er eine große Bitte: "Ihr müsst uns sagen, was ist sinnvoll, was legen wir in Bayern, in Deutschland oder in Europa auf den Tisch." Er hatte dabei eine wichtige Anforderung: "Es muss halt ins tägliche Leben passen." Ist diese Voraussetzung erfüllt, ist Hubert Aiwanger optimistisch, dass die Politik dann die nötigen "Gelder locker machen" kann.
Dass das geht, zeige das Wirtschaftsministerium mit dem rund 50 Millionen Euro umfassenden Förderprogramm "100 Wasserstoff-Tankstellen für Bayern", das er wenige Stunden zuvor in Nürnberg offiziell verkündet hatte.
Haßfurt wünscht sich eine Wasserstoff-Tankstelle
Als Aiwanger darüber berichtete, bekam Norbert Zösch übrigens sofort leuchtende Augen. Er kündigte dem Minister zum Einstieg seines Vortrags an, dass sich Haßfurt "gleich morgen" darum bemühen werde, eine solche Tankstelle zu bekommen. Das nahm Aiwanger noch mit auf seine Rückreise, von den zahlreichen weiteren Fachvorträgen, die am Mittwoch in Haßfurt gehalten wurden, bekam er nichts mit – da befand er sich schon wieder auf der Rückreise nach München.
Für die Power-to-Gas-Anlage, die das Haßfurter Stadtwerk am Hafen betreibt, bekam er einen eigenen Besichtigungstermin vor der Roadshow im Großen Saal der Stadthalle. Die geladenen Experten führte Norbert Zösch am Ende der Tagung durch die zukunftsweisenden Räume.