
Die toten Fische sind verschwunden, doch die Lage an den alten Baggerseen im Maintal bleibt angespannt. Nach dem massenhaften Fischsterben in mehreren der Gewässer im September haben sich Sportangler, Fachleute und Behördenvertreter zweimal getroffen und beratschlagt, wie ein solches Desaster verhindert werden kann – nicht nur im Haßbergkreis, sondern auch andernorts. Denn alte Baggerseen, in denen gefischt wird, gibt es in vielen Gemeinden entlang des Mains. Eine Musterlösung, so das Ergebnis, gibt es nicht. Vieles ist Neuland. Dennoch wird im kommenden Jahr einiges ausprobiert, was den Gewässern helfen kann.
Mitte September waren im Großen Wörthsee zwischen Haßfurt und Augsfeld und rund zwei Wochen später an weiteren einstigen Kiesgruben Tausende Fische verendet. Messungen hatten ergeben, dass der Sauerstoffgehalt in den Seen dramatisch gesunken war. Den Fischen war wörtlich die Luft weggeblieben. Sie waren erstickt.
Bis heute steht nicht eindeutig fest, weshalb der Sauerstoffgehalt so stark abgefallen war. Es spielten wohl viele Faktoren eine Rolle, die Witterung allein kann das Fischsterben nicht ausgelöst haben, waren sich die Fachleute damals schon einig. „So gehäuft wie im Herbst im Landkreis Haßberge sind in Unterfranken noch keine alten Baggerseen umgekippt“, sagt Wolfgang Silkenat, Fischereifachberater des Bezirks Unterfranken in Würzburg. Er hat vergangene Woche an dem Treffen im Haßbergkreis teilgenommen. Ziel war es, Ideen zu sammeln, wie dem Fischsterben vorgebeugt werden kann.
Silkenat schwebt „eine Art Merkblatt“ vor Augen, das in den kommenden Wochen erstellt werden soll und den Bewirtschaftern von Angelseen Informationen zur Prävention an die Hand gibt sowie Ansprechpartner nennt, die Ratschläge und Hilfe bieten, wenn Seepächter oder -besitzer von sinkenden Sauerstoffwerten in ihren Gewässern alarmiert sind. Der für Fische kritische Bereich beginnt, wenn im Wasser nur noch vier Milligramm Sauerstoff pro Liter sind.
Mehr Licht ins Ufergehölz
Eine einfache Lösung, dem vorzubeugen, gibt es allerdings nicht, ist dem Fachberater klar. Die künstliche Belüftung der Gewässer muss bezahlbar sein; wo kein Stromanschluss in der Nähe ist, müssen die Lüfter solarbetrieben und einfach zu warten sein. Konkret für den Großen Wörthsee bei Augsfeld, den die Haßfurter Sportangler von der Stadt Haßfurt gepachtet haben, sei vorgeschlagen worden, das Ufergehölz auszulichten und Futterstellen von Jägern weiter vom Ufer zurückzunehmen, um den Eintrag von Laub und anderem organischem Material zu reduzieren.
Zudem werden die Sportangler im kommenden Frühjahr keine jungen Fische in den See einsetzen, wie deren Vorsitzender Frank Hofmann bestätigt. Vor allem das Sommerhochwasser 2013, vermutet Silkenat, hat zahlreiche Fische aus dem Main in die angrenzenden Baggerseen geschwemmt, wodurch die Population dort zu stark angewachsen ist.
Ein weiteres Problem ist die wachsende Schicht Faulschlamm auf dem Grund der Seen. Während bewirtschaftete Fischteiche im Winter abgelassen werden, damit der Schlamm aufreißt und sich besser zersetzt, ist dies bei Baggerseen nicht möglich. Auch die Frischwasserzufuhr dieser Seen ist gering. Der Große Wörthsee beispielsweise kann auch nicht einfach mit dem Main verbunden werden, weil er höher liegt und sonst auslaufen würde.
Norbert Schneider, der für den Haßbergkreis zuständige Abteilungsleiter des Wasserwirtschaftsamts Bad Kissingen, kündigt an, dass sich auch in den Seen bei Wonfurt und Gädheim der Fischbestand verringern soll. Ufergehölze sollen weichen, damit mehr Wind und Licht aufs Wasser gelangt, und Flachwasser-Schilf-Zonen sollen entstehen, weil dort der Sauerstoffgehalt höher ist, als im tiefen Wasser. Die künstliche Belüftung der See mit Geräten versteht Schneider höchstens als Notlösung, nicht als Dauermaßnahme, auch wenn die Sportangler Haßfurt damit am Mooswäldchensee in Haßfurt und am Buchensee bei Augsfeld Erfolg hatten.
Das Kalken – bei Fischteichen ein übliches Verfahren, um den Sauerstoffgehalt des Wassers zu stabilisieren – sieht Schneider bei Baggerseen als kritisch an. Beim Großen Wörthsee ist dies auch deshalb problematisch, weil er in einem Naturschutzgebiet liegt und sich mitten in einem Vogelparadies befindet.
Aktuell genügend Sauerstoff
Mit Unterstützung des Wasserwirtschaftsamtes werden die Sportangler im Frühjahr die Nährstoffzufuhr in den Großen Wörthsee über den Landwehrgraben und den Sichelsee überwachen, um notfalls gegenzusteuern. Dies, so die Hoffnung, wird dazu beitragen, die Sauerstoffwerte des Gewässers zu stabilisieren. Laut der letzten Messungen ist aktuell genügend Sauerstoff für die Fische im Wasser. Kritisch wird es wohl erst wieder ab dem Frühsommer werden.