Die Stadt Haßfurt will sich weiterentwickeln. Und zwar nicht nur digital, smart und green, sondern auch ganz real körperlich vor Ort. Aus diesem Grunde geht die Stadt gezielt auf die Bürgerinnen und Bürger in den Stadtteilen zu. Diese sollen nämlich aktiv am Entwicklungsprozess mitarbeiten. Sie sollen ihre Wünsche äußern, auf etwaige Missstände hinweisen. Die Bürger sollen ihre Meinungen und Vorschläge äußern. Oft haben sich die Menschen schon mit Freunden, Nachbarn oder Bekannten über Alltagsthemen ausgetauscht, die jeden ständig betreffen.
Die Kreisstadt bietet ihren Bürgern in den Stadtteilen nun die Möglichkeit, diese Themen im Rahmen von sogenannten Bürgerwerkstätten einzubringen und so ihre Gelegenheit zu nutzen, etwas aktiv mit zu verändern. In jedem Stadtteil ist Anfang November eine Bürgerwerkstatt geplant, an der neben den Bürgern sowohl Experten vom Architekturbüro Baur Consult aus Haßfurt als auch von den Stadtentwicklern von FPZ Zeese aus Stuttgart und von der Stadtverwaltung teilnehmen.
Aber was ist eigentlich eine Bürgerwerkstatt? Wer jetzt denkt, das hat etwas mit Handwerk zu tun, mit bastelnden Menschen, die etwas zusammenschrauben, der befindet sich gründlich auf dem Holzweg. Obwohl - um eine Art von Basteln handelt es sich schon. Es soll eine Antwort auf die Frage gezimmert werden: "Wie schaffe ich es, die Stadtteile enger an die Kernstadt zu binden?", erklärt Bürgermeister Günther Werner, der diese Diskussion "möglichst frühzeitig anstoßen" möchte, "damit das aktuelle Stadtratsgremium damit noch arbeiten kann". Die Stadt will die Menschen mitnehmen, sie rechnet damit, dass sie eine Menge Impulse bekommt, erläutert Stadtplaner Robert Barth von der Haßfurter Stadtverwaltung. Besonderes Augenmerk soll dabei auch dem Thema Verkehr zuteil werden.
Treffen am Dorfplatz
"Die Bürgerwerkstatt ist ein Beteiligungsverfahren, das allen Bürgern einer Stadt oder Gemeinde in Deutschland offensteht. Es soll sicherstellen, dass alle Ideen zur Gestaltung eines Bereiches gesammelt und in die Diskussion aufgenommen werden. Beabsichtigt ist es, eine Lösung auf Basis einer breiten Mitwirkung zu finden. Zusammen mit den Bürgern sollen Zielvorstellungen entwickelt und so die Basis für eine Neuplanung vorbereitet werden", sagt die Definition des Begriffs bei Wikipedia. "Man trifft sich am Dorfplatz", beschreibt der Bürgermeister das Prozedere, "und ist zwei bis drei Stunden unterwegs." Bei schlechtem Wetter finden die Bürgerwerkstätten in geeigneten Räumlichkeiten statt.
Nachdem im Jahre 2013 eine Entwicklungsstrategie für die Kernstadt auf Basis des ISEK (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) aufgestellt worden war, stehen nun die Stadtteile im Blickpunkt. Beides zusammen soll dann eine "gesamtstädtische Entwicklungsstrategie 2035" bilden. Nach der Durchführung der Bürgerwerkstätten in den Stadtteilen im November soll eine eigene Bürgerversammlung zu der Thematik im nächsten Jahr stattfinden, in der alle Erkenntnisse - sowohl aus der Kernstadt als auch aus den Stadtteilen - besprochen werden.
Ein "Steckbrief" für jeden Stadtteil
"Für jeden Stadtteil wird ein ,Steckbrief' mit Darstellung der Besonderheiten, der Potenziale und Alleinstellungsmerkmale, aber auch der Mängel und Handlungserfordernisse erarbeitet", erklärt Robert Barth. Der auch darauf verweist, dass die Bürgerwerkstätten nicht abends stattfinden sollen wie zum Beispiel Bürgerversammlungen, sondern tagsüber. "Die Bürger haben so die Chance", erläutert Barth, "auch einmal mitzureden, sich zu engagieren, ohne sich irgendwie verpflichten zu müssen."
Schlüsselthemen für die Stadtteile sind zum Beispiel die Einbindung in die Kernstadt. Oder die Bewahrung der Identität: Wie nehmen die Bürger sich selbst als Stadtteile wahr? Wie sieht es aus mit Brachflächen und Leerständen? Wie wird die Neuordnung der Hofstrukturen bewältigt? Wie können ÖPNV und Radverkehr gestärkt werden? Wie klappt der Generationswechsel?
Der Bürger sagt, was er sich wünscht. Die Stadt hört zu. "Natürlich können nicht alle Wünsche erfüllt werden", weiß auch Bürgermeister Werner. Aber die Stadt will sich einen genauen Überblick darüber verschaffen, wie der Wille der Bürgerinnen und Bürger in den Stadtteilen von Haßfurt aussieht. Denn: "Wir stehen vor einem Riesenstrukturwandel", so Robert Barth. "Das bietet Raum, den man entwickeln kann."