60 Besucherinnen und Besucher waren zur Bürgerversammlung der Gemeinde Knetzgau nach Hainert gekommen. Erster Bürgermeister Stefan Paulus hielt eine "Marathonrede" und schwor die Anwesenden auf die Folgen leerer Kassen ein.
Weichen für ein sozial harmonisches Umfeld in der Gemeinde Knetzgau sind gestellt, eröffnete Thomas Zettelmaier den Abend und berichtete über das Bündnis für Familie und Senioren, welches in vielerlei Hinsicht die Bürgerschaft der Gemeinde zueinander bringt. Hier sei Raum für ein Miteinander, zum Wohlfühlen. Ob zum Männerausflug, zum Stricken und Häckeln, zum Einkauf mit dem Bürgerbus oder auch die Mitfahrbänke: "Die sind besser als ihr Ruf, wetten, dass Interessierte innerhalb von maximal zwanzig Minuten eine Mitfahrgelegenheit angeboten bekommen?", lobte er deren Dasein und versetzte einen Hieb in Richtung unbekannt: "Nur schade, dass die in Hainert verschwunden ist."
Sich den globalen Verflechtungen stellen
Wohlfühlen würden sich gerne die Menschen in aller Welt, griff Bürgermeister Paulus den Faden auf und spannte einen großen Bogen: "Wir haben globale Verflechtungen, denen wir uns stellen sollten. Grenzen dichtmachen funktioniert nicht, der Zuwanderung etwas entgegenzusetzen, kann nur gelingen, wenn den Menschen in ihren Herkunftsländern bessere Lebensbedingungen zugestanden würden. Elfjährige Kinder werden an Plantagenbesitzer verkauft, die dann Kakaobohnen ernten. Mit der Machete, stets unter Lebensgefahr. Die haben noch nie eine Schokolade probieren können, während wir um die billigsten Angebote feilschen". Das könne auf Dauer nicht gut gehen, meinte er, und warb für den Einkauf von Produkten mit Fair-Trade Siegeln, die für eine gerechtere Verteilung der Gelder in der Wertschöpfungskette stünden.
Alles sei miteinander verbunden, sowohl global als auch regional. Wenn der Landkreis Geld einfordert, das von Kommunen erwirtschaftet wurde, dann könne es die Gemeinde nicht anderweitig ausgeben. Das Defizit, welches beispielsweise bei den Haßberg-Kliniken aufläuft, müsse ausgeglichen werden. Je höher es ausfällt, desto geringer sind die Handlungsspielräume in den Gemeinden. Womit Paulus um Verständnis warb, dass in Knetzgau mittlerweile jede Ausgabe auf den Prüfstand gestellt werden müsse.
"Vor meinem Haus ist es dunkel", monierte ein Besucher, und erhielt vom Leiter der Hauptverwaltung Robert Selig die Antwort, es sei dort immer noch hell genug. Mehrere tausend Euro würde die Anschaffung einer Straßenleuchte kosten, und Paulus erinnerte auch daran, dass Energieeinsparung zu Zeiten der Klimaveränderung ein elementares Gebot der Stunde sei.
Geldsäckel noch nicht vollständig eingeschnürt
Doch vollständig eingeschnürt sei der Geldsäckel nun doch nicht. Eine Liegebank und eine Panoramaschaukel am Dorfweiher sei noch drin, und die Bedenken der Heimatfreunde, ob Vereine nun nicht mehr mit Zuschüssen rechnen könnten, verneinte er ohne Wenn und Aber.
Photovoltaik sei wichtig, doch mit Augenmaß, vertrat Paulus seine Ansicht. Die Kommune habe schon beachtliche Flächen hierfür bereitgestellt, und nun hoffe er, dass nicht noch viele weitere landwirtschaftliche Flächen mit entsprechenden Anlagen versehen werden. Verhandlungen zwischen Landwirten und Investoren seien im Gange, wusste er zu berichten. Doch die Kommune könne nur zuschauen. "Hoffentlich wird unsere Landschaft nicht verschandelt."
Paulus hatte eine 90-minütige Rede hinter sich. Um Einsehen für Ausgabenkürzungen geworben, und faires Miteinander angemahnt. Er bat bei der Suche nach Orientierung um Vertrauen in die politischen Akteure. Am Ende der Veranstaltung erntete er langanhaltenden Applaus und dankte den Bürgern von Hainert, die er als tatkräftig, verständnisvoll und aufmerksam erlebt.