Dass in seiner Ziegel-Fabrik einmal eine Oper aufgeführt wird, hätte sich Otto Karl, der in den 1950er und 60er Jahren die Fabrik in Rügheim leitete, wohl nicht einmal im Traum vorstellen können. Doch am Mittwochabend war es soweit. Schüler des Regiomontanus-Gymnasiums Haßfurt präsentierten die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht in der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Fabrikhalle.
Und die Kulisse passte. Denn die Oper spielt in Soho, einem heruntergekommenen Stadtteil von London, in den 1920er Jahren und handelt vom Leben der Londoner Unterwelt. Auch die untergehende Sonne spielte ihren Part, als sie die Bühne in ein Zwielicht tauchte, das hervorragend in die Welt des Hauptdarstellers Maceath, genannt Mackie Messer, passte, der von Ganoven, Huren und Bettlern umgeben und dem selbst kein Verbrechen fremd ist.
Kornelia Neuner spielte die Rolle des verruchten Hauptdarstellers brillant. Sie verkörperte die ruchlose und kalte Natur des Mackie Messer herausragend.
Den musikalischen Teil übernahmen der Chor und das Orchester des Gymnasiums unter Leitung von Andrea Marx und Eckehard Grieninger. Schüler der „Technik.S-Crew“ sorgten für einen reibungslosen Verlauf.
Die Dreigroschenoper entstand im Jahr 1928 als Auftragsarbeit für das Theater am Schiffbauerdamm in Berlin. Der Theaterdirektor Ernst Aufricht hoffte, mit dem Stück über die Londoner Unterwelt Erfolg beim Publikum zu haben. Gemeinsam mit dem Komponisten Kurt Weill entstand die Dreigroschenoper auf Grundlage von „The Beggars Opera“ von John Gay.
Schon im ersten Jahr nach der Uraufführung fanden 4000 Inszenierungen des Stückes weltweit statt, ein Zeichen für die große Popularität des Stückes. Gründe für diese Anziehungskraft sind zum einen die eingängigen Musikstücke aus der Feder von Kurt Weill, an denen sich viele Zuschauer wie an Schlagern erfreuten. Die Moritat von Mackie Messer mit dem Anfang „Und der Haifisch, der hat Zähne“ ist sicher einer dieser „Schlager“. Zum anderen sind es aber auch die ungewöhnlichen Charaktere, die Ganoven, Huren, Bettler, die die Menschen in ihren Bann zogen.
Das war allerdings nicht ganz im Sinne Brechts, der in der Dreigroschenoper eine Art Lehrstück des „Epischen Theaters“ sah und dem missfiel, dass seine Absicht – eine ironische Kritik am Kapitalismus – durchaus auch missverstanden wurde, indem die angesprochene Bürgerlichkeit mit Pelzmänteln in das Theater am Schiffbauerdamm strömte und sich köstlich über das eigene Bild auf der Bühne amüsierte.
Komponist Weill hatte auch mit Absicht schief klingende Töne hinzugefügt, um damit das Konzept des epischen Theaters zu unterstützen, mit dem Brecht das Publikum nicht einfach nur unterhalten, sondern aufklären und zum Mitdenken anregen wollte.
Die Dreigroschenoper heißt laut Brecht übrigens deshalb so, „weil diese Oper so prunkvoll gedacht war, wie nur Bettler sie erträumen, und weil sie so billig sein sollte, dass Bettler sie bezahlen können“. Daher war der Eintritt auch kostenlos.
Die Schüler, die bei der Aufführung mitgewirkt haben, nehmen nach Auskunft von Regisseurin Katrin Hiernickel am Wahlunterricht „Dramatisches Gestalten“ teil, der mit zwei Stunden pro Woche das ganze Schuljahr hindurch läuft. In den Tagen vor der Aufführung wurde täglich geprobt, sagte Hiernickel, die sich darüber freute, dass beide Aufführungstage so gut besucht waren. Eine weitere Aufführung sei jedoch nicht geplant. (msch)