Wer’s glaubt, wird selig. Und zwar ganz gewiss beim Betrachten dieser besonderen Reliquie, „um die uns große Häuser beneiden“, sagt Carola Marie Schmidt zu diesem Objekt aus dem Sammlungsbestand des Diözesanmuseums. Die Museumsleiterin meint damit das kostbare Gefäß aus getriebenem Silber, in dem sich Knochen des Heiligen Vitus befinden sollen. Diese Armreliquie des Patrons der Jugend, der Schmiede, der Apotheker, der Brauer und Wirte, der Schauspieler, der Winzer und der Gehörlosen gehört zu den besonderen Schätzen der neuen Sonderausstellung mit dem Titel „Wunder, Weihe, Wege – Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen 1772 – 2022“ im Diözesanmuseum.
Gehört der Heilige Vitus (Veit) doch zu den vierzehn Nothelfern, zu denen seit Jahrhunderten Scharen von Pilgern ziehen: In die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen im Gottesgarten am Obermain, die vor 250 Jahren, im September 1772, von Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim geweiht wurde. „Architektonisch-künstlerisch gesehen ein absoluter Ausnahmebau des bayerischen Spätbarocks und Rokoko“, wertet Birgit Kastner, Leiterin der Hauptabteilung Kunst und Kultur im Erzbischöflichen Ordinariat Bamberg“, diese vielbesuchte Kirche, die seit 125 Jahren den päpstlichen Ehrentitel „Basilica minor“ trägt.
Populäre Heiligentruppe
Die Ausstellung lenkt den Blick auf die Geschichte des Ortes und die Verehrung der vierzehn Nothelfer. Diesem „himmlischen Versicherungspaket“ gegen alle Unbill des Lebens, wie Museumschefin Carola Marie Schmidt diese populäre Heiligentruppe lachend nennt. Schon im 14. Jahrhundert ist diese Gruppe in den Bistümern Bamberg und Regensburg verehrt worden. Auftrieb bekam diese Verehrung durch die Erscheinungen der vierzehn Nothelfer an dem vormals Frankenthal genannten Ort, der dem Zisterzienserkloster Langheim gehörte.
Der christlichen Überlieferung nach erschien dem Schäfer Hermann 1445 und 1446 zwei Mal ein Kind, bei der dritten Erscheinung das Kind umringt von vierzehn weiteren Kindern, bei der vierten Erscheinung zeigten Kerzen den Standort für die zu errichtende Kapelle. Selbst ein Wunder fehlte nicht, das dem Schäfer zur Glaubwürdigkeit seiner Erscheinungsberichte im Kloster gereichte: Nach Anrufung der vierzehn Nothelfer besserte sich der hoffnungslos scheinende Zustand einer Magd. Der Ort erlebte im 15. Jahrhundert prompt seine erste Wallfahrts-Blüte.
Den mehrfachen Darstellungen dieser Heiligenerscheinungen ist ein eigener Raum in der Ausstellung gewidmet. Eine Predella (Altarsockel) aus dem Jahr 1520, eine Leihgabe des Bayerischen Nationalmuseums, zeigt besonders eindrücklich den Kinderkranz. Spannend ist der Vergleich mit den anderen Gemälden im Raum, darunter eine Nothelferdarstellung, welche die vier Erscheinungen als Bild im Bild wiedergibt.
Bauliche Probleme gelöst
Von originalen Bauplänen, Wetteifern und Machtspielen erzählen weitere Schauräume, die sich der 1743 bis 1772 errichteten Nothelfer-Basilika widmen. Zwischen dem Bauherrn, der Zisterzienserabteil Langheim in Person des Abtes Stephan Mösinger, und dem Bamberger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn gab es Zwistigkeiten. Auch zwischen den Baumeistern Gottfried Heinrich Krohne, äbtlicher Vertreter, und Balthasar Neumann, fürstbischöflicher Auftragnehmer, gab es Unstimmigkeiten. Neumann schließlich löste mit Bravour die baulichen Probleme, in die die Eigenmächtigkeit Krohnes geführt hatte.
Ein spektakuläres Highlight ist in diesen Räumen das einzigartige aufklappbare, von 1744 stammende Holzmodell der Kirche von Balthasar Neumann und dem Ausführungsgrundriss im Detail. Diese Leihgabe des Historischen Vereins Bamberg ist neben jenem Modell der Klosterkirche Münsterschwarzach das einzige erhaltene Neumann-Modell.
Reich an Höhepunkten
Reich an weiteren Höhepunkten ist diese Präsentation: Da gibt es etwa das Gemälde auf Holz nach 1515 aus der Schule Lucas Cranachs d.Ä. „Die mystische Vermählung der heiligen Katharina“, also eine der drei Nothelferinnen in der Männerriege. „Dieses Bild ist erstmals so zu sehen, es befindet sich sonst im Depot“, erklärt Museumsleiterin Schmidt. Dann kann man liturgisches Gerät wie die Große Nothelfermonstranz und einige Vasa sacra aus der Sakristei der Basilika Vierzehnheiligen bestaunen. Oder die eigenhändige Radierung des Malers Joseph Ignaz Appiani, dem Schöpfer der Deckenfresken in Vierzehnheiligen.
Wer nach all diesen Kleinodien, Andachtsbildern, Mirakelbüchern noch einen Kick für seine Frömmigkeit braucht, dem seien noch weitere Reliquien neben denen des Heiligen Vitus in der Ausstellung empfohlen: nämlich die Schädelreliquie des heiligen Nothelfers Dionysius, die seit 1635/54 auf einem Kissen aus Samt und Damast ruht. Oder das verehrungswürdige Exponat mit Nimbus aus historischer Zeit: Knochensplitter aller vierzehn Nothelfer sowie von Petrus und Paulus.
Die Ausstellung „Wunder, Weihe, Wege – Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen 1772 – 2022“ ist bis zum 13. November im Diözesanmuseum, Domplatz 5, Bamberg zu sehen. Täglich geöffnet von 10 bis 17 Uhr, Mittwoch geschlossen.