„Wie soll das bloß weitergehen?“, fragte Staatsanwalt Arno Ponnath mit halb verzweifelter, halb resignierter Stimme. Auf der Anklagebank saß ein Ehepaar aus dem Steigerwald, sie 59 und er 56 Jahre alt. Der Mann hat 15 Vorstrafen, seine Angetraute sogar 17. Schon fünf Mal saß sie im Kittchen und auch er hat Hafterfahrung. Die neue Anklage bezog sich auf sieben Supermarktdiebstähle in Haßfurt und Ebelsbach. Das Urteil: Vier Monate auf Bewährung für ihn, ein Jahr und zwei Monate „ohne“ für sie.
Laut Anklageschrift griff die Frau zwischen März und Juli 2014 siebenmal in den Aldi-Filialen in Haßfurt und Ebelsbach zu. Meist hatte sie es auf kleinere Artikel wie Kosmetika, Lebensmittel oder LED-Lampen abgesehen. Der Wert des Diebesgutes betrug insgesamt rund 500 Euro. In zwei Fällen zog sie ihren Ehemann mit rein. Sie überredete ihn, die gestohlenen Sachen an der Kasse zurückzugeben, weil sie wusste, dass der Discounter im Zuge einer Kulanzregelung den Warenwert zurückerstattet. Aus diesem Grund ging es bei dem Mann „nur“ um zweifachen Betrug.
Obwohl in den Akten ein Gutachten vorliegt, wonach die Ehefrau schuldfähig und damit in vollem Umfang strafrechtlich verantwortlich ist, sprach der Pflichtverteidiger Bernhard Langer von einem „krankhaften Verhalten“ seiner Mandantin. Etliche Male hätte die von staatlicher Grundsicherung lebende Angeklagte genug Geld dabei gehabt, um die Waren zu bezahlen. Der Anwalt trug vor, dass die Frau seit kurzem in Bamberg eine ambulante Verhaltenstherapie begonnen habe, um ihre „Stehlsucht“ in den Griff zu kriegen. Von daher habe sie nun den einzig richtigen Weg beschritten, den man ihr nicht verbauen sollte.
Juristisch von Bedeutung war die Frage, ob es sich hier um einen „gewerbsmäßigen“ Diebstahl handelte. Wird dies bejaht, spricht der Gesetzgeber von einem „besonders schweren Fall“, der mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft wird. Entgegen der landläufigen Meinung heißt gewerbsmäßig dabei nicht, dass man ein kriminelles Gewerbe, also einen schwunghaften Handel mit dem Diebesgut betreiben muss. Vielmehr reicht es schon, wenn sich der Dieb durch wiederholte Taten eine „fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang“ verschafft.
Der Staatsanwalt hatte keinen Zweifel an dieser Form des „gewerbsmäßigen Diebstahls“ und forderte eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne erneute Bewährung für die Frau. Neben der langen Latte an Vorstrafen begründete er dies auch damit, dass die Diebin zum Zeitpunkt der Beutezüge unter laufender Bewährung gestanden habe. Mit Blick auf ihren Lebenslauf meinte er: „Irgendwann ist ein schwieriges Elternhaus keine Entschuldigung mehr für ständige Fehltritte.“
In seinem Plädoyer betonte Rechtsanwalt Langer, dass eine erneute Gefängnisstrafe „weder der Angeklagten noch der Allgemeinheit“ diene. Doch Amtsrichterin Ilona Conver sah bei dem festgestellten Sachverhalt keine Möglichkeit zur Strafaussetzung. Ob die Verurteilten gegen den Richterspruch Berufung beim Bamberger Landgericht einlegen, müssen sie nach der Beratung mit ihrem Rechtsbeistand entscheiden.