
"Feuer frei!", hieß es wieder auf dem Haßfurter Modellflugplatz bei Prappach, als rund 30 Böllerschützen das neue Jahr begrüßten. Seit 2020, mit Unterbrechungen in den Corona-Jahren, findet die Veranstaltung an Neujahr auf dem Gelände der Modellflieger statt. Zuvor gaben die Hobby-Schützen neun Jahre lang auf dem Zeiler Käppele ihre Salven ab.
Trotz des regnerischen Wetters und einem rauen Wind zog es wieder rund 150 interessierte Zuschauer auf die Anhöhe in der Flur, um das Brauchtum hautnah miterleben zu können. Das Kommando über die Schützen hatte Kai Scheppe aus Heilgersdorf. Nach seinen Anweisungen brachten die Schützen ihre Handböller, Standböller, Mörser und Böllerkanonen in Stellung und feuerten in Richtung Gewerbegebiet Schlettach. Die einzelnen Salven, nämlich der Eröffnungssalut, das langsame und schnelle Reihenfeuer, der Doppelschlag und der Ehrensalut brachten ein Donnergrollen hervor, das aus der Schussrichtung Steigerwald akustisch beeindruckend zurückkam.
Strenge Sicherheitsregeln
Nach dem Spektakel, bei dem strenge Sicherheitsregeln zur Unfallverhütung galten, hatte das Publikum genügend Zeit, auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen in das Vereinsheim der Modellsportgruppe Haßberge einzukehren oder mit den Akteuren zu sprechen beziehungsweise sich ihr Hobby näher bringen zu lassen.
Die weiteste Anreise neben den Schützen aus den Landkreisen Haßberge, Schweinfurt und Coburg sowie dem oberfränkischen Teil des Steigerwaldes, hatte Franz-Peter Haase aus dem rund 90 Kilometer entfernten Bad Brückenau. Respektvoll wird er bei seinen Schützenkameraden nur "Böller Franz" genannt und ist deutschlandweit in der Szene bekannt. Stolze drei Dutzend Veranstaltungen vom hohen Norden bis tief in den Süden der Bundesrepublik besuchte er zusammen mit seiner Lebensgefährtin Birgit Strauss und hatte dabei, so wie jetzt auch in Haßfurt, ein ganz besonderes Gerät im Gepäck, nämlich einen sogenannten "Sirius".
Den dreischüssigen Standböller mit einem Kaliber von 80 Millimetern hat Haase in mühevoller Handarbeit selbst zusammengebaut und ist stolz darauf: "Mein Sirius ist der größte und einzige Standböller in seiner Art in ganz Deutschland". Und auch noch einen weiteren Rekord stellte der "Böller Franz" im vergangenen Jahr auf: "Der Pulververbrauch lag bei 163 Kilogramm für die 36 Events im Jahr 2023".
Besonders für die großen Kanonen interessierten sich die sechsjährige Jana und ihre vierjährige Schwester Nele. "Das sieht aus wie bei den Piraten", sagten beide Mädchen übereinstimmend, die zusammen mit ihren Eltern Ryan und Christina Linzmayer extra aus ihrem Heimatort Knetzgau zum Böllerschießen kamen. Genauso wie die beiden Geschwister war auch die vierjährige Nele aus Zell am Ebersberg mit einem Kinder-Gehörschutz ausgerüstet. Ihrem Papa Andreas Klein genügten die Ohrstöpsel, die die Veranstalter kostenlos verteilten.
Beeindruckendes Schussgerät
Die beiden Familien bestaunten auch einen Mörser, der auf einer großen Holzplatte montiert war. Udo Naß, der Böllerreferent des Schützengaus Schweinfurt und Organisator des Neujahrsschießens, hat dieses beeindruckende Schussgerät vor zwölf Jahren zusammen mit seinen Schützenkollegen Jürgen Burger und Richard Klug gebaut. Dabei handelt es sich um einen originalgetreuen Nachbau des Mörsers von Belgrad, der es zu einer eher traurigen Berühmtheit brachte. Der zehnpfündige stehende Mörser wurde im Original seinerzeit 1714 in Wien gegossen. "Der Mörser wurde 1717 während der Belagerung Belgrads durch die kaiserliche Armee unter Prinz Eugen eingesetzt", weiß Udo Naß. Ein Geschoss traf hierbei das Pulverlager des von den Türken verteidigten Belgrad, sodass die Stadt damals weitreichend verwüstet wurde. Das originale Mörserrohr befindet sich heute im Heeresmuseum in Wien, so der Böllerreferent.





