50 Reisende aus den Landkreisen Haßberge, Rhön-Grabfeld und Bamberg hatten sich über Pfingsten mit dem Verein „Rumänien-Soforthilfe“ auf den Weg in das südosteuropäische Land gemacht. Im Mittelpunkt standen diesmal das Donaudelta und ein ganz besonderer politischer Termin.
Preisfrage: Was haben Lea, Marie, Paulina – allesamt gerade einmal 17 Jahre alt – und Simon, 15, politisch Barack Obama und auch Angela Merkel voraus? Antwort: Sie wurden bereits vom neuen rumänischen Präsidenten Klaus Johannis empfangen.
Das Treffen mit dem frischgewählten Staatsoberhaupt war der Höhepunkt einer Tour, zu der sich die vier „Youngster“ zusammen mit mehr als 40 anderen Haßberglern, Rhön-Grabfeldern und Bambergern aufgemacht hatten. Einmal im Jahr bietet der Verein „Rumänien-Soforthilfe“ eine Reise in das Land im Südosten Europas an. Eine Fahrt, bei der es neben landschaftlichen Schönheiten – diesmal das Donaudelta – stets auch einen Blick hinter die sozialen und politischen Kulissen des einstigen Ostblock-Staates zu erleben gibt.
Seit mehr als 20 Jahren ist Rumänien für Susanne Kastner, Vorsitzende des Vereins und ehemalige Bundestagsabgeordnete, fast so etwas wie eine zweite Heimat geworden. Unmittelbar nachdem der Eiserne Vorhang gefallen war, machte sie sich erstmals auf den Weg in den Südosten Europas und kommt seitdem immer wieder. Die 67-Jährige unterstützt ein Kinderheim in Lipova und hat über die Jahre viele Freunde in Rumänien gefunden.
Unter anderem auch Klaus Johannis. Den Weg des deutschstämmigen Politikers, der vom Stadtrat über den Bürgermeisterposten in Hermannstadt bis in den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bukarest führte, begleitet Susanne Kastner seit Jahren. Regelmäßig tauschen sich die beiden aus und treffen sich. Da war es für den viel beschäftigten Präsidenten fast schon eine Selbstverständlichkeit, in seinem dicht besetzten Terminkalender eine gute halbe Stunde für die Gruppe aus den Haßbergen freizuschlagen. Im Prunksaal des Präsidentenpalastes Cotroceni wurden Lea, Paulina, Marie, Simon und die anderen empfangen und von Klaus Johannis persönlich begrüßt. Im Anschluss gab es noch eine exklusive Führung durch das weitläufige Gebäude, das in der Ära Ceauºescu gebaut wurde und sogar ein eigenes Theater beherbergt, und den großzügigen Garten. Während der nächste Staatsgast – der Senatspräsident von Irland – anreiste, flanierten die Reisenden aus den Haßbergen durch den Park vor der Residenz und warfen einen Blick in die orthodoxe Kirche, die auf dem Gelände wiederaufgebaut wurde.
Schon am Tag zuvor – am Morgen direkt nach der Anreise mit dem Flugzeug – hatte die Gruppe das politische Bukarest bei einem Besuch im Parlament unter die Lupe genommen. Das nach dem Pentagon größte Verwaltungsgebäude der Welt mit unzähligen Zimmer und Fluren, tonnenschweren Vorhängen und mehr als 1000 Kronleuchtern sorgte bei den Reisenden für Staunen und bei einem Treffen mit dem Abgeordneten Ovidiu Gant für die Frage, warum der Staat das im Unterhalt sündhaft teure Gebäude überhaupt für seine Parlamentarier nutzt. Ein Besuch beim deutschen Botschafter in Bukarest rundete dann den politischen Teil der Reise ab.
Nach zwei Tagen in der Hauptstadt ging es nämlich in den landschaftlich vielleicht reizvollsten Teil Rumäniens – ins Donaudelta. In Tulcea – dem letzten mit Auto oder Bus erreichbaren Ort vor dem Labyrinth an Wasserstraßen, auf denen die Donau sich in Richtung Schwarzes Meer aufmacht, bekam man einen ersten Eindruck von der Vielfalt und Schönheit der Natur im Delta. Nach einer Übernachtung und einem Besuch im Informationszentrum des Biosphärenreservats – bei dem man unter anderem erfahren konnte, dass das Donaudelta sein Aussehen ständig verändert, je nach Strömung Land zurückgibt und sich nimmt – ging es dann auf dem Wasser weiter Richtung Sulina, einem kleinen Dorf direkt an der Mündung der Donau ins Schwarze Meer.
Während die meisten Touristen sich mit Schnellbooten auf den Weg machen, ging es für die Gruppe aus den Haßbergen auf kleinen Booten durch enge Kanäle. Eine gute Stunde lang konnte man erste Einblicke von Pelikanen, Seerosen und den unendlichen Schilfwiesen, die das Donaudelta prägen, gewinnen. Dann wurde direkt an der Pension Delta Miraj angelegt. Ein Idyll direkt am Fluss. Mit Blick in das an die Puszta erinnernde Hinterland des Donaudeltas. Der Steg vor der Pension wurde zum Startpunkt für Bootstouren in die Kanäle des Deltas, bei denen man Pelikanen ganz nahe kam und sie beim beschwerlichen Start aus dem Wasser heraus genau beobachten konnte. Aber auch die Schwarzmeerküste war mit dem Bus in wenigen Minuten zu erreichen. Ein nahezu unberührter und menschenleerer Strand, an dem einer der Donaukanäle ins Meer floss, wartete auf die Besucher aus Deutschland. Eine Einladung zum Baden, die selbst zu nächtlicher Stunde gerne angenommen wurde.
Sulina selbst, einst Sitz der Konferenz der Donauanrainer mit 45 000 Einwohnern, heute nur noch ein Dorf mit Hafenpromenade und gut 2500 Einwohnern, konnte per pedes erkundet werden, unter anderem auch ein Leuchtturm, von dessen Plattform sich dem Besucher ein toller Blick über das Delta bot. Im Turm selbst gab ein kleines Museum über Sulina Auskunft. Dessen große Attraktion war für die Besucher aus den Haßbergen jedoch die „Führerin“. Mit einem kaum zu bremsenden Schwall an Worten brachte sie Reiseleitern Sybille Gimpl, die versuchte das Erzählte zu übersetzen, fast an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.
Endgültig gelang das auf dem Rückweg gen Bukarest – nach einer neuerlichen Bootsfahrt nach Tulcea und dem Besuch in einem orthodoxen Kloster – dem Winzer eines Weinguts. Der berichtete so euphorisch und gestenreich von seinen Erzeugnissen, dass er der Übersetzerin kaum eine Chance bot, das Wissen an die Gäste weiterzugeben, die mit Sarmale – mit Hackfleisch gefüllte Weinblätter – und zahlreichen Weinen hervorragend verköstigt wurden. Das einzige Mal, dass Sybille Gimpl nicht weiterwusste.
Ansonsten hatte sie die Rumänien-Reise jetzt schon zum wiederholten Mal gemeinsam mit Susanne Kastner toll organisiert und ein Programm zusammengestellt, das wohl allen Mitreisenden nachhaltig in Erinnerung bleiben wird. Und das nicht nur, weil sie etwas vorweisen können, das Barack Obama und Angela Merkel nicht von sich behaupten können.