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Landkreis Haßberge
Bamberger Schlachthof ist stillgelegt: Wie reagieren Betroffene im Kreis Haßberge?
Metzger und Bauern denken über einen regionalen Zusammenschluss nach. Doch wirklich voran scheint diese Idee noch nicht zu kommen. Welche Alternativen es nun gibt.
Die Stadt hat den Bamberger Schlachthof nach 120 Jahren offiziell stillgelegt.
Foto: Lukas Reinhardt (Archivfoto) | Die Stadt hat den Bamberger Schlachthof nach 120 Jahren offiziell stillgelegt.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 20:25 Uhr

Der Bamberger Schlachthof ist Geschichte. Nach langem kommunalpolitischen Ringen hat die Stadt den Betrieb zum 30. Juni 2024 offiziell stillgelegt. Bereits Ende Mai war dort das letzte Tier auf der Schlachtbank gelandet.

Dem ganzen geht ein Beschluss des Bamberger Stadtrats aus dem März dieses Jahres voraus. Dieser trifft Tierhalter und Metzgereien aus der gesamten Region, besonders jene aus dem Landkreis Haßberge. Von dort wurden im vergangenen Jahr 25.259 Schweine zur Schlachtung in die Domstadt gebracht. Aus keinem anderen Landkreis kamen mehr Tiere, kein anderer profitierte mehr von der defizitären Einrichtung.

Entsprechend groß war die Unsicherheit der Entscheidung. Denn nicht nur in Franken, sondern in ganz Bayern liegen die regionalen Schlachtstätten im Sterben. Doch wie umgehen mit der Situation? Ist im Landkreis Haßberge drei Monate nach dem Beschluss eine lokale Lösung in Sicht?

Jetzt nach Hof und Erlangen: Transportweg vervielfacht sich

Für Schweinebauer Bernhard Müller aus dem Hofheimer Ortsteil Goßmannsdorf tritt das ein, was er im März dieses Jahres vorhergesagt hatte. "Die Transportwege verlängern sich, und damit steigen die Kosten", erklärte Müller damals gegenüber dieser Redaktion. Für einen Fleischkonzern hatte er bis zuletzt zwischen 40 und 80 Mastschweine pro Woche in den Schlachthof nach Bamberg liefern lassen.

Nun kommt ein Teil seiner Tiere nach Hof, Oberfranken, wodurch sich die Strecke für den Transport fast verdreifacht. Den anderen bringt der Händler in das etwas näher gelegene Erlangen, Mittelfranken. "Ich mache mehr für das Tierwohl, will hunderttausende Euro in den Ausbau meines Stalls investieren, aber durch die Schließung des Schlachthofs wird das wieder ad absurdum geführt", klagt Müller heute, der auch für den Bayerischen Bauernverband (BBV) spricht. 

Eine gemeinschaftliche lokale Lösung, die ausufernde Transportstrecken wieder verkürzen, Kosten senken und das Tierleid auf dem Weg zur Schlachtung zumindest etwas vermindern könnte, gibt es vonseiten der betroffenen Landwirtinnen und Landwirte im Landkreis Haßberge bislang offenbar nicht. Zwar scheinen bereits vor einigen Monaten entsprechende Gespräche stattgefunden zu haben, diese aber liefen wohl vorerst ins Leere.

Noch kein regionaler Zusammenschluss unter Metzgereien

Auch in der Geschäftsführung der Metzgerei Hornung mit Sitz im Eltmanner Stadtteil Limbach gibt es die Idee eines gemeinsamen Schlachtverbunds mit Kolleginnen und Kollegen. "Es fand eine Zusammenkunft statt, bei der Bedarf und Möglichkeiten ausgelotet wurden", erklärt Nadine Hornung. Doch von wirklicher Aufbruchstimmung ist auch hier wenig zu spüren. "Das wird wohl noch etwas Zeit in Anspruch nehmen", betont die Geschäftsführerin. Bislang habe sich "nichts ergeben". 

Die Mauer des Schlachthofs Bamberg ist mit einem Schwein aus Eisen verziert. Zuletzt wurde dort Ende Mai ein Tier geschlachtet. 
Foto: Daniel Vogl, dpa  | Die Mauer des Schlachthofs Bamberg ist mit einem Schwein aus Eisen verziert. Zuletzt wurde dort Ende Mai ein Tier geschlachtet. 

Ob es am Ende wirklich ein gemeinsames Schlachthaus für die Region geben wird, bleibt fraglich. Denn für den Betrieb einer solchen Einrichtung sind neben den Kosten auch die bürokratischen Hürden hoch. Was den Betroffenen bleibt, sind verhältnismäßig einfache individuelle Lösungen. Und die sind nicht immer von Vorteil.

Das Familienunternehmen Hornung etwa, das acht Filialen im Landkreis Haßberge betreibt, musste nun auf einen inhabergeführten Schlachtbetrieb im Landkreis Würzburg umsteigen – vom Hauptsitz in Limbach mehr als hundert Kilometer entfernt statt der bislang 22 Kilometer bis Bamberg. Das oft wiederholte Mantra der Regionalität, das sich die Branche seit langem auf die Fahne schreibt, gerät durch das Schlachthofsterben zunehmend an seine Grenzen.

Keine große Lösung unter Beteiligung des Landkreises

Dass das Thema die Betroffenen in der Region beschäftigt, bestätigt auch das Landratsamt Haßberge. Die Behörde verweist auf bereits bestehende lokale Lösungen. Die Rede ist da etwa von hofnahen Schlachtungen, die weitgehend unkompliziert ausgeweitet werden könnten. Zudem gebe es im Landkreis Haßberge fünf zugelassene Metzgereien, die selbst schlachten.

"Vereinzelt wird hier bereits für andere im Lohn mit geschlachtet", heißt es vonseiten der Pressestelle, wo man versucht, die Entwicklungen auch positiv zu sehen: "Unsere Metzgereien und Landwirte rücken also ein Stück weit zusammen, um die schlimmsten Auswirkungen der Schlachthofschließung aufzufangen." 

Angesichts der tausenden Tiere aus der Region, die jährlich in der Bamberger Einrichtung verwertet wurden, dürfte das jedoch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Auch, da es den großen Wurf – ein regionales Schlachthaus unter Beteiligung des Landkreises – nicht geben wird. Einerseits, weil es nicht zu dessen gesetzlicher Pflichtaufgabe gehört, wie die Behörde betont. Andererseits, weil er "nicht über die finanziellen und personellen Spielräume" verfüge, um einen eigenen Schlachthof zu unterhalten.

Wie es bei diesem Thema im Landkreis Haßberge weitergeht, bleibt somit offen. Auch bis feststeht, was nach 120 Jahren mit dem Schlachthofareal in Bambergs Norden passieren wird, dürfte noch einige Zeit ins Land gehen. Ende Juli soll hierfür ein Fahrplan vorgestellt werden. Interessenten gibt es bereits. Unter anderem könnte anstelle des Schlachthofs ein "Food Campus" entstehen, auf dem neue Lebensmittel entwickelt, produziert und vermarktet werden. 

 
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