Der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken präsentiert vom 25. März bis 7. Mai sein jüngstes Mitglied, Julia Tiefenbach aus Hof, mit einer Einzelausstellung im Kunstraum Kesselhaus in Bamberg. Tiefenbach hat in Halle an der Kunsthochschule "Burg Giebichenstein" studiert. In der Ausstellung zeigt sie Serien von Ölpastell-Zeichnungen und Objekte aus Holz und Glas.
Anhand der Exponate kann das Publikum Tiefenbachs Arbeitsprozess bei der Aneignung, Bearbeitung und Umgestaltung von funktionalen Alltagsgegenständen in autonome Raumobjekte nachvollziehen. Diese stellt sie in Beziehung zu den architektonischen Relikten der früheren Nutzung der Ausstellungshalle als Heizungsraum des alten Krankenhauses. Tiefenbach entdeckt und erforscht mögliche skulpturale Qualitäten von Gegenständen, die wir nur wegen ihres Gebrauchswertes beachten und deshalb als banal betrachten.
Deren Formen und räumliche Strukturen ertastet sie aus der Erinnerung mit freien Zeichnungen, die die geraden Linien der funktionalen Gegenstände durch die Lebendigkeit und Vorstellungsgabe der künstlerischen Hand in einen neuen Zusammenhang bringen. Die Zeichnungen, die im Kesselhaus in größerer Anzahl zu sehen sind, bilden dann die Grundlage für äußerst präzise gebaute Objekte ohne Funktion, die wir wegen ihrer Formen und des verwendeten Materials betrachten.
Kesselhaus und seine Bauteile wurden für einen anderen Zweck geschaffen
Das Kesselhaus ist dafür besonders geeignet, weil es selbst diese Transformation durchlaufen hat und weiter durchläuft: Alle seine Bauteile wurden für einen bestimmten Zweck geschaffen und präsentieren sich uns heute als reine Form, die bereit steht, von der Fantasie mit gewandelter Bedeutung aufgeladen und für neue Zwecke genutzt zu werden. Ein Gebäude, das in der Lage ist, die Fantasie von Kunstproduzierenden und Kunstbetrachtenden gleichermaßen anzuregen, ist der ideale Ort für Bambergs zukünftige Entwicklungen auf dem Gebiet der zeitgenössischen Kunst.
Julia Tiefenbach sieht in ihrer Arbeit Parallelen zum Verhältnis des Individuums in den gesellschaftlichen Zwängen des Kapitalismus. Die Erhöhung der Erfolgschancen durch Effizienzsteigerung erfordert vom Menschen einen permanenten Prozess der Selbstoptimierung, in dem die eigene Person immer mehr zum funktionalen Objekt unter fremdbestimmten Bedingungen wird. "Form follows function", dieser berühmte Spruch des amerikanischen Architekten Louis Sullivan, lässt sich auch auf den Menschen selbst anwenden. In unseren Selbstformungsbemühungen folgen wir den Anforderungen an unsere gesellschaftliche Funktion. Wo uns das nicht gelingt, haben wir ein schlechtes Gewissen.
Zeichenkurse erkunden die Ausstellung und das Gebäude
Die Formung unserer Persönlichkeit teilweise wieder davon zu trennen und eigenständig zu entwickeln, kann zum Beispiel in künstlerischer Arbeit versucht werden. Dazu bietet Julia Tiefenbach am 29. April einen Zeichenworkshop für Kinder an und am 30. April einen für Jugendliche und Erwachsene, in denen das Gebäude des Kesselhauses erst gemeinsam erkundet wird und dann als Motivgeber für die zeichnerische Auseinandersetzung mit Ölpastellkreide dient. Beginn der zweieinhalbstündigen Kurse ist jeweils um 14 Uhr. Künstlerin Tiefenbach zeigt ihren Zugang zum Zeichnen. Industrielle Architekturen, wie die des Kesselhauses, dienen dabei als Motiv. Gerhard Schlötzer, Vorsitzender des Berufsverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken, führt durch das Gebäude und gibt Einblick in dessen Geschichte und Funktion. Der Workshop besteht aus einer theoretischen Einführung und einem praktischen Teil, in dem das ehemalige Heizungsgebäude selbständig zeichnend erkundet werden kann.
Am Samstag, 15. April, bietet Carola Streib von der Kunstschule „Kunstkracher“ von 10 bis 12 Uhr einen Familienworkshop für Erwachsene und Kinder ab acht Jahren zu den Arbeiten von Julia Tiefenbach an. Ausgestattet mit Stiften und Kreide, Plexiglasscheiben und Transparentpapier wird zeichnerisch die Ausstellung erkundet. Die Kursteilnehmer folgen schnurgeraden Kanten und schiefen Linien, ertasten Formen und füllen Umrisse mit eigenen Ideen. Es entstehen spielerische, spontane Zeichnungen von vorhandenen und vorgestellten Gegenständen und Räumen.
Eröffnet wird die Ausstellung der Werke Julia Tiefenbachs im Kunstraum Kesselhaus in Bamberg, Untere Sandstraße 42 (Eingang vom Leinritt) am Freitag, 24. März, um 19 Uhr. Reguläre Öffnungszeiten sind freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 13 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.