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RÜGHEIM
Aus einer Bauruine ist ein Schmuckstück geworden
Erinnerungen: Herbert Braun (links) besuchte von 1943 bis 1951 die Volksschule Rügheim, Wolfgang Sommer aus Haßfurt war der letzte Schulleiter (1968 bis 1971).FOTO: Martin Schweiger
| Erinnerungen: Herbert Braun (links) besuchte von 1943 bis 1951 die Volksschule Rügheim, Wolfgang Sommer aus Haßfurt war der letzte Schulleiter (1968 bis 1971).FOTO: Martin Schweiger
msch
 |  aktualisiert: 07.01.2016 14:54 Uhr

„Dieser Raum war in zwei Klassenzimmer unterteilt. Dort an der Wand hingen zwei ausgestopfte Vögel. Im Nebenraum waren die Landkarten und Bücher“, erinnert sich Wolfgang Sommer aus Haßfurt, als er am Samstag das gerade eingeweihte Dorfgemeinschaftshaus im Zentrum Rügheims in Augenschein nimmt. Sommer war der letzte Schulleiter der damaligen „Volksschule“, die es bis 1971 mit zuletzt zwei Klassen, einer dritten und einer sechsten, in Rügheim gab.

Seitdem stand das Schulhaus leer, beziehungsweise wurde zeitweilig als Wohnung genutzt. Seine „Geburtsstunde“ hatte 100 Jahre zuvor geschlagen, 1871. Damals kamen Rügheimer Bürger auf den Gedanken, den Schaumbergschen Schüttboden am Kirchplatz, den die Gemeinde gekauft hatte, als Schulhaus zu verwenden, heißt es in der Chronik.

Der Dekan als Distriktschulinspektor, das königliche Bezirksamt und die königliche Regierung waren für diesen Plan. Der Bürgermeister, der Lehrer und 102 von 200 Stimmberechtigten – namentlich die, die den Schüttboden als billige Pachtscheune benutzten – waren dagegen. So wurde am 1. August 1871 mehrheitlich beschlossen, das alte Schulhaus abzubrechen und ein neues zu bauen.

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Am 1.Mai 1872 wurde der Grundstein gelegt, am 2. September bereits wurde das Haus seiner Bestimmung feierlich übergeben. Der Bau kostete seinerzeit 14 000 Gulden, die fast ganz aus dem Gemeindevermögen entnommen wurden, da die Kirchenstiftung wegen der Kirchenrenovierung kein Geld hatte.

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Großen Zulauf hatte die Schule im Jahr 1948. Von 143 Schülern zu Schulbeginn waren 90 Rügheimer und 53 Kinder von Heimatvertriebenen und Evakuierten. Ein dritter Lehrsaal wurde in der ehemaligen Gemeindeschmiede eingerichtet. Das Schulhaus war nach Kriegsende von den Amerikanern als Sanitätsraum genutzt und wurde später von Vertriebenenfamilien bewohnt worden. Daher fand auf Anordnung der Militärregierung von Frühjahr bis Herbst 1945 kein Unterricht statt.

Der damalige Schulleiter Seidel musste bis Januar 1949 ein Mietzimmer in Lendershausen bewohnen und täglich bei jedem Wetter mit dem Rad nach Rügheim und zurück fahren. Zusätzlich zum Unterricht kümmerte er sich um den Ausbau des Schulhauses und der Lehrerwohnung im Erdgeschoss.

Eine „solide Arbeit“ bescheinigte Architekt Dag Schröder den königlich-bayerischen Baumeistern, die das Gebäude einst im spätklassizistischen Stil errichtet hatten. Das über 140 Jahre alte Haus sei zuletzt in einem „katastrophalen Zustand“ gewesen. Trotzdem konnten einige alte Bauteile, wie die Holztreppe und die Fenster mit gezogenem Glas, erhalten werden. Eine Treppe, die einst abgerissen wurde, ermöglicht nun wieder einen Zugang von der Langen Pfalzgasse aus. Ein komplexes Brandschutzkonzept wurde verwirklicht, und die zuvor veranschlagten Kosten wurden eingehalten, meinte Schröder.

Bürgermeister Wolfgang Borst hat sich mit dem Bau seit Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2004 beschäftigt. Der Zusammenschluss zur Hofheimer Allianz sowie die Gründung des Dorfgemeinschaftsvereins seien entscheidend gewesen, dass das Projekt habe umgesetzt werden können und Fördermittel „deutlich über der Norm“ geflossen seien, so Borst.

Mit rund 770 000 Euro, so Innenstaatssekretär Gerhard Eck, habe sich der Freistaat Bayern am Umbau beteiligt und damit rund 80 Prozent der Kosten übernommen. Eck lobte Borst, der sich als Vorsitzender der Hofheimer Allianz für die ländliche Region einsetze. Eck würdigte auch die Arbeit des Vorsitzenden der Dorfgemeinschaft, Siegfried Burger. Der CSU-Landtagsabgeordnete Steffen Vogel sprach von einer lebendigen Dorfgemeinschaft. Er freue sich bereits jetzt auf die 1250-Jahr-Feier: „Dann bin ich 90. Ich komme gern“, scherzte der Parlamentarier.

Siegfried Burger bezeichnete das neue Dorfgemeinschaftshaus als „Mosaikstein der Hofheimer Allianz“, das eine Bleibe für alle Rügheimer Vereine sei. Sarah Ulrich und Theresa Koch durchtrennten feierlich ein Band. Dekan Jürgen Blechschmidt verwies auf eine Wanderausstellung, die für die nächsten 14 Tage im ersten Stock des Gebäudes Station macht. Sie zeigt 13 Fabeln des griechischen Philosophen Äsop, die Martin Luther im Jahr 1530 auf der Veste Coburg ins Deutsche übersetzte. Der Künstler Otmar Alt malte dazu passende Bilder, die zusammen mit den Fabeln zu sehen sind.

Umrahmt wurde die Feier vom Froschchor unter der Leitung von Antje Hein und vom Posaunenchor Rügheim.

 
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