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HAßFURT
Aus dem Kleinod Ritterkapelle etwas machen
Taizé-Gebete: Mit regelmäßigen Taizé-Gebeten, wie sie bei den Nächten der offenen Kirchen bereits angeboten wurden, könnte man jüngere Menschen für die Wallfahrt zur Ritterkapelle begeistern.
Foto: Ulrike Langer | Taizé-Gebete: Mit regelmäßigen Taizé-Gebeten, wie sie bei den Nächten der offenen Kirchen bereits angeboten wurden, könnte man jüngere Menschen für die Wallfahrt zur Ritterkapelle begeistern.
Von unserer Mitarbeiterin Ulrike Langer
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:06 Uhr

Die Pfarreiengemeinschaft St. Kilian nimmt das Jubiläum „550 Jahre Ritterkapelle Haßfurt“ zum Anlass, dieses Gotteshaus auch wieder als Wallfahrtskirche der Hl. Jungfrau Maria in den Blickpunkt zu rücken. Einen Weg dorthin zeigte der Professor für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz, Michael Rosenberger, in einem beeindruckenden Vortrag im Pfarrsaal auf.

Pfarrer Stephan Eschenbacher hieß den Referenten zusammen mit gut 40 Zuhörern herzlich willkommen. „Ich habe ihn eingeladen, weil er auch für den Wallfahrtsservice der Diözese Würzburg tätig ist und ein Buch mit dem Titel ,Auf Gottes Wegen – eine kleine Theologie der Wallfahrt‘ verfasst hat“, erklärte er. Die Pfarreiengemeinschaft St. Kilian wolle im Jubiläumsjahr nicht nur zurückblicken, sondern auch vorausschauen und überlegen, wie der Raum der Ritterkapelle inhaltlich gefüllt werden könne. Die Impulse aus dem Vortrag wolle man aufnehmen, um die Wallfahrt wiederzubeleben.

Michael Rosenberger hatte sich die Frage gestellt, wie man aus dem „Kleinod Ritterkapelle“ etwas machen könne, das die Gläubigen in ihrem Leben weiterbringen könne. „Die Kirchen werden immer leerer, die Pilgerwege aber immer voller“, sagte er und verwies beispielhaft auf den Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Waren es dort 1989 rund 5760 Pilger, so hat sich die Zahl bis 2012 auf über 192 000 gesteigert. Erstaunlich sei, dass etwas mehr Männer als Frauen auf dem Jakobsweg unterwegs seien und fast ein Drittel der Menschen 30 Jahre und jünger sei, dass auch die evangelische Kirche das Pilgern für sich entdeckt habe und dass es zu seinem eigenen Buch einen evangelischen Zwillingsbruder, das Buch mit dem Titel „Sich fremd gehen – warum Menschen pilgern“, gebe.

„Wallfahren ist die religiöse Form der Moderne, und eine Wallfahrt kann die Bedürfnisse der Menschen erfüllen, die die heutige Zeit immer weniger stillt“, so Rosenberger. „Denn heute wird der Mensch verplant, er ist immer mehr fremdbestimmt, er lebt größtenteils anonym, er hat kaum noch Möglichkeiten für den Körpereinsatz, und er muss sein ganzes Handeln immer wieder hinterfragen lassen.“ Bei einer Wallfahrt, vor allem, wenn man alleine oder in einer kleinen Gruppe unterwegs sei, könne sich der Pilger aus dem Planungsdruck befreien, könne selbst bestimmen, wie er pilgern wolle, sich als Individuum wahrnehmen und den Körper spüren.

Kleine Umfrage

Zur Vorbereitung auf den Vortrag „Die Zukunft kommen lassen – Die Ritterkapelle als Pilgerziel im 21. Jahrhundert“ hatte Michael Rosenberger eine kleine Umfrage in der Ritterkapelle durchgeführt und die Ergebnisse präsentiert. 54 Besucher hatten schriftlich festgehalten, was ihnen die Ritterkapelle bedeutet. Auffallend ist, dass für 21 von ihnen vor allem Ruhe und Stille wichtig sind. 15 Personen nannten die Schönheit, zwölf den Gebetsort, elf die Heimat, zehn die Kultur und die Geschichte, acht das Marienheiligtum und drei das Pilgerziel. Einige äußerten auch Kritik an der Neugestaltung. Bedeutsam ist, dass 40 Besucher 40 Jahre und älter sind, die jungen Menschen also fehlen.

„Aus der Umfrage ist deutlich abzulesen, dass das Wichtigste, was der Mensch heute braucht, Ruhe ist. Und genau das kann die Kirche am besten“, erläuterte der Referent. Ein Grund, warum die Kirchen sonntags immer leerer seien, sei, dass die Menschen einfach mal ausschlafen wollten. Denn der Druck im Berufsleben und in der Schule sei immens gestiegen. Die Kirche müsse daher umschalten und nicht immer mehr und immer tollere Angebote machen, sondern den Sabbat als Ruhetag ernst nehmen. Um jüngere Menschen zu erreichen, könnte man regelmäßig Taizé-Gebete oder andere ruhige Angebote machen.

Die Ritterkapelle könnte aber auch eine Station auf einem Weg sein, liege sie doch am Fränkischen Marienweg und am Mainradweg. Entsprechende Wegweiser, Fahrradständer, Ruhebänke, Toiletten und Informationstafeln könnten dies unterstützen. „Wenn Sie sich als Radwegkirche – bisher ein Angebot mit Signet der evangelischen Kirche – bewerben, könnten Sie Eis brechen“, forderte der Referent die Pfarreiengemeinschaft auf.

Die Ritterkapelle ist laut Rosenberger als Pilgerziel aber auch ein Durchgangsort. „Man sieht für einen Moment ein Stück Himmel auf Erden, der uns versprochen ist“, sagte er. „Sie war und ist ein regionales Pilgerziel, sie hat ein Gnadenbild, und es gibt schon eine Sternwallfahrt der Pfarreiengemeinschaft.“ Man könnte die Bedeutung für das Dekanat Haßberge stärken, Pilgerwege aussuchen und markieren, sie selbst gehen und Pilgerwegsbegleiter ausbilden, Rituale des Ankommens, Einziehens und Gottesdienstfeierns einführen sowie Beichtgespräche und Pilgerandenken anbieten. „Eine Wallfahrt lässt sich nicht machen. Aber eine spirituell ausstrahlende Kirche zieht von selbst Menschen an, und die Ritterkapelle hat diese Ausstrahlung. Lassen Sie also die Zukunft kommen“, so Rosenberger abschließend.

 
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