
„Alles, was ich möchte, ist, meine Begeisterung mit anderen zu teilen. Wenn ich Sie also je einmal mit meiner Musik erreicht oder dazu inspiriert habe, mal andere Musik zu hören, wäre mir das eine große Freude.“ Dieses Fazit zog der Radio- und Fernsehmoderator Fritz Egner bei seiner Lesung im Rahmen des 1. Haßfurter Literaturfestivals, das insgesamt rund 2000 Besucher begeisterte. Auch Fritz Egner wurde nur nach langem, herzlichen Applaus von seinen Zuhörern, vor allem von den Musikbegeisterten, verabschiedet.
Eigentlich stand auf dem Programm, dass Fritz Egner aus seinem Buch „Mein Leben zwischen Rhythm & Blues“ lesen sollte. Weil er aber der Meinung war, dass das zu geziert klingen würde, erzählte er einfach im spannenden Plauderton seine Erlebnisse. „Nach 40 Jahren im Radio und 25 Jahren im Fernsehen bin ich immer noch nervös vor ,echtem‘ Publikum“, gab er zu. Doch angesichts der interessierten Zuhörer fiel die Nervosität schnell von ihm ab.
Er faszinierte mit seinen Geschichten vom Beginn seiner Radiokarriere bei AFN über die Interviews mit berühmten Persönlichkeiten wie Madonna, James Brown, Stevie Wonder, Mick Jagger oder Rod Stewart bis zu seiner Tätigkeit als Fernsehmoderator. Dazu spielte er auch einige Filmsequenzen oder Audioautogramme wie zum Beispiel von Tina Turner ein. „Ich bin dankbar, dass sich so viele Musiker Zeit für meine insgesamt 400 Interviews genommen haben“, sagte er. Auch wenn er von seinem allerersten Gespräch mit Manfred Man enttäuscht war, weil der so ein „muffiger Typ“ ist. Doch er hat auch Produzenten, Anwälte, Moderatoren, DJs und andere Personen aus dem Musikgeschäft gesprochen, die viel über das Geschehen hinter den Kulissen erzählen konnten.
In seinem Elternhaus wurden hauptsächlich Operetten, Märsche oder Volkstümliches gehört – Musik, gegen die er rebellierte. So hatte Musik wie „Tutti Frutti“ von Little Richard im Hause Egner einen Kulturschock verursacht und für Fritz Egner war sein Plattenspieler sozusagen ein „Notfallkoffer“. „Statt zum Klavierunterricht zu gehen, kaufte ich mit dem Geld heimlich Schallplatten, was letztendlich zum Eklat mit meiner Mutter führte“, verriet er. „Außerdem habe ich anfangs so manche Platte aus dem Laden unbezahlt mitgehen lassen.“
Die Verkäuferin, die ihn faszinierte, hatte beide Augen zugedrückt und er revanchierte sich dafür nach 30 Jahren mit einem Essen. Zur Freude seiner Zuhörer spielte er die erste Moderation ein, die er in AFN gehört hatte, und sprach sie mit. „Die Moderatoren trugen ihre Musikleidenschaft auf der Zunge, ganz im Gegensatz zu den Moderatoren des Bayerischen Rundfunks“, merkte er kritisch an. „Und diese Begeisterung hat mich mitgerissen.“ Rhythm & Blues seien seiner Meinung nach lebensbestimmend und den Rhythmus höre ein Baby schon im Mutterleib. „Der Blues kommt dann von alleine“, so Egner scherzend.
Er berichtete, wie hart das Musikgeschäft sei. „Für Tina Turner ging es ums Überleben. Für sie gab es nur die Alternative: Baumwolle pflücken oder singen“, sagte er. „Auch Little Richard hat sich mit Tutti Frutti nur seinen Frust über das Tellerwaschen in einer Bushaltestelle aus dem Leib singen wollen!“ Das erste Konzert, das er im Apollo Theater in Harlem/New York mit James Brown erlebte, hatte ihn regelrecht umgehauen. „Da war Energie im Raum und Energie in der Show“, schwärmte er. Mit Geschichten über Prince, dem er vorgelogen hatte, dass ihn James Brown für den besten Künstler hielt, über Diana Ross, die ihn fast nackt an die Brust gedrückt hatte – „Die Umarmung spüre ich heute noch!“ –, über Stevie Wonder, den er einmal ins Hotelzimmer getragen hatte, oder über Keith Richard, mit dem er eine halbe Flasche Whisky trinken musste, verging die Zeit wie im Nu.
Fritz Egner freute sich sichtlich über das Interesse und beantwortete gerne unzählige Fragen. „Ich habe viele Beziehungen verloren, weil ich mehr Zeit in Plattenläden verbracht habe als in Schuhläden“, gab der Moderator zu, der erst mit 58 Jahren geheiratet hatte. Bis heute hat er 45 500 Musiktitel auf seinem Rechner digitalisiert und „seine“ Musik immer mit dabei. Er bedauerte, dass die Musik heute so gleichförmig klingt, erklärte aber, dass die englische Sprache aufgrund ihrer Rhythmik seiner Meinung nach am besten für Pop- und Rockmusik geeignet sei. Dass Bob Dylan, der zwar nie Interviews gibt, mit dem er aber einmal sage und schreibe 20 Minuten reden durfte, den Literaturnobelpreis erhalten hat, kommentierte er mit den Worten: „Also, ich weiß nicht… Andere hätten ihn eher verdient.“
Der Zuhörer Harald Steif aus Bamberg berichtete, dass er einmal in einer Sendung von Fritz Egner den Song „Polk Salad Annie“ von Tony Joe White gehört hatte und daraufhin, das Stück in seiner eigenen, rund 5000 Platten umfassenden Sammlung gesucht habe. Dazu sagte Fritz Egner glücklich: „Mein Abend ist gerettet!“ Doch nicht nur für den Moderator war der Auftritt ein schönes Erlebnis, auch für das Publikum. „Mir hat es sehr gut gefallen, da ich viele Hintergrundinformationen über Künstler und die Musik erhalten habe“, sagte Annette Marquardt aus Haßfurt, die selbst sehr gerne Musik hört. „Fritz Egner ist sehr sympathisch und hat seine eigene Begeisterung wunderbar rübergebracht und mich angesteckt. Dieser Abend war sehr ergreifend!“