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KÖNIGSBERG
Auf des Reformators Spuren in Köslau und Königsberg
Eine Darstellung des ersten evangelischen  Abendmahls in der Dresdner Kreuzkirche befindet sich in der Königsberger Marienkirche.
Foto: Sabine Meissner | Eine Darstellung des ersten evangelischen Abendmahls in der Dresdner Kreuzkirche befindet sich in der Königsberger Marienkirche.
Von unserer Mitarbeiterin Sabine Meissner
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:22 Uhr

Ob Martin Luther je in Königsberg war, ist ungewiss. Vom 18. bis 19. April des Jahres 1518 soll er sich auf dem Weg zum Heidelberger Generalkonvent im damaligen Augustinerkloster Königsberg aufgehalten haben, berichtet die Königsberger Chronik von 1754. „Diese Annahme ist nicht von der Hand zu weisen“, schreibt Rudolf Mett dazu in seiner „Königsberger Reformationsgeschichte“ von 1983. Belegt ist die Annahme aber nicht, und von anderen Historikern wird sie bestritten. Tatsache ist, dass verschiedenartige Abbildungen Luthers in Königsberg und Umgebung zu finden sind.

Der im Jahr 1483 in Eisleben geborene Sohn Martin der Eheleute Margarete und Hans Luther war viel herum gekommen im Deutschland seiner Zeit. Nicht nur jetzt, fast 500 Jahre nach der durch ihn eingeleiteten Reformationsbewegung und während der zur Luther-Dekade erklärten Zeitspanne, machen sich Menschen Gedanken über die Tragweite seines Handelns. Und sie äußern das über alle fünf Jahrhunderte in vielfältiger Weise. Es gibt Luther-Denkmale, Statuen und Büsten, Luther-Reliefs, Luther-Bäume und Luther-Gemälde. Luther in Form des größten Reformationsdenkmals der Welt steht in Worms, einer der ältesten Städte Deutschlands. Das berühmteste Portrait ist sicher das von Lucas Cranach d. Ä. aus dem Jahr 1532. Bedeutende Künstler, aber auch „ganz normale Christenmenschen“, haben sich darin versucht, es auf ihre Weise zu kopieren.

Das vielleicht am wenigsten beachtete, aber mit besonders viel persönlicher Hingabe gemalte Bild, hängt möglicherweise in der kleinen Kirche von Köslau. Beim flüchtigen Hinsehen könnte man meinen, das Original des Meisters hätte sich hierher in das Haßberge-Dorf verirrt. Eine Nachfrage bei Pfarrer Peter Hohlweg weist den Weg nach Ebern zu Christine Rausch, die enthüllt, wer Schöpfer dieses Kunstwerks ist.

„Meine Oma Agnes Haseloff hat das Bild gemalt“, erklärt die Enkelin. Es müsse wohl im Jahr 1988 nach der Kirchenrenovierung gewesen sein. Im März 2014 feierte die alte Dame ihren 100. Geburtstag, kurz danach ist sie verstorben. Leider erfolgte die Nachfrage zu spät, denn Auskunft über ihre Zwiesprache mit dem Reformator bei der künstlerischen Betätigung kann sie nun nicht mehr geben. Aber ihr wundervolles Portrait hängt in der Köslauer Kirche und zeugt von der Begeisterung für das Wirken des Porträtierten.

Neben vielen anderen Orten spielt die sächsische Stadt Dresden eine besondere Rolle in Luthers Wirken. Der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise ließ Luther zu dessen Sicherheit auf die Wartburg bei Eisenach entführen, wo er sich als Junker Jörg zehn Monate lang versteckt hielt und die „Bibel für das ganze Volk“ schuf. Für die Menschen, die zu den griechischen und lateinischen Texten keinen Zugang hatten, übersetzte Luther die Bibel. Er schaute „dem Volk aufs Maul“ und wählte Formulierungen, die bildlich den Alltag der Menschen widerspiegelten und ihrer Redeweise entsprachen.

So übertrug er schwer verständliche Vergleiche und Bilder der Heiligen Schrift, die in der Welt der Beduinen und des israelischen Volkes ihren Ursprung hatten, in die Realität der Menschen seiner Zeit – und wie beiläufig in ein neues, richtungsweisendes Hochdeutsch. In der Dresdner Kreuzkirche feierten die Anhänger Luthers am 6. Juli des Jahres 1539 das erste evangelische Abendmahl. Viermal ist diese Kirche in den Jahrhunderten abgebrannt und wiederaufgebaut worden. Im Zweiten Weltkrieg waren nach Bombenangriffen im Februar 1945 gar nur die Außenmauern stehen geblieben, aber wie durch ein Wunder ein Relief des Bildhauers Heinrich Epler am Podest des Altars nicht zerstört worden. Das Relief stammt aus dem Jahr 1900 und erinnert an jenes erste lutherische Abendmahl in dieser Kirche. Was hat das mit Königsberg zu tun?

Ein sichtbares Abbild dieser ersten Abendmahlsfeier gelangte durch den Schöpfer des Reliefs direkt hierher. Der Bildhauer Epler, 1846 in Königsberg geboren, verbrachte den Großteil seines Lebens in Dresden, starb und fand 1905 dort seine Ruhe. Seine Geburtsstadt, die sich so wie ihre damals sächsischen Landesherren im Zuge der Reformation zu Luthers Lehre bekannt hatte, bekam einen Abdruck des für Protestanten so wertvollen Reliefs aus der Dresdner Kreuzkirche. In der evangelischen Marienkirche am Marktplatz von Königsberg ist es zu bewundern. Zu verdanken ist das dem Sohn der Stadt, dem hier geborenen Bildhauer Epler.

Die Kunst spannt den Bogen von der Königsberger Marienkirche mit dem Abendmahlrelief aus Dresden hin zur Dorfkirche von Köslau mit dem Luther-Portrait von „Oma Haseloff“. Beide Kirchen gehören zum Dekanat Rügheim und zwischen ihnen liegen gerade einmal zehn Kilometer Luftlinie. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich in der Marienkirche auch eine Luther-Büste sowie die figürliche Darstellung des Reformators auf einem der großen Chorfenster in Glasmalerei befindet.

In der Dorfkirche von Köslau hängt das Luther-Portrait von Agnes Haseloff nach Lucas Cranach d. Ä.
| In der Dorfkirche von Köslau hängt das Luther-Portrait von Agnes Haseloff nach Lucas Cranach d. Ä.
Luther auf einem Chorfenster in der Königsberger Marienkirche.
| Luther auf einem Chorfenster in der Königsberger Marienkirche.
„Heimat“ ganzer Generationen von Gläubigen: Die Marienkirche.
| „Heimat“ ganzer Generationen von Gläubigen: Die Marienkirche.
Schmale Gassen führen in Königsberg zum Markt samt Marienkirche.
| Schmale Gassen führen in Königsberg zum Markt samt Marienkirche.
 
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