zurück
Bamberg
"Angriff auf die Menschenwürde": Amtsgericht Bamberg verurteilt bekannten Rechtsextremisten wegen Volksverhetzung
Die Staatsanwaltschaft sprach von "Aufstachelung zum Hass". Das Urteil fiel hart aus, denn der 64-Jährige ist bereits mehrfach vorbestraft.
Der Angeklagte Rechtsextremist Roger K. (rechts) und sein Verteidiger Frank Miksch vor dem Amtsgericht Bamberg.
Foto: Lukas Reinhardt | Der Angeklagte Rechtsextremist Roger K. (rechts) und sein Verteidiger Frank Miksch vor dem Amtsgericht Bamberg.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:24 Uhr

Er zählte lange zu den bekanntesten Gesichtern der rechtsextremen Szene in Franken. Auch im Landkreis Haßberge, in Schweinfurt und in Würzburg war der 64-Jährige immer wieder aktiv. Nun musste sich der Mann, um den es inzwischen ruhiger geworden ist, erneut vor Gericht verantworten.

Die Staatsanwaltschaft Bamberg warf Roger K. vor, sich in gleich mehreren Fällen der Volksverhetzung schuldig gemacht zu haben. Das Amtsgericht Bamberg sah das zumindest in Teilen als erwiesen an, es verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.  

Früher Mitglied beim rechtsextremen "III. Weg"

Roger K. ist mehrfach vorbestraft, wegen Volksverhetzung und wegen des unerlaubten Besitzes von Munition. In Ebern gehörte er regelmäßig zu den Wortführern bei Demos gegen die Corona-Maßnahmen. Lange Zeit war er Kader des rechtsextremen "III. Wegs". Anfang des Jahres trat er aus der neonazistischen Kleinstpartei aus, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

In dieser Zeit soll der 64-Jährige über seinen eigenen, öffentlich einsehbaren Telegram-Kanal mit dem Namen "Widerstand Oberfranken" vier strafbare Beiträge veröffentlicht haben. Außerdem, so Staatsanwalt Frank Dietze weiter, soll K. auf drei von ihm angemeldeten Demonstration Aussagen als Redner getätigt haben, die nicht mehr vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sind.

Den Kanal auf Telegram, so der Vorwurf, nutzte K. vor allem für seine rechte und rassistische Propaganda gegen die Unterbringung Schutzsuchender im Landkreis Bamberg. In einem Beitrag soll K. den Satz "Sie kommen um zu bleiben und es werden immer mehr. Nein zum Containerdorf, bevor etwas passiert" verfasst haben. Daneben zu sehen war unter anderem ein Foto, das offenbar die Hand des Beschuldigten mit einem Messer darin zeigte. Staatsanwalt Frank Dietze verstand dies als "Aufstachelung zum Hass". Hinzu kamen drei weitere Beiträge, in denen die Anklage vor allem von "Verächtlichmachung" von Bevölkerungsgruppen sprach. Kurzum: von Volksverhetzung nach Paragraph 130 des Strafgesetzbuches. 

Propagandakanal auf Telegramm  stillgelegt

Auf mehreren von ihm angemeldeten Demonstrationen im Landkreis Bamberg, an denen oftmals nur eine Handvoll rechtsextremer Unterstützer teilnahm, soll K. zudem rassistisch ausfällig geworden sein. Übrig von diesen Vorwürfen blieb am Ende der Verhandlung ein Vorfall in Scheßlitz aus dem Mai 2023. Offenbar in Rage, wie K. im Laufe des Prozesses selber betonte, rief der 64-Jährige, einen Koran in einen Mülleimer werfen zu wollen, was er laut Staatsanwaltschaft mit dem Zusatz  "Dreck zu Dreck" kommentierte. Ein damals anwesender Polizist bestätigte das im Zeugenstand. 

K. zeigte sich in dem Prozess am Amtsgericht Bamberg weitgehend geständig, den Kanal habe er inzwischen stillgelegt, sagte er. Es sei nicht geplant gewesen, Migranten zu diskriminieren. Dass seine Wortwahl auch vor Gericht immer wieder ins Rassistische abdriftete, schien den 64-Jährigen nur wenig zu interessieren. Mehrfach musste Richterin Carina Distler ihn auffordern, beim Thema zu bleiben und zur Sache zu sprechen. Etwa bei seinen Ausführungen zu Menschen unterschiedlicher Herkunft, wobei er den Vergleich brachte, dass "ein Schäferhund auch kein Dackel" sei.

Keine zulässigen Meinungsäußerungen

Der Verteidiger des Beschuldigten, Frank Miksch, gilt als Szeneanwalt im rechtsextremen Spektrum. Die Aussagen K.s hätten "keine konkrete Störung des öffentlichen Friedens" zur Folge gehabt, erklärte er in seinem Plädoyer. Stattdessen hätte sich sein Mandant im Rahmen der zulässigen Meinungsäußerung bewegt, wenn auch an der Grenze. Miksch verlangte einen Freispruch.

Anders Staatsanwaltschaft Frank Dietze, der zum Abschluss von "Angriffen auf die Menschenwürde" sprach, die sehr gut belegbar seien. Er forderte – mit Blick auf die Vorstrafen – eine Freiheitsstrafe in Höhe von elf Monaten auf Bewährung. Zudem eine Gelauflage in Höhe von 3000 Euro. 

Richterin Carina Distler folgte den Forderungen der Staatsanwaltschaft weitgehend. Sie verurteilte K. wegen Volksverhetzung in fünf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Zudem muss der 64-Jährige 2700 Euro an den Hospizverein Bamberg zahlen. "Für mich ist die Grenze zur freien Meinungsäußerung überschritten, davon bin ich überzeugt." Die Beteiligten haben die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen gegen das Urteil.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bamberg
Lukas Reinhardt
Amtsgericht Bamberg
Neonazis
Recht auf Meinungsfreiheit
Richter (Beruf)
Staatsanwaltschaft Bamberg
Staatsanwälte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Peter Koch
    Was ist an diesem Urteil hart?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten