Wende im Missbrauchsprozess: Der 33-jährige, ehemalige Jugendleiter des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) hat sich am zweiten Prozesstag vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt dazu entschlossen auszusagen.
Der Mann aus dem Landkreis Haßberge muss sich wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern in insgesamt mehr als 25 Fällen verantworten (wir berichteten). Erleichterung ist beim Vorsitzenden des Gerichts spürbar, hatte er dem Angeklagten doch schon in der vergangenen Sitzung nahe gelegt, eine Aussage zu machen. Mehrere Jugendliche hatten bei der Polizei schwerwiegende Vorwürfe gegen ihn erhoben.
Sein Verteidiger verlas eine allgemeine Erklärung, in der sein Mandant die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einräumte. Er wolle helfen, das Verfahren zu beenden und den Jugendlichen die psychische Belastung ersparen, vor Gericht auszusagen, so der Anwalt. Gleichzeitig verwies er auf die psychisch labile Verfassung seines Mandanten, der von der JVA Schweinfurt wegen Suizidgefahr nach Würzburg verlegt wurde.
Dem 33-Jährigen – der als sehr engagierter und beliebter Rot-Kreuz-Mitarbeiter bekannt war – wird vorgeworfen, im Zeitraum zwischen 2010 und 2012 mehrere Jugendliche sexuell missbraucht zu haben. Er kannte sie aus seiner langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeit beim BRK in der Region Bad Kissingen, zum Beispiel durch Ferienlager. Sie waren zum Großteil seine Schutzbefohlenen. Laut Anklageschrift soll er sich mit den Kindern zu Hause getroffen haben, teilweise Pornofilme mit ihnen angeschaut und sie unsittlich berührt haben. Meistens sei dies nach dem gleichen Schema abgelaufen.
Vor Gericht gibt der Mann zu, dass es zu Missbrauchstaten gekommen ist. Wie viele genau - das wollen die Richter in weiteren Vernehmungen herausfinden. Er könne sich sein Verhalten nicht erklären, so der Angeklagte. Auf die Frage nach seiner sexuellen Auslastung zu jener Zeit erzählt er von einer homosexuellen Beziehung. Er habe kein Defizit verspürt. Ob der Angeklagte pädophil ist oder ob andere Gründe eine Rolle für die Taten spielen – das soll ein psychiatrischer Gutachter einschätzen, der die Verhandlung mitverfolgt.
Ans Licht gekommen waren die Vorfälle 2012 durch einen 13-Jährigen. Die Eltern und die Schwester des Jugendlichen erschienen am zweiten Prozesstag vor Gericht. Das Kind sei nach einem Videonachmittag mit dem Angeklagten in dessen Wohnung heulend zurückgekehrt und habe sich sofort ins Zimmer eingeschlossen, so die Mutter. Der Junge sei völlig verstört gewesen. Seinen Eltern berichtete er von den sexuellen Übergriffen des Jugendleiters. Dieser hatte wohl nicht damit gerechnet, dass der Junge so emotional reagieren würde. Im Polizeiverhör beschrieb der damals 13-Jährige, dass der Angeklagte ihn immer wieder gebeten habe, über den Vorfall zu schweigen. Dabei habe er geheult. Der Prozess wird an diesem Montag fortgesetzt.