Ein Vorfall in einer Haßfurter Anwaltskanzlei führte in dieser Woche vor das Haßfurter Amtsgericht. Angeklagt war ein 34-Jähriger. Er musste sich wegen der "Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes" sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung verantworten.
Zugetragen hatte sich die Geschichte im Januar vergangenen Jahres. Der Arbeiter aus dem nördlichen Teil des Haßbergkreises kämpft um das Sorgerecht für seine beiden kleinen Kinder. Als er einen Rechtsanwalt aus Haßfurt um ein Originaldokument bittet, das dieser jedoch nach eigener Auskunft nicht besitzt, eskaliert in der Anwaltskanzlei die Situation. Es kommt zu einem Streitgespräch, das der 34-Jährige mit seinem Handy aufnimmt, obwohl ihm dies sein Anwalt zuvor untersagt hatte. Der Rechtsvertreter erteilt seinem Mandanten daraufhin ein Hausverbot und fordert ihn auf, die Kanzlei zu verlassen. Da der Mann dem aber nicht nachkommt, ruft der Anwalt die Polizei.
Faustschläge und Tritte
Beim Versuch eines Polizeibeamten, dem 34-Jährigen das Handy aus der Hand zu nehmen, schlägt der mit den Fäusten um sich und trifft den Ordnungshüter im Gesicht. Obwohl der Polizeibeamte den Täter am Kragen packt, gelingt dem kräftig gebauten Mann die Flucht. Der Polizist nimmt die Verfolgung auf, verdreht sich auf einer Treppe das linke Knie und muss aufgeben. Weit kommt der Flüchtende allerdings nicht: Wenig später läuft er in der Haßfurter Innenstadt der Polizei in die Arme.
Der Anwalt habe ihn als "Neger" betitelt, gab der Angeklagte mit nigerianischer Staatsangehörigkeit am Mittwoch vor Gericht zu Protokoll. Daraufhin habe er sein Handy gezückt, um mögliche weitere Schimpfwörter zu dokumentieren. Ein wenig später eintreffender Polizeibeamter habe ihm sein Handy abnehmen wollen, ohne zu fragen, was los sei. Er habe es ihm nicht gegeben, da er das Telefon brauche, um Kontakt zu seiner Mutter in Nigeria und zu seinen Kindern halten zu können. Eine Polizeibeamtin habe ihm den Kopf verdreht. Er habe Angst um sein Leben gehabt und nur noch flüchten wollen. "Ich dachte an das Schicksal von George Floyd", sagte er vor Gericht. Der Afroamerikaner George Floyd war im Mai 2020 bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis gestorben.
Ohne Voranmeldung im Büro
Anders beschrieb der Rechtsanwalt im Zeugenstand die Situation. Er habe keine Schimpfwörter benutzt, beteuerte er. Der Angeklagte sei ohne Voranmeldung im Büro erschienen. Er selbst habe aus Zeitgründen nicht auf dessen Anliegen eingehen können, worauf sich der Angeklagte vor ihm "aufgebaut" habe.
Die Ehefrau des Anwalts, die in dessen Büro mitarbeitet, sagte aus, der Angeklagte sei aggressiv gewesen. Sie habe Angst gehabt. Den Polizeibeamten habe der Angeklagte mehrmals mit Fäusten und Fußtritten getroffen. Die ebenfalls beim Einsatz beteiligte Polizeibeamtin habe den Kopf des Angeklagten nicht verdreht.
Polizist kämpfte mit den Folgen
In schlechter Erinnerung behalten hat auch der Polizeibeamte den Einsatz. Er habe sich nach eigenen Angaben bei der Verfolgung auf der Treppe schwer verletzt. Er habe einen Knorpel- und Meniskusschaden im Knie erlitten, dazu sei eine Infektion im Knie gekommen. Er sei operiert worden und fast zwei Monate dienstunfähig gewesen. Zudem habe er eine Platzwunde an der Stirn erlitten und habe eine Woche lang Kopfschmerzen gehabt.
Da der Angeklagte seine Kinder vom Kindergarten abholen musste, unterbrach der Vorsitzende die Hauptverhandlung. Sie wird am Montag, 14. März, um 11 Uhr fortgesetzt.