
Ob, wie von der Staatsanwältin vorgetragen, ein 19- jähriger Lagerarbeiter einem 66-jährigen Rentner einen heftigen Schlag in den Nacken verabreicht hat, ließ sich am Amtsgericht nicht zweifelsfrei klären. Ein eindeutiger Tatnachweis, so Richter Patrick Keller, könne nicht geführt werden. Deshalb stellte er das Verfahren wegen Körperverletzung gegen den Heranwachsenden ein.
Bei der Verhandlung ging es um einen Vorfall vom 29. Juni letzten Jahres. An diesem Sommerabend gegen 21 Uhr randalierte damals in einer Gemeinde im Maintal eine kleine Gruppe von Jugendlichen. Ob aus Langeweile, Übermut, Frust oder weil sie zu viel gebechert hatten, blieb in dem Prozess ungeklärt.
Im Zentrum der polizeilichen Ermittlungen standen vor allem zwei junge Burschen, die ganz offensichtlich über die Stränge geschlagen hatten. Einer der beiden saß nun auf der Anklagebank, weil er – wie beschrieben – einen älteren Mann geschlagen haben sollte. Sein Kumpel wurde bereits vor kurzem wegen Sachbeschädigung verurteilt, weil er bei einem geparkten Auto den Spiegel abgetreten hatte.
Der Wagen gehörte einem 33-jährigen Metallarbeiter. Dieser wollte gerade wegfahren, als er die randalierende Bande bemerkte, die sich an seinem Fahrzeug zu schaffen machte. Daraufhin holte er schnell seinen ganz in der Nähe wohnenden Vater. Am Tatort angekommen, stellte dieser die beiden jungen Burschen mit den Worten "Muss denn das sein?" zur Rede. Daraufhin, so der Rentner, sei einer der beiden auf ihn zu gerannt und habe ihm "eine reingehauen". Den Schlag beschrieb er als Hieb mit der Handkante in seinen Nackenbereich.
In der Zwischenzeit hatte der Sohn die Polizei angerufen. Die Beamten im Streifenwagen erschienen bereits wenige Minuten später, stellten die Halbstarken und vernahmen sie. Als der verletzte ältere Mann im Laufe des Abends immer noch Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich verspürte, fuhr er ins Krankenhaus nach Haßfurt und ließ sich in der Notaufnahme behandeln. Der Arzt diagnostizierte eine Prellung und verschrieb Schmerztabletten. Obwohl der Vorfall ein dreiviertel Jahr zurückliegt, habe er zeitweise immer noch Kopfschmerzen, so der Senior.
Die Sache mit der Körperverletzung gestaltete sich vor Gericht allerdings nicht so einfach, wie die Staatsanwaltschaft angenommen hatte. Der Angeklagte und sein Verteidiger, Rechtsanwalt Alexander Wessel, erklärten, keine Aussagen zur Sache machen zu wollen. Nach deutschem Recht muss ein Angeschuldigter nichts zur Sache sagen – das ist sein gutes Recht und darf ihm juristisch nicht nachteilig ausgelegt werden.
Im Zeugenstand wiederum konnten weder der Rentner noch sein Sohn den Tatverdächtigen, der für kurze Zeit im Zuhörerraum Platz genommen hatte, identifizieren. Und dann meinte der Geschlagene noch, dass der Täter irgendwie ein "südländischer Typ" gewesen sei. Und das war bei dem Beschuldigten eindeutig nicht der Fall.
Bei dieser Sachlage konstatierte der Vorsitzende, dass man "näher an einem Freispruch als an einer Verurteilung" liege. Um keine aufwändigen Nachermittlungen mit unsicheren Ergebnissen durchzuführen zu müssen, schlug er vor, das Verfahren einzustellen. Damit war auch die Staatsanwältin einverstanden. Die Kosten der Verhandlung muss die Staatskasse tragen.