Lammfromm und reumütig saß eine heute 20-jährige Auszubildende aus dem Landkreis am Dienstag auf der Anklagebank des Amtsgerichts. Dass sie auch anders kann, bewies sie in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai, der sogenannten "Walpurgisnacht", nach einem Disco-Besuch in Unterpreppach.
Nachdem sie dort den Tanztempel wegen ungebührlichen Verhaltens gegen Mitternacht verlassen musste, rastete sie vor der Diskothek komplett aus. Sie schlug auf einen herbeigeeilten Streifenwagen ein, verweigerte die Herausgabe ihrer Personalien und betitelte Polizeibeamte unter anderem als "Bastarde", "Hurensöhne" und "Bullenschweine". Als die Beamten ihr Handschellen anlegen wollten, um sie auf die Dienststelle nach Ebern mitzunehmen, widersetzte sie sich der Festnahme. Sie trat den Beamten gegen die Beine. Einem Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma biss sie durch den Lederhandschuh hindurch. Einem Polizeibeamten biss sie in beide Arme und entwendete einem weiteren ein Magazin.
Auf der Polizeistation gewütet
Mithilfe einer weiteren Polizeistreife, die aus Haßfurt kam, gelang es den Beamten dann doch noch, die junge Dame ins Polizeiauto zu verfrachten und zur Dienststelle nach Ebern zu fahren. Dort wollte sie jedoch nicht mehr aussteigen und musste von den Beamten getragen werden. Als sie in der Polizeistation auf dem Tresen herumtanzte und Plakate von den Wänden riss, legten die Beamten ihr Fußfesseln an. Dabei trat sie einem Beamten ans Knie, zeigte den "Stinkefinger" und streckte die Zunge heraus. Durch die Aktion wurden mehrere Einsatzkräfte verletzt.
Am Dienstag erhielt die 20-Jährige am Jugendgericht des Amtsgericht die Quittung für ihr Verhalten. Der Vorsitzende Richter Christoph Gillot verurteilte sie zu einem Freizeitarrest an einem Wochenende. Zudem muss sie weitere 800 Euro Schmerzensgeld an zwei geschädigte Polizeibeamte zahlen, ein Jahr auf Drogen und Alkohol verzichten und ein Anti-Gewalt-Training absolvieren.
Auf der Anklagebank entschuldigte sich die Angeklagte für ihren Fehltritt. Sie habe damals wohl zu viel Alkohol getrunken. Sie habe damals eine schwierige Zeit durchgemacht. In ihrer Familie habe es einen Schicksalsschlag gegeben und ihr Freund habe sie betrogen. Zur Tatzeit hatte sie laut einem ärztlichen Gutachten rund 1,2 Promille Alkohol, Beruhigungsmittel plus Cannabis im Blut.
Es war nicht der erste Ausraster der Angeklagten
Es handelte sich nicht um den ersten Ausraster der jungen Dame. Bereits im August vergangenen Jahres musste sie sich wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Widerstands gegen Polizisten und Beleidigung verantworten. Damals wurde das Verfahren jedoch wegen Schuldunfähigkeit eingestellt.
Auf denselben Zug versuchte Verteidiger Andre Kamphausen wieder aufzuspringen. Die Steuerungsfähigkeit seiner Mandantin sei möglicherweise eingeschränkt gewesen. Die wiege keine 50 Kilogramm. Da könne auch schon ein geringer Alkoholpegel fatale Folgen haben, meinte der Anwalt und beantragte eine Geldauflage nach Jugendstrafrecht.
Der Vorsitzende sah es anders. Denn auf einem Polizeivideo, das im Gerichtssaal abgespielt wurde, wirkte die Angeklagte nicht betrunken oder unzurechnungsfähig. "Ihr Verhalten war wie die Sau", schrieb er der 20-Jährigen hinter die Ohren. Die Beamten seien hingegen unglaublich geduldig und zuvorkommend gewesen. "Da hätte ich Mühe gehabt", räumte der Vorsitzende ein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.