
Im Laufe des letzten Jahres, berichtete der 63-jährige Zeuge vor Gericht, seien immer wieder mal Steine auf die Pergola seines Anwesens geworfen worden, das in einem größeren Ort im Maintal liege. Als er es dann an einem Samstagnachmittag im September letzten Jahres erneut heftig scheppern hörte, sei er schnell ins Garteneck gerannt und habe seine Nachbarin dabei ertappt, wie sie von ihrem Balkon aus mit einer ausholenden Wurfbewegung weitere Steine habe werfen wollen. "Jetzt habe ich dich erwischt!", habe er gerufen und die Polizei gerufen.
Er erstattete Anzeige wegen Sachbeschädigung. Die Staatsanwaltschaft schickte der nicht vorbestraften Frau (62) im Dezember 2020 einen Strafbefehl über 30 Tagessätze á 40 Euro zu. Da die Beschuldigte gegen diese Geldstrafe von 1200 Euro mit Hilfe ihres Rechtsanwalts Steffen Vogel Einspruch einlegte, kam es nun zu einer öffentlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht der Kreisstadt. Den Verhandlungsvorsitz hatte der amtierende Direktor Dr. Christoph Gillot inne.
War eine Grillparty der Auslöser für den Streit?
Erst einmal bestritt die Angeklagte die Vorwürfe, machte aber keine weiteren Angaben zur Sache. Da es sich vermutlich um einen Nachbarschaftsstreit handelte, versuchte der Richter, das Motiv für die Steinwürfe zu ergründen. Zwar hatte sich die Angeschuldigte vor längerer Zeit einmal über laute Stimmen aus dem Garten des Geschädigten bei einer Grillparty beschwert, aber es blieb unklar, ob dies etwas mit der verhandelten Sachbeschädigung zu tun hatte.
Als dann der Nachbar in den Zeugenstand trat, betonte er wörtlich, sich "tausendprozentig" sicher zu sein, die Angeklagte damals beim Steinewerfen gesehen zu haben. Dabei seien die beiden Löcher in den Kunststoffplatten entstanden. Zudem habe ihm eine andere Nachbarin bestätigt, gesehen zu haben, wie die Beschuldigte vor dem Haus Steine aufgesammelt hätte. Nachdem er ausgesagt hatte, hegten die Juristen keinen Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit.
Die Reparatur kostet rund 1500 Euro
Auf Nachfrage des Gerichts erklärte der Hauseigentümer, dass er bei einer Fachfirma ein Angebot für die Reparatur der Pergola in Auftrag gegeben habe. Demnach würde die Montage von neuen Platten etwa 1500 Euro kosten. Der Zeuge machte klar, dass er bei einer strafrechtlichen Verurteilung die Frau privatrechtlich auf Schadensersatz verklagen werde. Allerdings, klärte ihn der Richter auf, hätte er nur einen Anspruch auf den Zeitwert und ein Zivilgericht würde sicherlich aufgrund des Alters der Pergola von etwa 15 bis 20 Jahre einen gewissen Abschlag vom Neupreis vornehmen.
Nach einer Besprechung mit seiner Mandantin betonte Verteidiger Vogel, dass diese bislang strafrechtlich völlig unbescholten sei und regte an, das Verfahren nicht mit einer Verurteilung, sondern mit einer Einstellung unter Auflagen zu beenden. Da sich weder der Vorsitzende noch die Oberstaatsanwältin Tanja Zechnall diesem Ansinnen widersetzten, kam zu dem einvernehmlichen Vergleich, der vor allem den Rechtsfrieden sichern und zugleich einen weiteren Zivilprozess überflüssig machen soll.
Die Frau zahlt 1000 Euro Schadenersatz
Danach verpflichtet sich die Frau zu zwei Dingen: Erstens zahlt sie ihrem Nachbarn bis zum 2. März dieses Jahres genau 1000 Euro und zweitens erklärte sie, dass sie zukünftig keine Steine oder andere Gegenstände mehr auf dessen Grundstück werfen werde. Diese Lösung bietet allen Beteiligten große Vorteile: Die Frau gilt nicht als vorbestraft und der Geschädigte muss keinen Schadensersatzprozess führen und danach - eventuell vergeblich - sein Geld einzutreiben versuchen. Mit diesem Vergleich sind sämtliche Ansprüche endgültig erledigt.