
Eine Binsenweisheit: Wer Tiere hält, muss sich um sie kümmern und trägt dafür die Verantwortung. Ein 37-jähriger Landwirt aus dem Landkreis Haßberge, der eine 250-köpfige Rinderherde hielt, vernachlässigte diese Aufgabe sträflich. Durch Abmagerung, Parasitenbefall und Durchfall verendeten innerhalb eines Monats sechs seiner Tiere. Der bislang nicht vorbestrafte Mann wurde zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt.
Der Angeklagte selber erläuterte die Umstände, die zu den üblen Vorfällen führten. Wie er ausführte, habe er 2004 den Familienbetrieb übernommen. Über viele Jahre habe seine Mutter Regie über das landwirtschaftliche Unternehmen geführt. Sie habe bei der Milchviehhaltung selbst Hand angelegt und alle Arbeiten überwacht und gesteuert. Auch die Buchhaltung sei von ihr erledigt worden. Als sie Mitte 2019 schwer an Krebs erkrankt und einige Zeit darauf verstorben sei, habe das Dilemma seinen Lauf genommen.
Nach dem Tod der Mutter verschlimmerte sich die Situation zunehmend
Er, der Landwirt, sei mit der großen Milchviehhaltung zunehmend nicht mehr zurechtgekommen. Hilfskräfte aus Osteuropa hätte auch keine Entlastung gebracht. Er sei schlichtweg von der Situation überfordert gewesen; und mit der Zeit habe sich die Tierhaltung immer mehr verschlechtert. Kurz, nachdem das Veterinäramt Alarm schlug, starben zwischen Mitte Dezember 2020 und Mitte Januar 2021 die besagten Rinder.
Heuer im Juni erhielt der Bauer Post vom Staatsanwalt. Laut Strafbefehl sollte er wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 40 Euro, also insgesamt 5600 Euro bezahlen. Das ist nicht bloß eine erkleckliche Summe, sondern bei einer Verurteilung von mehr als 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft. Von daher legte er gegen den Strafbefehl Einspruch ein.
Als Verteidiger stand Hubertus Benecke, Fachanwalt für Agrarrecht, seinem Mandanten zur Seite. Er informierte das Gericht, dass es in dem Betrieb beispielsweise nur ein einziges Konto gebe, über das sämtliche betriebliche und persönliche Ausgaben und Einnahmen liefen. Insofern habe man auch keinen Überblick darüber, wieviel Geld für private Zwecke entnommen würden. "Es ist noch die alte Schule", meinte der Advokat.
Erneute Überprüfung ergibt keine offenen Beanstandungen
Auf Nachfrage der Juristen erklärte der Beschuldigte, dass er seit März 2021 die arbeitsintensive Milchviehhaltung aufgegeben habe. Von ehemals drei Standorten habe er einen Standort – wo ein alter Stall stand – aufgegeben und betreibe nunmehr bloß noch eine Rindermast mit rund 120 Tieren. Der Staatsanwalt informierte in diesem Zusammenhang über eine kürzlich vom Veterinäramt durchgeführte Prüfung. Demnach handelt es sich heute bei der landwirtschaftlichen Tierhaltung des Bauern zwar keineswegs um einen Vorzeigebetrieb, aber immerhin gab es keine offenen Beanstandungen.
Die Geldstrafe liegt unterhalt der Schwelle zur Vorstrafe
Von daher fiel es allen Juristen nicht schwer, die Geldstrafe zu reduzieren und unterhalb der Schwelle für eine Vorstrafe zu bleiben. Dass der Angeklagte über keine Reichtümer verfügt, sah man an dem von ihm vorgelegten letzten Steuerbescheid. Demnach hat er im vergangenen Jahr einen relativ hohen Verlust erwirtschaftet. Übereinstimmend beantragten der Vertreter der Anklage und der Verteidiger 90 Tagessätze á zehn Euro. Das Urteil wurde von allen Seiten angenommen und ist damit rechtskräftig.