
Die Tiere, die ein 39-jähriger Landwirt gemeinsam mit seinen Eltern auf einem Bauernhof in den Haßbergen versorgt, bedeuten ihm viel. Zur Zeit seien es 27 Kühe, Bullen und Kälber sagte der Landwirt am Mittwoch am Amtsgericht. Dort saß er als Angeklagter, vor allem deshalb, weil seine Mutter anderer Meinung ist. Für sie sind die Tiere eine Belastung. Die Kühe hätten sie bereits verletzt. Sie hätten den Garten zerstört und der Hof sei voller Mist, so die Mutter. Die Schweinehaltung hätten sie daher bereits aufgegeben, sagte der Angeklagte.
Im Sommer vergangenen Jahres eskalierte die angespannte Lage innerhalb der Familie. Der Sohn soll seine Mutter so hart am Arm angepackt haben, dass sie ein Hämatom erlitt, das im Gerichtssaal auf einem Großbildschirm zu sehen war. Dazu soll er sie weggestoßen, sie beleidigt und bespuckt haben. Die Frau Mitte 60 erstattete Anzeige wegen Körperverletzung und Beleidigung. In der Folge erhielt der Sohn einen Strafbefehl über 30 Tagessätze zu 50 Euro, also 1500 Euro, gegen den er Einspruch einlegte, sodass es zur Verhandlung am Amtsgericht kam.
Dort gab der Angeklagte seinen Ausraster zu und musste sich vom Vorsitzenden Richter Patrick Keller belehren lassen, dass das Strafmaß von 30 Tagessätzen "äußerst angemessen" und "milde" sei.
Heimlich Gespräche aufgezeichnet: Angeklagte bringt sich selbst in die Bredouille
Um sich zu entlasten, überreichte der Angeklagte dem Vorsitzenden eine CD mit Mitschnitten von Gesprächen seiner Eltern, die von den Aufnahmen jedoch nichts wussten. Doch dieser Entlastungsversuch ging nach hinten los: "Das ist eine Straftat", belehrte ihn der Vorsitzende. Denn nach Paragraf 201 des Strafgesetzbuchs sei es verboten, das "nicht öffentlich gesprochene Wort" aufzunehmen. Der Angeklagte verzichtete daraufhin auf eine Wiedergabe der Gespräche in der Hauptverhandlung und vermied so ein weiteres Strafverfahren gegen ihn.
Den elterlichen Hof hat er nie verlassen. Nach seiner Ausbildung zum Mechaniker arbeitete er in verschiedenen Firmen, wurde aber schließlich wegen Auftragsmangels gekündigt. Seitdem arbeitet er in dem landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern mit, repariert nach eigenen Angaben Fahrzeuge und Maschinen, macht Holz für den Winter und versorgt die Tiere. Offiziell angestellt sei er nicht. Er erhalte Essen, Kleidung und Unterkunft und der Vater bezahle ihm die Krankenversicherung. "Das ist ein Teufelskreis, das macht doch keine Frau mit", stellte der Vorsitzende fest.
Doch aus seinem Elternhaus auszuziehen und eine Arbeitsstelle anzutreten, kommt für den gelernten Mechaniker nicht in Frage. Zu sehr liegen ihm die Tiere am Herzen: "Ich war einmal zwei Tage weg, da schwammen die Kälber im Mist", schilderte er dem Gericht.
Richter empfiehlt dem Vater, dem Sohn Lohn zu bezahlen
Um den Eltern eine Aussage vor Gericht gegen ihren Sohn und damit wohl eine Schlammschlacht zu ersparen, bot der Vorsitzende dem Angeklagten an, die Tagessatzhöhe auf 20 Euro – und die Strafe damit auf 600 Euro - zu reduzieren, was der 39-Jährige akzeptierte. Rund 1500 Euro habe er noch auf seinem Girokonto – aus früheren Arbeitsstellen, gab der Angeklagte zu Protokoll. Weiteres Vermögen habe er nicht. Den Hof werde er einmal nicht erben. Er erhalte nur seinen Pflichtteil. Dem Vater empfahl der Richter, seinen Sohn zu entlohnen. "Sie sind nicht der Knecht", gab er dem Angeklagten mit auf den Heimweg, den die Familie gemeinsam antrat.