Gelungene Beispiele, wie in alten Mauern neues Leben entstehen kann, wurden am Donnerstag im Rahmen einer „Denkmaltour“ durch den Landkreis erkundet. Landrat Wilhelm Schneider besuchte mit dem „obersten Denkmalschützer Bayerns“, Generalkonservator Professor Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, vier besondere Projekte. Mit Referatsleiter Dr. Martin Brandl und Gebietsreferent Christian Schmidt von der Landesamt-Dienststelle Schloss Seehof sowie David Filberich, dem Leiter der Abteilung Bau und Umwelt am Landratsamt, und Bernhard Joos als Ansprechpartner für die Denkmalpflege im Heimatkreis, komplettierte sich die Runde der Fachleute.
Ferien im Köslauer Brauhaus
Das alte Brauhaus im Königsberger Stadtteil Köslau war ein Anlaufpunkt der Tour. Liebevoll wieder hergerichtet, ist das historische Haus nun Herberge für Erholungssuchende. Der privaten Initiative der Familie Schuhmann ist es zu verdanken, dass dort mit der Vermietung von Ferienwohnungen wieder Leben herrscht. Die aus Oberfranken stammende Familie war im Jahr 2003 auf der Suche nach einem Altersruhesitz und fand im verschlafenen Köslau ihr Fachwerkhaus auf einem Vierseithof, das sie für ihre eigenen Wohnzwecke herrichtete. Vorteilhaft dabei war, dass Thomas Schuhmann als Schreinermeister mit eigener Werkstatt in Wiesengiech bei Scheßlitz viel von der Materie versteht und seine Vorstellungen und die seiner Frau Silvia perfekt umsetzen konnte. Zu dem Wohnhaus gesellte sich eine alte Durchfahrtsscheune, die im Bauhausstil ebenfalls zur Ferienwohnung umgebaut und mit 5 Sternen klassifiziert wurde. Als das direkt an das Grundstück der Schuhmanns angrenzende Brauhaus vor acht Jahren zum Verkauf stand, musste das Ehepaar nicht lange überlegen und erwarb das leerstehende Gebäude mit dem umgebenden Brachland. Eine in neuerer Zeit angebaute Maschinenhalle wurde zurückgebaut und das Innere des vermutlich aus dem Jahre 1850 stammende Brauhauses komplett saniert. Ein Bild im Eingangsbereich zeugt heute noch von dem Durcheinander, das dort herrschte, bevor die Sanierungsarbeiten begannen.
Gute Zusammenarbeit
„Die Herausforderung war, ein seit dem letzten Jahrhundert ungenutztes Gebäude mit aller erforderlichen Infrastruktur und Einrichtung auszustatten und gleichzeitig die alte Bausubstanz weitgehend zu schonen“, erzählte Silvia Schuhmann den Besuchern. In Absprache mit der Denkmalpflege wurde behutsam restauriert und so ein spannendes Miteinander von alt und modern geschaffen. Thomas Schuhmann betont, dass der Denkmalschutz keineswegs alles verbiete: „Wir haben sehr gut mit der Behörde zusammengearbeitet.“
„Sehr beeindruckend“, nannte Generalkonservator Mathias Pfeil das Brauhaus in seinem heutigen Erscheinungsbild und lobte das außerordentliche Engagement der Familie Schuhmann. Insgesamt vier Ferienwohnungen sind dort untergebracht, zwei davon aufgewertet mit Infrarot-Sauna und Whirlpool. Für die Hausherren wurde die Gestaltung der einzelnen Wohnungen zur Spielwiese. Die leidenschaftliche Schreinerfamilie hatte viele neue Ideen. Auch die verschiedensten Varianten der hauseigenen Möbelmarke „Eichenfrau“ wurden realisiert. Viel Wert legten Silvia und Thomas Schuhmann auf das Prädikat „Made in Germany“ sowie auf nachhaltige und hochwertige Naturmaterialien. Auch auf die nachhaltige Energiegwinnung und -nutzung sowie die Vermeidung von kurzlebigen Produkten und Kunststoffen wurde ein Augenmerk gelegt. Und mit dem „Loft 47“, so der Arbeitstitel, der seinen Namen vom vierten Entwurf in der siebten Version hat, entsteht gerade ein neues Projekt. Auf dem Brauhaus-Grundstück, direkt neben dem idyllischen Teich wird zurzeit fleißig gebaut. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll hier eine weitere Ferienwohnung fertig werden, die in ihrer Bauweise und Ausstattung etwas Besonderes ist. Landrat Wilhelm Schneider war sich mit den Denkmalschutz-Fachleuten einig, dass der Kontrast nicht spannender sein könne, als wie er hier verwirklicht wird. Gebietsreferent Christian Schmidt erklärte, dass der Denkmalschutz durchaus für moderne Ergänzungen offen stehe.
Stattlicher Bauernhof
Weitere Stationen der Denkmaltour waren in Rügheim, Königsberg und Zeil. Die junge Familie Vierneusel hatte sich in Rügheim in einen stattlichen, vollständig erhaltenen und kaum veränderten Bauernhof verliebt. Mit viel Aufwand wurde das gesamte Anwesen denkmalgerecht restauriert. Mit Unterstützung des Freistaates Bayern wurde das Baudenkmal sorgsam erhalten und gleichzeitig eine Wohn- und Lebenslandschaft für die Familie erschaffen.
Vor gut zwei Jahrzehnten wurde auch in Königsberg mit öffentlicher Förderung das ehemalige Kommunalbrauhaus instand gesetzt. Ein lebendiges Zentrum ist hier entstanden, das neben einem kleinen Café hauptsächlich Künstlerateliers beheimatet. Das verrät schon der Name „Kunsthandwerkerhof“.
Segen für die Stadt Zeil
In Zeil ist es der Familie Nüßlein gelungen, das neben ihrem Stammhaus stehende Nachbarhaus zu erwerben. Der Fachwerkbau mit seinem großen Innenhof und dem urigen Gewölbekeller wurde im vorderen Teil denkmalgerecht restauriert. Da nur dort historische Substanz vorhanden war, entschied man sich zur modernen Ergänzung im hinteren Bereich und bietet heute schöne, charaktervolle Räume, in denen die Weine der Winzerfamilie präsentiert werden. Bürgermeister Thomas Stadelmann, der zu der Besichtigung dazu stieß, erklärte, dass es ein Segen für die Stadt gewesen sei, dass die Familie Nüßlein das am Marktplatz gelegene Fachwerkhaus in neuem Glanz habe erstrahlen lassen.
Generalkonservator Pfeil zeigte sich erfreut über die vielen wunderschönen Gebäude, die er bei der Rundreise kennenlernen durfte. „Alte und moderne Architektur lassen zusammen Kunstwerke entstehen“. Vergleichbare Wohnerlebnisse würden sich heute als Neubau nicht mehr schaffen lassen, war Pfeil sich sicher und sagte zu, dass die Denkmalpflege auch in Zukunft den bauliche Vorstellungen der Eigentümer von historischen Gebäuden offen gegenüber stehen werde.