
Etliche Brunnen dienten Anfang des 20. Jahrhunderts dem Zweck der Wasserversorgung in der Stadt Hofheim. Die zwei wichtigsten waren in der Hauptstraße vor dem "Fränkischen Hof" und auf dem Marktplatz zu finden. Beide waren so tief, dass sie immer Anschluss ans Grundwasser hatten und daher auch in Trockenjahren nicht versagten.
Es waren keine "laufenden Brunnen" wie beispielsweise die Lendershäuser sie besaßen. Das Wasser musste erst herauf gepumpt werden. Eine mühsame Arbeit, vor allem für landwirtschaftliche Wasserbezieher mit viel Viehbestand, wie auch für die Posthalter mit ihren annähernd 50 Pferden für den Post-Omnibusbetrieb. An den Brunnen war in den Abendstunden überwiegend eine Schlange von Butten- und Eimerträgerinnen zu sehen, die sich die Wartezeit mit Neuigkeiten verkürzten.
Viele Fortschrittsgegner
Solange es im Sommer trocken oder im Winter kalt war, war das aus den Brunnen gepumpte Wasser klar und frisch. Wenn es aber längere Zeit regnete, stellten sich Trübungen ein – bei Dauerregen kam sogar ein Stich ins Gelbbräunliche hinzu. Eine durch die Aufsichtsbehörde veranlasste Wasseruntersuchung in Würzburg brachte energischen Druck von oben. Und so kamen das Bezirksamt und die Regierung zu dem Schluss: Die Stadt Hofheim müsse eine Wasserleitung bauen.
Aber die "alten Hofinger" waren davon nicht so leicht zu überzeugen. "Seit unserer Väterzeit hatten wir kein anderes Wasser. Es tat gut, wir blieben gesund und wurden alt dabei. Was brauchen wir so eine teure Sache wie die unnötige Wasserleitung?", lautete das Hauptargument. Allerdings hatten die Fortschrittsgegner auch wenig Beziehung zum feuchten Element. Gebadet wurden sie nur als Kinder. Richtig nass wurden sie bestenfalls, wenn auf dem Feld ein Gewitterguss sie erwischte. Das genügte ihnen. Wannenbäder waren bei vielen verpönt.
Warum Wasser trinken?
An Trinkwasser bestand auch kein sonderliches Interesse, denn es gab in der Stadt eine Bierbrauerei mit Ausschank, drei Bierwirtschaften und Weinschenken. Zudem blühte die Hausbrauerei. Wozu dann also eine Wasserleitung? Selbst das damalige Stadtoberhaupt Karl Josef Hirt, Bürgermeister von 1894 bis 1911, gehörte zu den schärfsten Gegnern und schwor : "In mein Haus kommt, solange ich lebe, keine Wasserleitung."

In einer Bürgerversammlung im Februar 1908 wurde die Errichtung der Wasserleitung in Hofheim dann auch mit vier Stimmen Mehrheit abgelehnt. Doch Bezirksamt und Regierung ließen nicht nach und drohten Zwangsmaßnahmen an, um das Wasserleitungsprojekt zur Ausführung zu bringen. So wurde auf Anregung des Bezirksamts eine zweite Bürgerversammlung für Sonntag, 15. März 1908, einberufen. In der öffentlichen Bekanntmachung dazu stand, dass vollzähliges Erscheinen der Bürger erwartet werde und bei unentschuldigtem Ausbleiben mit einer Geldstrafe bis zu 1,80 Mark zugunsten der Armenkasse zu rechnen sei.
An jenem Sonntag stimmten nach einer über zweistündigen, lebhaften Debatte 27 Bürger gegen und 51 für den Bau einer Wasserleitung in Hofheim. So konnten die Planung und spätere Verwirklichung der umstrittenen Wasserversorgungsanlage endlich beginnen.