Etwa bis in die 1980er Jahre holten Landwirte aus den Staatswäldern Stammholz mit ihren Pferden. Damals waren noch Kommandos wie "Hü", "Hott" und "Brr" zu hören. Es war die Sprache der Fuhrmänner, der Leute, die ihre vor Anstrengung schnaubenden Tiere durch den Forst lenkten. Nach und nach wurden sie von Traktoren mit Seilwinden abgelöst. Heute stehen moderne und leistungsfähige Maschinen zur Verfügung, mit denen Forstunternehmer das Stammholz aus dem Wald holen und zum Abholen in die Sägewerke bereitlegen.
"Ja", sagt Anton Fuchs aus Bramberg, "Hü bedeutet, dass die Pferde nach links gehen sollten, Hott heißt nach rechts." Oft habe man da auch mit der Zunge geschnalzt, um die Pferde zum Vorwärtsgang, zum Ziehen zu bewegen. "Wenn sie stehen bleiben sollten, wurde ,Brr' gerufen", sagt Fuchs.
Der 95-jährige Bramberger war früher mit seinen Pferden in den Wintermonaten im Wald unterwegs, um, wie er sagt, "für die Förster Stammholz zu rücken". Er erinnert sich: "Schon als junger Mann, nachdem ich im Jahr 1950 aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause gekommen war, haben wir in Bramberg mit unseren Gäulen Stammholz aus dem Staatswald geschleift." Mit dabei war auch sein Nachbar Eduard Ankenbrand und dessen Bruder Georg. "Der Eduard ist mittlerweile gestorben, aber sein Bruder Georg lebt noch", sinniert Anton Fuchs.
Gefahren im unwegsamen Gelände
Es waren schwere Zeiten mit den Pferden im Wald, weiß Anton Fuchs. Im unwegsamen Gelände war es gefährlich, Holz zu rücken. "Da musstest du immer auf der Hut sein, vorausdenken, was passieren könnte", sagt der Senior. Er und Eduard Ankenbrand führten die Pferde an der Leine, waren die "Chefs der Gespanne". Eduard wurde von seinem Bruder Georg unterstützt, Werner Welsch aus Unterpreppach war der Helfer von Anton Fuchs.
Oft kam es vor, dass ein Pferdegespann nicht ausreichte, um schwere Eichen oder Buchen zu ziehen. "Da mussten wir unsere beiden Gespanne zusammenspannen, um die großen Bäume raus ziehen zu können", sagt Anton Fuchs.
Bei mehreren Förstern des Staatswaldes standen die Bramberger als Holzrücker ihn Lohn und Brot. "In Bramberg war der erste Förster, bei dem mein Bruder Eduard und ich arbeiteten, Josef Schäfer. Es folgte Harald Kaiser. Alfred Schramm war Förster in Hofstetten und Klaus Reiser in Hohnhausen", sagt der heute 86-jährige Georg Ankenbrand.
Das Pferd schlug aus: Arm gebrochen
Auch der "Fuchsen Toni", wie Anton Fuchs genannt wird, hat für diese Förster mit seinen Pferden gearbeitet. Anton Fuchs erzählt, dass er sich einmal einen Arm gebrochen hat, als eines seiner Pferde ausgeschlagen hat. Und Georg Ankenbrand erinnert sich, dass die Pferde an einem Steilhang einmal stürzten und eines der Rösser mit dem Rücken in einem Graben, die Beine nach oben, liegenblieb. "Da hatten wir ganz schön zu tun, um den Gaul wieder auf die Beine zu stellen", sagt der Senior.
Täglich fuhren Anton Fuchs und Eduard Ankenbrand mit ihren beiden Helfern Georg und Werner bei Wind und Wetter in die Wälder der drei Forstreviere Bramberg, Hofstetten und Hohnhausen. Am liebsten dann, wenn Schnee lag. Denn dann ließen sich die Stämme leichter ziehen.
Oft mussten die "Holzschleifer" mehrere Kilometer mit ihren Pferden und Wagen fahren, um an die Einsatzorte zu kommen. "Die Stämme waren manchmal so zugeschneit, dass man sie abkehren musste, um überhaupt sehen zu können, wo man die Kette anbringen konnte", weiß der "Fuchsen Toni".
Bei ihren Pferden handelte es sich um sogenannte Kaltblüter, schwere Tiere mit einem gutmütigen, ruhigen Wesen. Die hatten einiges zu leisten. "Sie mussten gut im Futter stehen, um die schwere Arbeit bewältigen zu können", sagt Fuchs. Während der Arbeit hätten die Pferde oft ganz schön ,gedampft', schildert er. In der Mittagspause wurden sie in dicke Stoffdecken gehüllt, um nicht auszukühlen und nicht krank zu werden.
Am Lagerfeuer mit den Holzmachern
Auf dem Gesicht von Toni Fuchs erscheint ein Lächeln. "Die Mittagspausen machten wir manchmal am Lagerfeuer zusammen mit den Holzmachern, da wurde geredet, viel gelacht und manchmal auch a Kästla Bier zusammen getrunken." Man merkt dem 95-jährigen Toni an, dass er gerne an diese Zeit zurückdenkt. Er überlegt kurz, dann nennt er einige Namen von Personen, die damals im Wald gearbeitet haben: August Ankenbrand, Franz Endler, Josef Mai, Edgar Steinmetz, Gerhard Stark und Willi Schneider, fallen ihm ein.
"Der Schneiders Willi wurde später Förster und hat bis zu seiner Pension in der Stadt Königsberg als Stadtförster gearbeitet", erzählt Anton Fuchs. Oft waren in den Forstrevieren auch junge Forstanwärter da, mit denen man, wie mit den Waldarbeitern und den zuständigen Revierleitern, ein gutes Verhältnis pflegte. "Da hat mancher mal zur Mittagspause mit seinem Jagdhorn geblasen", grinst Anton Fuchs.
Dann hellt sich sein Gesicht auf: "Mensch, die Holzhackerbälle, meist waren sie beim Barthelmes in Hofstetten, aber auch beim Andres in Jesserndorf. Das waren damals Attraktionen. Die beiden Tanzsäle bei den Wirten waren damals immer brechvoll", sagt der Senior. Auch die Betriebsausflüge des Forstreviers Hofstetten hätten die Geselligkeit und Zusammengehörigkeit aller "Waldler" gefestigt.
Schwarze Kaltblüter namens Hans und Fanny
"Wir hatten zusammen schöne Zeiten und ich habe mit meinen Gäulen gerne im Wald gearbeitet", erzählte er. Er hatte, während er mit seinen Pferden Holz rückte, insgesamt "sechs Gäul", schwarze Kaltblüter, sagt er. An die Namen Hans und Fanny kann er sich noch erinnern, wobei er Fanny als sein bestes Pferd bezeichnet. Georg Ankenbrand weiß auch noch die Namen der Pferde, die für seinen Bruder Eduard und ihn arbeiteten. "Das waren Max und Moritz", grinst er.
Die "Holzschleifer" Fuchs und Ankenbrand waren ein gutes Team, sagen beide. Es war selbstverständlich, dass man sich gegenseitig aushalf und sich bei Bedarf unterstützte. "Wir haben uns immer gut verstanden. Wir waren ja auch Nachbarn, da gab es kein Konkurrenzdenken", macht Anton Fuchs deutlich.
Konkurrenz vom motorisierten Schlepper
Konkurrenz? "Ja, die gab es später schon, als der Bauer Haseloff aus Köslau mit seinem Schlepper mit Seilwinde in das Holzschleifen einstieg, das war etwa in den Jahren 1968 bis 1980", sagt Anton Fuchs. Da habe man mit den Pferden nicht mehr mithalten können. Aber insgesamt seien er und die Ankenbrands ganz gut zurechtgekommen.
Die beiden Senioren denken gerne an die Zeit zurück, als sie im Wald mit ihren Pferden in den Wintermonaten arbeiteten. "Es war eine schöne Zeit, auch wenn uns und unseren Gäulen körperlich viel abverlangt wurde", sagen sie unisono.
Heute wird diese schwere Arbeit nicht mehr mit Muskelkraft, sondern maschinell erledigt. "Pfleglicher für den Wald war es mit unseren Tieren, als das heute mit den Maschinen geschieht", sagt Anton Fuchs. Er und Georg Ankenbrand freuen sich noch heute, wenn sie ab und an mal einen alten Weggefährten treffen. "Da werden viele Erinnerungen wach, an die man sonst gar nicht mehr so denkt", sagt der "Fuchsen Toni" und es scheint, als trauere er dieser harten, teils entbehrungsreichen Zeit, etwas nach. "Hü", "Hott" und "Brr" haben ausgedient.