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ZEIL
"Allmilmö" stellt Insolvenzantrag
Die Hersteller der Premiumküchen „allmilmö“, „Zeyko“ und „Nolff“ mit derzeit rund 300 Beschäftigten – davon etwa 200 in Zeil – haben Insolvenzantrag gestellt. Die Geschäftsbetriebe laufen nahtlos weiter, alle Gesellschaften wollen die Möglichkeiten des Insolvenzrechts zur Sanierung aktiv nutzen, so die Mitteilung von Rechtsanwalt Dr. Hubert Ampferl aus Nürnberg, der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde.
Foto: Wolfgang Sandler | Die Hersteller der Premiumküchen „allmilmö“, „Zeyko“ und „Nolff“ mit derzeit rund 300 Beschäftigten – davon etwa 200 in Zeil – haben Insolvenzantrag gestellt.
Von unserem Redaktionsmitglied Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:12 Uhr

„Es trifft ins Mark!“ Bürgermeister Thomas Stadelmann ist sichtlich bewegt. Der Zeiler Küchenhersteller „Allmilmö“ hat beim Bamberger Amtsgericht Insolvenz angemeldet. „Für den Standort Zeil eine Katastrophe“, so das Stadtoberhaupt gegenüber der Heimatzeitung. „Da hängen rund 200 Arbeitsplätze dran, die meisten aus unserer Region, aus Zeil und Sand.“

Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde der auf die Sanierung von Unternehmen unter Insolvenzbedingungen spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Hubert Ampferl aus Nürnberg bestellt. Die genau wie „Allmilmö“ von der Insolvenz betroffenen Premiumküchenhersteller „Zeyko“ und „Nolff“ aus der La-Cour-Gruppe haben ebenfalls Insolvenzantrag gestellt. Alle drei Gesellschaften wollen die Möglichkeiten des Insolvenzrechts zur Sanierung aktiv nutzen. Die Geschäftsbetriebe laufen in Zeil nahtlos weiter, teilte der Insolvenzverwalter der Heimatzeitung mit. „Die Insolvenzantragstellung hat keine Auswirkungen auf den laufenden Geschäftsbetrieb“, betonte Ampferl, der schon am Freitag die Arbeit vor Ort aufgenommen hat. Die Löhne und Gehälter der rund 300 Beschäftigten – etwa 200 davon im „Zeiler Möbelwerk“ – sind über das Insolvenzgeld bis Ende April gesichert. Im Rahmen der vom Amtsgericht Bamberg angeordneten „vorläufigen Insolvenzverwaltung“ werde nun erst einmal überprüft, ob die Firma wirklich zahlungsunfähig ist, also die Voraussetzung für einen Insolvenzantrag gegeben sind.

Belegschaft und Kunden wurden bereits informiert, teilte Werner Hörnschemeyer, Geschäftsführer Technik und Personal für alle La-Cour-Werke, auf Anfrage der Heimatzeitung am Dienstag mit. Es sollen aber noch Betriebsversammlungen an den verschiedenen Produktionsstandorten in Zeil, Mönchweiler und Murrhardt umfassend über die aktuelle Lage informieren.

Alle Aufträge und neuen Bestellungen würden weiterhin in der gewohnten Qualität und Zuverlässigkeit ausgeführt. Bereits in wenigen Tagen werden wie geplant Kundenbesuche aus China und Japan stattfinden, so die Mitteilung des Insolvenzverwalters.

„Grund für die jetzige Situation war ein immer schwierigeres Wettbewerbsumfeld mit stetig steigendem Kostendruck“, so der Geschäftsführer Johannes la Cour. Die weiteren Unternehmen der La-Cour-Gruppe sind nicht von der Insolvenz betroffen.

In den nächsten Wochen wird der vorläufige Insolvenzverwalter gemeinsam mit der Geschäftsleitung eine Sanierungslösung erarbeiten, um die Geschäftsbetriebe als Ganzes und damit die Arbeitsplätze zu erhalten. Diese soll bis 1. Mai nach Möglichkeit umgesetzt sein. Zu den Sanierungschancen führt Insolvenzverwalter Ampferl aus, dass „auf Grund des hohen technischen Know-Hows der Mitarbeiter und der Innovativität die Unternehmen sowohl für strategische als auch für Finanzinvestoren äußerst attraktiv sind“.

Bürgermeister Stadelmann wurde von der Entwicklung kalt erwischt. „Ich habe selbst 17 Jahre in dem Unternehmen gearbeitet“, so Stadelmann, der noch viele Belegschaftsmitglieder von damals kennt. Eine Ironie des Schicksals stellt für den Zeiler Bürgermeister der Umstand dar, dass er am Freitag von einem ehemaligen Kollegen aus der Führungsebene über die drohende Insolvenz in Kenntnis gesetzt wurde. Genau wie 21 Jahre zuvor, als ebenfalls an einem Faschingsfreitag die Mitarbeiter des damaligen Milewski Möbelwerks über den damaligen Konkurs informiert wurden. „Ich kenne viele Mitarbeiter, die schon damals dabei waren – die sind jetzt aber 21 Jahre älter.“ Das Zeiler Stadtoberhaupt will mit Betriebsrat und Geschäftsführung sprechen und die Möglichkeiten ausloten, wie es weitergehen kann. Wobei sich Stadelmann die Frage stellt, wie ein Weitermachen aussehen könnte. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass mit weniger Personal so weiterproduziert werden kann.“ Dass es in den vergangenen Jahren „immer wieder mal auf und ab ging“, war dem Bürgermeister wohl bekannt. Aber nachdem er im vergangenen Herbst noch erfahren hatte, dass es aufwärts geht, nicht zuletzt, weil die Objektgeschäfte gut liefen, sei die Nachricht von der Insolvenz umso überraschender und tragischer.

Der Insolvenzverwalter

Rechtsanwalt Dr. Hubert Ampferl:

ist Partner der Kanzlei Dr. Beck & Partner. Die Kanzlei mit Standorten in Ansbach, Augsburg, Hof, Landshut, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg ist mit 180 Mitarbeitern spezialisiert auf die Betreuung von Insolvenzverfahren und insbesondere auf die Sanierung von Unternehmen unter Insolvenzbedingungen.

Geschichte des Zeiler Möbelwerks

Die Firma Milewski Möbelwerk wurde im Jahre 1965 von Heinz Milewski in Zeil gegründet. In den 60-er und 70-er Jahren entwickelte sich das Unternehmen rasant und erlangte international unter dem Begriff „Allmilmö“ einen sehr guten Ruf. So gut, dass das Milewski Möbelwerk zu einem der führenden Küchenhersteller in Deutschland avancierte.

Die Firma wurde stetig größer und einer der bedeutendsten Arbeitgeber im Landkreis. Zu den besten Zeiten des Unternehmens waren in Zeil rund 1500 Arbeitnehmer beschäftigt. Doch nach und nach schrumpfte die Zahl der Beschäftigten auf 740 im Jahre 1996.

Damals drohte erstmals der Konkurs und das endgültige Aus des Unternehmens. Die La-Cour-Gruppe stieg ein und ihr Inhaber Johannes la Cour wurde neuer Geschäftsführer. Fortan firmierte das Unternehmen unter dem Namen „Zeiler Möbelwerk“. Der Markenname „Allmilmö“ blieb erhalten, ebenso ihr guter Ruf, der noch heute einen Inbegriff für Qualität bedeutet. Von den zuletzt 740 Beschäftigten blieben allerdings damals nur noch rund 200 übrig. Etwa 500 Arbeitnehmer mussten das Unternehmen verlassen. Der neuen Geschäftsführung gelang es jedoch, das Unternehmen nach den harten Einschnitten zurück in die schwarzen Zahlen zu führen. Nun scheint 21 Jahre später auch dieser Erfolgskurs wieder zu Ende zu gehen.

„Grund für die jetzige Situation war ein immer schwierigeres Wettbewerbsumfeld mit stetig steigendem Kostendruck“, so Geschäftsführer Johannes la Cour.

 
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