Es ist der Tag der Entscheidung. Schon im Vorfeld hatte sich abgezeichnet, dass die Landtagswahl am 14. Oktober einen Einschnitt bedeuten würde, der große Veränderungen mit sich bringt, gleichzeitig wird auch der Bezirkstag gewählt. Wie ist an diesem Tag die Stimmung in den Wahllokalen im Landkreis Haßberge?
„Wir sind ein schwach besuchtes Lokal“, sagt Christian Sandner. Er ist nicht zum ersten Mal Wahlhelfer. „Man wird von der Stadt angeschrieben und gefragt, ob man Zeit hat“, beschreiben er und die drei anderen Männer, mit denen er im Wahllokal im Gebäude der Haßfurter Mittelschule sitzt, wie sie dazu gekommen sind. „Und wenn du einmal dabei bist . . .“, sagt Christian Sandner mit einem Lächeln. Gerade Mitarbeiter im öffentlichen Dienst werden häufig gefragt, ob sie die Aufgabe übernehmen wollen.
Eine normale Wahl
„Die Wahlbeteiligung ist bei uns schlecht“, sagt Sandner. Das sei nicht ungewöhnlich. Auch bei früheren Wahlen sei in diesem Teil der Kreisstadt wenig los gewesen. Keiner der Wahlhelfer hat den Eindruck, dass es diesmal merklich mehr oder weniger waren als in früheren Jahren, erzählen sie am Sonntagnachmittag gegen 16.20 Uhr. Auch die Stimmung sei nicht anders als sonst.„Eine ganz normale Wahl“, meint Markus Schlichting, der neben Christian Sandner sitzt. Zwar ist es für ihn das erste Mal, dass er als Wahlhelfer dabei ist, doch seine erfahreneren Kollegen geben ihm Recht: Die Stimmung sei nicht anders als sonst.
Dabei hatten sich vorher in den Umfragen bereits einige Umwälzungen abgezeichnet: Klar war, dass die CSU ihre absolute Mehrheit und damit ihr Alleinstellungsmerkmal in Bayern nicht verteidigen können würde. Klar war auch, dass die SPD, die bisher immer den zweiten Platz hinter der Union sicher hatte, hinter andere politische Kräfte zurückfallen würde. Und klar war auch, dass mit der AfD erstmals eine Partei in den Landtag einziehen wird, die von vielen Demokraten als Bedrohung empfunden wird. „Es ist etwas vom Bund, das sich auf die Landesebene überträgt“, kommentiert ein Mann, der gerade aus dem Wahllokal kommt.
Ganz anders als in Haßfurt äußern sich Wahlhelfer in Hofheim. „Ich würde sagen, es ist mehr“, sagt Ralf Jooß zur Wahlbeteiligung. Zusammen mit dem Ehepaar Philipp und Sibylle Schubart sitzt er im alten Hofheimer VHS-Gebäude. Philipp Schubart kann sich mehrere Gründe für die höhere Beteiligung vorstellen. So spricht er von „aktuellen Themen, die in den Medien präsent sind“, ebenso wie Berichte darüber, dass die geringe Wahlbeteiligung ein Problem sei. Vielleicht habe das doch den einen oder anderen an die Wahlurne getrieben. Ralf Jooß ergänzt: „Und die Angst vor . . .“ er zögert und überlegt, wie er es formulieren soll. Dann fährt er fort: „vor einer größeren Parteienlandschaft.“
Im Gegensatz zu ihren Haßfurter Kollegen finden die Hofheimer Wahlhelfer auch, dass eine andere Stimmung herrscht. „Das Interesse ist schon sehr hoch“, meint Philipp Schubart. „Die Leute fiebern der ersten Hochrechnung entgegen.“ Auch Ralf Jooß meint: „Ich glaube schon, dass die Leute diesmal gespannter sind auf das Ergebnis.“
Auch bei einigen Wählern macht sich bemerkbar, dass die Stimmung anders ist, als sonst – die Unsicherheit ist größer, sowohl was die eigene Wahlentscheidung angeht als auch bei Spekulationen darüber, was der Wahlausgang für die Zukunft Bayerns bedeuten mag. „Es ist schon irgendwie besonders“, sagt Daniela Selig, nachdem sie ihre Stimme abgegeben hat. „Die großen Parteien sind in der Krise.“ So seien die Parteien offenbar mehr mit sich selbst beschäftigt, als mit den Problemen, die es zu lösen gilt. „Ich war selbst bis vor ein paar Tagen unschlüssig“, meint sie zur Wahlentscheidung.
Ein besonderer Empfang
Wer in Hofheim wählen geht, bekommt an diesem Tag einen außergewöhnlichen Empfang: Ein anderer Raum des VHS-Gebäudes, in dem das Wahllokal eingerichtet ist, beherbergt den Freundeskreis Asyl Hofheim. Hier gab es am Samstag einen Torten-Backkurs mit den Flüchtlingen, und so sitzen Flüchtlinge, Helfer und Gäste am Wahlsonntag bei schönem Wetter an Klapptischen vor dem Gebäude, trinken Kaffee und essen die am Vortag gebackenen Torten. Auch den Wahlhelfern haben sie ein paar Tortenstückchen und Getränke vorbeigebracht.
„Ich hatte schon den Eindruck, dass etwas anders ist“, sagt Katharina Schmidt vom Freundeskreis Asyl. Viel mehr als sonst sei im Vorfeld im Bekanntenkreis über die Wahl geredet und diskutiert worden, viel offener hätten die Leute ihre Meinung gesagt. Und mehr sei im Vorfeld überlegt worden: „Was bedeutet das, wenn die CSU die absolute Mehrheit verliert?“ Könnte darin vielleicht auch eine Chance für das Land liegen? Eine Sorge schwingt bei ihr in jedem Fall mit: Welche Folgen könnte wohl der Einzug der AfD in den bayerischen Landtag haben?