
Ob beruflich oder privat: Für viele Menschen gehört das Internet heute zum Alltag. Viele jüngere Menschen können sich heute kaum noch vorstellen, dass von vielen heutigen Kommunikationsformen noch vor wenigen Jahrzehnten nicht einmal zu träumen war. Diese Woche ist es genau 25 Jahre her, dass die Öffentlichkeit Zugang zum World Wide Web erhielt.
„Es war ein unglaublicher Fortschritt“, sagt Dr. Martin Sage, Redaktionsleiter des Haßfurter Tagblatts. Wo früher bei Recherchen nach Hintergrundwissen zu einem Zeitungsartikel ein Blick ins Lexikon nötig war, genügten seit der Einführung des Internets ein paar Klicks am Computer, um die gewünschte Information zu finden. „Wir haben hier noch einen Brockhaus gehabt“, erinnert er sich an die Zeit, in der es noch keine Redaktionsrechner mit Internetanschluss gab.
Mit den Möglichkeiten der Reporter haben sich allerdings auch die Ansprüche der Leser gesteigert, berichtet er. Falsch findet er allerdings, dass viele Menschen erwarten, das Online-Angebot einer Zeitung müsse kostenlos sein. Aktuell ist es möglich, pro Monat fünf HT-Artikel kostenlos im Internet zu lesen. Ein sechster wird erst nach Eingang einer Zahlung freigeschaltet. Sage verteidigt dieses Prinzip. „Die Leute müssen lernen, die Leistung der Journalisten wieder anzuerkennen.“ So müssen auch im Online-Angebot die Artikel etwas kosten.
Ähnlich sieht es auch Michael Gerhart, Geschäftsführer des Haßfurter Tagblatt Verlags. „Qualitätsjournalismus ist nicht umsonst zu haben“, sagt er. Die Bezahlschranke ab dem sechsten Artikel stelle sicher, „dass der Kunde auf den Wert der Artikel hingewiesen wird“. Er zeigt sich allerdings optimistisch, dass diese Erkenntnis auch bei den Lesern ankommt. „Immer mehr Leute erkennen, dass das nicht umsonst sein kann.“
Als das Internet seinen Siegeszug antrat, so berichtet Gerhart, hätten viele das Ende der klassischen Tageszeitung kommen sehen. „Man hat uns Horrorszenarien beschrieben“, erzählt er. So weit ist es bisher nicht gekommen. „Wir behaupten uns gut“, sagt der Zeitungsverleger. Allerdings habe das Internet schon dazu beigetragen, auch die Zeitung zu verändern. „Man merkt, dass die Leser schnelle Informationen wollen“, sagt er. „Und die erwarten sie auch.“ Gerade wenn es um Sportergebnisse oder um Unfälle geht, muss die Redaktion schnell reagieren. Heute reicht es nicht mehr, die Informationen am nächsten Tag in die Zeitung zu bringen. So schnell wie möglich sollen die Beiträge auf der Homepage des Haßfurter Tagblatts zu lesen sein.
Dabei war die Frage, ob eine Zeitung auch einen Internetauftritt braucht, auch in der HT-Redaktion nicht unumstritten. „Heute kann man sagen: Es geht nicht mehr ohne“, berichtet Martin Sage.
Auch andere Unternehmen können heute nicht mehr auf das weltweite Computernetzwerk verzichten. „Es gehört zum Tagesgeschäft“, sagt Brauereichefin Eva Göller. Auch von zahlreichen ausländischen Kunden wird der Internetauftritt des Getränkeherstellers besucht. „Wir waren schon sehr bald dabei“, sagt Eva Göller. So könne sie sich heute kaum noch daran erinnern, wie die Arbeit in der Zeit vor dem Internetauftritt ausgesehen hat.
„Wenn was nicht funktioniert, ist das eine mittlere bis größere Katastrophe“, meint sie, denn nicht nur die Kommunikation nach außen läuft heute zu einem großen Teil über das Internet. Auch die Arbeitsplätze innerhalb des Unternehmens sind miteinander vernetzt. „Eins greift ins andere“, sagt Eva Göller.
Weder sie noch Michael Gerhart findet, dass das Verhältnis zwischen Firmen und Kunden durch das Internet unpersönlicher geworden sei. „Der Vorverkauf läuft ja immer noch per Telefon“, sagt Eva Göller. Gerhart meint: „Die Leute rufen ja auch noch an.“ Eine Sache habe sich im Kundenkontakt aber doch verändert: „Alles ist wesentlich schneller geworden.“
Auch die Arbeitsabläufe bei der Zeitung haben sich dadurch verändert. „Die Redaktion ist noch mal mehr gefordert, auch am Wochenende“, sagt Gerhart. „Es gibt das Sprichwort: Nichts ist älter, als die Zeitung von gestern. Das trifft aufs Internet noch mehr zu.“ Wichtig ist ihm allerdings, dass der Journalismus dennoch nicht seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzt. Saubere Recherche bleibe weiterhin wichtig. „Die schnelle Nachricht ist nicht alles.“
Ein anderer Bereich, in dem sich sehr viel verändert hat, ist das Bankwesen. „Vor 20 Jahren haben wir das Homebanking für Privatkunden eingeführt“, sagt Andreas Linder vom Vorstand der Sparkasse Ostunterfranken. Mittlerweile sind es mehr als 35 Prozent der Sparkassenkunden, die das Online-Banking-Angebot nutzen. „Früher war es ein reines Informationsportal“, sagt er über das Internet. „Heute wird es immer mehr auch zum Vertriebsportal.“
Auch der Internetauftritt der Bank soll stetig verbessert werden, um mehr Kundenfreundlichkeit zu schaffen. So gab es vor drei Wochen ein größeres Upgrade. Die „Internetfiliale 6.0“ passt sich der Benutzeroberfläche der Geräte an, so dass die Seite auch mit einem Smartphone angenehm zu bedienen ist.
Auf die Frage, ob das Internet den Kundenkontakt unpersönlicher gemacht habe, meint Linder: „Natürlich finden die Bankgeschäfte nicht mehr so oft Face-to-Face statt.“ Die Bankberatung hingegen laufe immer noch in der Filiale. Doch auch Beratungsgespräche hätten sich sehr verändert, sagt er. So kämen heute viele Kunden wesentlich besser vorbereitet zu ihrem Bankberater. Statt sich von ihm alles erklären zu lassen, würden sich viele Kunden bereits vorher im Netz informieren.
Wie in anderen Unternehmen habe es auch bei den Banken bei einigen Menschen eine anfängliche Skepsis gegeben. „Grundsätzlich hat der Mensch immer Probleme mit Veränderungsprozessen“, meint Linder. Nach kurzer Zeit seien die neuen Möglichkeiten aber angenommen worden, nachdem die Mitarbeiter die Vorteile erkannt haben. „Ich spare mir Zeit, Wege und Papier“, sagt er. „Irgendwann ist mal ein Leidensdruck da. Man muss eben einmal das Umdenken zulassen.“ Insgesamt habe das Internet den Banken viel gebracht. „Für uns ist es mehr Segen. Kein Fluch.“
Doch bei allen Vorteilen, die das Internet dem Bankwesen bietet, bringt es auch Gefahren mit sich. Gerade beim elektronischen Geld- und Datenverkehr muss sich auch die Sparkasse gegen Cyberangriffe wehren. „Es wird sicher viel investiert in den Bereich“, sagt Andreas Linder. So müssen die Banken an einer permanenten Verbesserung ihrer Sicherheitsvorkehrungen arbeiten. Diese seien allerdings auf einem hohen Niveau. „Angreifbar ist es vor allem dann, wenn der Kunde die Regeln missachtet“, sagt Linder.
Gefährlich werde es vor allem, wenn Betrüger Mails schicken, in denen sie sich als Bankmitarbeiter ausgeben und so versuchen, vertrauliche Informationen von den Menschen zu bekommen. Sparkassenmitarbeiter Michael Geiling erklärt dazu: „Deswegen sagen wir unseren Kunden immer wieder, dass wir sie nicht nach Pin und Tan fragen werden.
Auch aus dem Privatleben vieler Menschen ist es heute kaum noch wegzudenken. „Ich war überwältigt“, beschreibt Martin Sage seinen ersten Eindruck vom Internet. Noch bevor er beruflich damit zu tun hat, begann er, das weltweite Computernetzwerk privat zu nutzen. „Als könnte man plötzlich ganze Welten überbrücken“, sagt er. Seinerzeit pflegte er viele Kontakte ins Ausland. Wo Briefe viel Zeit brauchen und Telefonate sehr teuer sind, bieten E-Mails seither die Möglichkeit einer schnellen und gleichzeitig günstigen Kommunikation.
„Als ich ein Kind war, war es schon noch was Besonderes“, erzählt Tagblatt-Mitarbeiter Kevin Krüger. „Mit 13 oder 14 war es dann normal und selbstverständlich“, sagt der heute 21-Jährige über seinen Umgang mit dem Internet. Auf die Frage, ob er sich heute noch ein Leben ohne Internet vorstellen könnte, meint er: „Vorstellen kann ich's mir schon, aber es wäre schwierig.“ Denn mit vielen Freunden hat er vor allem über das Internet Kontakt. „Es wäre schon möglich, aber umständlicher.“
Mittlerweile gibt es die ersten jungen Erwachsenen, die zur Generation der so genannten „Natives“ gehören. Das bedeutet, dass sie im Gegensatz zu Menschen, die älter sind als sie, von Anfang an mit dem Internet groß geworden sind. So fehlt ihnen der Aha-Effekt der ersten Begegnung mit den neuen Möglichkeiten. Sie sind in einer Welt aufgewachsen, in der internationale Kommunikation eine Selbstverständlichkeit war.
Das stellt auch Schulen und Eltern vor eine große Herausforderung. „Recherchieren im Internet wird wichtiger“, sagt Schulamtsleiterin Uli Brech. So müssen auch Schüler im Unterricht Vorträge halten, für die sie das Internet zur Vorbereitung nutzen sollen. „Dabei sollen sie aber auch lernen, wie man es richtig nutzt“, berichtet Brech. „Man darf nicht immer alles glauben, was da steht.“
„Das machen Schulen oft falsch“, sagt Philipp Arnold, Rektor der Mittelschule Ebern. „Sie gehen davon aus: Weil sie's haben, können sie's auch benutzen.“ Er berichtet in diesem Zusammenhang über das Vorhaben „Digitale Schule 2020“. Mit verschiedenen Modellprojekten soll versucht werden, den Schülern den richtigen Umgang mit dem Internet zu vermitteln. Auf die Frage, was das für ältere Lehrkräfte bedeutet, die sich mit der neuen Technik nicht mehr auseinandersetzen wollen, meint er: „Wer sich weigert, wird als Lehrer Probleme bekommen.“ Er selbst ist ein Befürworter der Einführung eines eigenen Schulfachs „Medienbildung“.
Aber auch in anderen Bereichen gibt es für Jugendliche Einiges im Umgang mit dem Internet zu lernen. Ein großes Thema ist Cybermobbing. „Mobbing im herkömmlichen Sinn ist schon schlimm genug, im Cyberbereich wird es noch dadurch verschlimmert, dass die Tat eben nicht in einem eng begrenzten Raum stattfindet“, teilt Polizeihauptmeister Philipp Hümmer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Unterfranken mit. „Das Opfer kann sich der Tat nicht entziehen.“ Auch das Zuhause ist so keine „Rettungsinsel“ mehr. Das kann zu Auswirkungen bis hin zum Selbstmord führen.
Die Grenzen zwischen einem Scherz und einer Straftat verlaufen in diesem Bereich fließend. „Opfer sollten sich schnellstmöglich kompetent beraten lassen. Selbstverständlich stehen auch die Polizeidienststellen für Fragen zur Verfügung“, heißt es von Seiten der Polizei. Außerdem weist Hümmer auf die „Cyber-Mobbing Erste-Hilfe App“ von Klicksafe hin, die dem Opfer fundierte Verhaltenstipps gibt. Außenstehenden, die einen entsprechenden Fall mitbekommen, empfielt er, die Täter klar anzusprechen und dem Opfer Hilfe anzubieten.