Erst kürzlich hat sich in der afghanischen Hauptstadt Kabul wieder ein schwerer Terroranschlag ereignet. Bei einer Bombenexplosion im Diplomatenviertel wurden mindestens 150 Menschen getötet. Zudem gab es über 300 Schwerverletzte.
Der Anschlag hat den Streit um die verschärfte Abschiebepolitik der Bundesregierung gegenüber Flüchtlingen aus Afghanistan neu entfacht. Weitere Abschiebungen wurden – bis auf wenige Ausnahmen – vorerst ausgesetzt.
Afghanistan ist nicht sicher
Fragt man Mehdi Bagheri, warum er nach Deutschland gekommen ist, lautet seine Antwort: „Afghanistan ist Krieg. Afghanistan ist nicht sicher. Wenn es sicher wäre, würde keiner nach Deutschland oder in ein anderes Land kommen. Weil Afghanistan eigentlich ein schönes Land ist.“
Bagheri ist Afghane. Am 22. September 2015 passierte er die Grenze zu Deutschland. Über Neumarkt in der Oberpfalz, Stationen in Schweinfurt und Haßfurt ist er schließlich nach Maroldsweisach gekommen. Dort lebt er mit seiner Frau und den zwei gemeinsamen Kindern. Zusammen hatte die Familie den Weg übers Mittelmeer gewagt. Deutschland sei sicher, seine Familie könne hier in Ruhe leben, betont der 30-Jährige.
Bagheris Frau besucht die Berufsschule, seine Kinder gehen in den Kindergarten beziehungsweise in die Grundschule. Er selbst arbeitet seit Januar als Minijobber bei der Firma Stehimpuls in Hafenpreppach.
Belastungsreduzierende Matten
Die Firma fertigt belastungsreduzierende Matten für ergonomische Arbeitsplätze. Jürgen Korn, einer der beiden Geschäftsführer bei Stehimpuls, erinnert sich, dass damals die Asylkoordinatorin der Hofheimer Allianz, Kerstin Brückner, auf die Firma zugekommen sei. Die Bereitschaft, einen Flüchtling zu beschäftigen, habe grundsätzlich bestanden und so wurde nach interner Absprache beschlossen, Bagheri eine Chance zu geben.
Insgesamt ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt keine leichte. Das bestätigt auch Korn: „Es ist schwer, gute Leute zu finden, die zuverlässig sind.“ Der Geschäftsführer erklärt: „Wir haben eine recht junge Mannschaft und es muss dann einfach auch mit den Leuten passen.“ Am Beginn stand bei Bagheri eine kurze Schnupperphase. „Eine Woche war Mehdi zum Testen hier. Um herauszufinden, ob es ihm taugt und ob er zu uns passt“, berichtet Korn. Es passte. Der Afghane kommt seitdem jeden Monat für 50 Stunden zum Arbeiten in die Hafenpreppacher Firma.
Die Verständigung klappt „sehr gut“, sagt Korn. „Mehdi spricht relativ gut Deutsch.“ Bagheri erzählt, dass er Deutsch hauptsächlich mit Hilfe seines Smartphones und eines Wörterbuchs gelernt habe. Da der Afghane keine Anerkennung als Asylbewerber hat, konnte er keinen Integrationskurs besuchen. Stattdessen absolvierte er einen dreimonatigen Kurs am Bildungs- und Schulungs-Institut (BSI) in Haßfurt. Dass Bagheri trotz fehlender Anerkennung eine Arbeit aufnehmen durfte, verdankt er einem Abschiebeverbot, wie Asylkoordinatorin Brückner erklärt. So stellte die Beschäftigung als Minijobber seitens der Behörden kein Problem dar.
Er muss in die Firma passen
„Für mich ist auch wichtig, dass nicht alle in Hofheim beschäftigt sind. Sondern eben zum Beispiel auch mal in und um Maroldsweisach“, erklärt Brückner. Insgesamt seien die Firmen sehr offen, wenn es um die Beschäftigung von Geflüchteten geht. „Es sagen auch immer mehr Leute, dass es ihnen egal ist, ob jemand jetzt zum Beispiel Afrikaner oder Chinese ist. Hauptsache, er passt in die Firma. Das ist wichtig.“ Bei einem Praktikum könne meist sehr schnell festgestellt werden, ob der Kandidat ins Team passt oder nicht. „Deswegen sind solche Praktika echt Gold wert - für beide Seiten“, betont Brückner.
Über die positive Entwicklung Bagheris bei Stehimpuls freut sich die Asylkoordinatorin sehr. Dass der Afghane sich so gut einfügen würde, war anfangs nicht unbedingt zu erwarten. „Er hat Angst gehabt, dass er das nicht kann, weil er die Arbeit ja nicht gelernt hat. Aber mittlerweile kann er das wunderbar“, erzählt Brückner. Anfangs sei Bagheri etwas verhalten gewesen, erinnert sich Geschäftsführer Korn. Auch bei den Mitarbeitern habe es Bedenken gegeben. Beides habe sich aber mit der Zeit gelegt. Korns Zwischenfazit fällt positiv aus. „Ich denke, Mehdi ist angekommen“, sagt der Geschäftsführer und mehr noch: „Es wird auf eine Festanstellung hinauslaufen.“