Es stehen uns stürmische Tage ins Haus. Über dem Atlantik brauen sich die ersten Orkantiefs dieses Herbstes zusammen und nehmen Kurs auf Mitteleuropa. Zum Wochenende prognostizieren die Meteorologen auch für Unterfranken den Durchzug einer heftigen Sturmfront. Noch rechtzeitig vor dem ersten Sturm wurden am Dienstag die maroden Birken am städtischen Friedhof gefällt.
„Die Bäume waren nicht mehr zu retten“, erklärt Förster Bernhard Streck am frühen Dienstagmorgen, während Arbeiter bereits die Ringstraße halbseitig sperren und eine Ampelanlage aufbauen. Schon seit mehreren Jahren hatte Streck die Bäume an der Friedhofsmauer entlang der Ostheimer Straße und der Ringstraße im Blick. Immer wieder nahm er die Birken unter die Lupe und wägte ab, ob sie noch eine ausreichende Standfestigkeit haben. „Jetzt sind sie nicht mehr stabil genug. Es ist einfach zu riskant geworden.“ Schließlich habe die Stadt eine Verkehrssicherungspflicht, sowohl gegenüber den Besuchern des Friedhofs als auch gegenüber den Verkehrsteilnehmern, die täglich zu Hunderten vorbeifahren.
Viele der Birken – ihr Alter schätzt Bernhard Streck auf rund 40 Jahre – seien innen morsch und ausgehöhlt. Der Grund dafür: von außen eindringende Feuchtigkeit. Die Birken wurden in der Vergangenheit in den unteren Bereichen immer wieder entastet. Dies sei ja notwendig, damit keine Äste und Zweige in den Straßenraum hängen. Allerdings hat man das Entasten nicht fachgerecht gemacht. „Die Äste wurden direkt am Stamm abgesägt.“ Besser wäre es gewesen, kleine Stummel am Stamm zu lassen, damit der Baum hier besser hätte zurücktrocknen können. So aber entstanden nach dem Absägen am Stamm regelrechte Wunden, durch die Feuchtigkeit nach innen gelangte. „Da hat der Baum dann keine Chance.“
Besser sieht es hingegen mit den großen Birken neben der Aussegnungshalle aus. Weil man dort die Stämme nicht entasten musste, drang auch keine Feuchtigkeit ein. Die Bäume sind gesund und dürfen deshalb auch stehenbleiben.
Sicherung mit Seilen und Karabinern
Unterdessen hat sich der große Lkw des Metallbaubetriebs Albert aus Eichelsdorf auf der Ringstraße positioniert. Daniel Bergmann vom Eichelsdorfer Holzrückbetrieb Bergmann schlingt hoch oben im Baum – mit Seilen und Karabinern gesichert wie ein Hochalpinist – Tragegurte um den Stamm und hakt sie in den Kranausleger des Lkw ein. Dann seilt sich der Holzfäll-Spezialist wieder vom Baum ab und lässt die Motorsäge aufjaulen.
Zwei Schnitte am Stamm der Birke kurz über dem Boden – und schon schwebt der Baum am Haken des Lkw-Krans. Vorsichtig schwenkt der Kranführer, per Sprechfunk stets mit dem Mann an der Motorsäge verbunden, seine schwere Last in Richtung Ringstraße, wo er den Baum schließlich auf den Asphalt ablegt. Aufwendig und zeitraubend ist diese Methode, doch aus Platzgründen ist an das klassische Fällen mit einem Umstürzen der Bäume nicht zu denken.
Wieder tritt der Mann mit der Motorsäge in Aktion. Im unteren Bereich des Stamms entfernt er die Äste, mit einem Schnitt wird die Krone abgetrennt. Dann greift Klaus Bergmann mit seinem Forstknickschlepper W 130 ein. Über Joysticks steuert er den großen Greifer und legt zunächst den Stamm, den man später vielleicht noch verwerten kann, zur Seite. Dann packt er den oberen Teil der Birke in einem Stück und transportiert ihn auf die andere Straßenseite.
Aus Bäumen werden Hackschnitzel
Dort wartet bereits das gefräßige Maul des Holzhäckslers von Werner Thein aus Ueschersdorf. Stämme von bis zu 60 Zentimetern Stärke kann diese Maschine binnen kurzer Zeit in kleine Schnitzelchen verwandeln. Mit der recht schwachen Birke hat der Häcksler erwartungsgemäß keine Probleme. Im hohen Bogen fliegen die Hackschnitzel in den bereitgestellten fahrbaren Container. Die Hackschnitzel werden später mal als Brennmaterial enden.
„Aber erst müssen sie getrocknet werden“, sagt Thein. Er arbeitet mit einem Landwirt zusammen, der eine Biogasanlage hat. Dort auf dem Hof wird warme Luft durch den Spezialcontainer geleitet. „Schon in zwei, drei Tagen sind die Hackschnitzel dann ausreichend trocken.“
Während die Baumkronen der Birken in den Häcksler wandern, werden die Stämme zur Seite gelegt. Je nach dem, wie die Qualität des Holzes ist, will man versuchen, sie über die Forstbetriebsgemeinschaft zu vermarkten, berichtet Förster Bernhard Streck. Es gebe immer wieder Interessenten für Birkenholz, das dann zu Parkett, Furnier oder aber zu Holzspielzeug und Bastelmaterial weiterverarbeitet werde. Zu sehr geschädigte Teile der Stämme könne man noch als Brennholz verkaufen. Birke sei zwar ein Weichholz, habe aber den Vorteil, dass es sehr raucharm verbrenne und so für Kachelöfen gut geeignet sei.
Ersatzpflanzungen geplant
Während die Motorsäge ihre Arbeit verrichtet, wird es entlang der Friedhofsmauer immer lichter und kahler. Ein altvertrauter Anblick verschwindet. Bürgermeister Wolfgang Borst informiert sich vor Ort über die Aktion. Auch er verweist darauf, dass die Stadt gezwungen war, aus Gründen der Verkehrssicherheit die kranken Birken entlang der Straßen zu entfernen. Es werde aber sicherlich eine Ersatzpflanzung geben. Die Stadt plane sowieso die Sanierung des gesamten alten Friedhofteils und da gehöre auch ein neues Pflanzkonzept dazu. Die Stadt werde sich hier bei den Gartenfachberatern des Landratsamtes entsprechenden Rat holen.