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Abrissbirne trifft Kleinod: Das Mesnerhaus in Zeil wird einem Neubau weichen
'Sein letztes Stündlein hat geschlagen'. Das Mesnerhaus in Zeil wird einem Neubau weichen
Foto: Wolfgang Aull | "Sein letztes Stündlein hat geschlagen". Das Mesnerhaus in Zeil wird einem Neubau weichen
Wolfgang Aull
 |  aktualisiert: 24.02.2023 02:35 Uhr

1928 sprach das Landesbauamt Kissingen ein Machtwort: "Die Pläne für den Bau eines Wohnhauses neben der Himmelfahrtskirche in Zeil am Main werden abgelehnt, da der vorgesehene Bau kein harmonisches Gesamtbild mit dem Kirchengebäude ergibt". Es wurde neu gezeichnet, Pläne wurden hin- und hergeschoben, schließlich lag die Genehmigung vor. Das Mesnerhaus konnte gebaut werden. Über Jahrzehnte hinweg war es in privater Hand, ein gewisser Georg Güntsch, der später Dekan in Castell werden sollte, erblickte hier das Licht der Welt.

Um die Jahrtausendwende stand es wieder einmal zum Kauf an, und die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Zeil ergriff die Gelegenheit zum Erwerb. Es hatte sich zu dieser Zeit harmonisch gefügt, denn die Gemeinde stand zu dieser Zeit ohne Versammlungssaal da, ihr bisheriger Treffpunkt im Kindergarten hatte einem Neubau weichen müssen. Eine moderne Küche wurde eingebaut, Türen erneuert, die Toilettenräume auf Vordermann gebracht und alles frisch gestrichen.

Ein feuchter Keller und ein undichtes Dach

Doch ein wirkliches Zuhause für die Kirchengemeinde wurde es nie, wie Pfarrerin Claudia Winterstein erklärt: "Der Versammlungsraum war zu klein, für gehbehinderte Menschen nur äußerst beschwerlich zu erreichen, es zog durch die Fenster. Was das Hauptproblem war: Die Schimmelpilze fühlten sich in dem Gebäude pudelwohl. Gegenmaßnahmen halfen nur kurzzeitig, aus dem Keller aufsteigende Nässe zog sich in die Wände, lösten die Tapeten, brachte Träger zum Rosten. Undichte Stellen am Dach ließen Regenwasser eindringen."

Eine Sanierung wäre möglich gewesen, doch für einige Probleme, so Winterstein, blieben Lösungen ungreifbar. Für größere Versammlungen hätte das Platzangebot nicht ausgereicht, nicht jeder Raum hätte einen Verwendungszweck gefunden. Über einen Zeitraum von zehn Jahren überlegte der Kirchenvorstand, plante und wägte ab. Dann fiel der Würfel, der Abriss war besiegelt, ein neues Zuhause für die Kirchengemeinde musste gefunden werden.

Das neue Gemeindezentrum bietet Raum für Visionen

Bürgermeister Thomas Stadelmann (SPD) begleitete Winterstein zufolge alle Schritte mit großem Wohlwollen und bot der Gemeinde auch an, Räume zu suchen, in welchen sie sich langfristig hätten einnisten können. Im Gespräch mit der Redaktion versicherte er, dass er den Abriss des Gebäudes durchaus verschmerzen könne. "Häuser kommen und gehen, alles ist im Fluss", sagt das Stadtoberhaupt und schränkt ein: "Ideal wäre es gewesen, wenn die Gemeinde ein geeignetes bestehendes Bauwerk gefunden hätte." Doch einen Neubau trage er selbstverständlich auch mit.

'Jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne': Pfarrerin Claudia Winterstein freut sich mit ihrer Kirchengemeinde auf das neue Gemeindezentrum
Foto: Wolfgang Aull | "Jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne": Pfarrerin Claudia Winterstein freut sich mit ihrer Kirchengemeinde auf das neue Gemeindezentrum

850.000 Euro umfasst das Neubauprojekt. Zur Finanzierung wurde das Pfarramt verkauft, Eigenmittel wurden locker gemacht. Die Stadt Zeil unterstützt das Vorhaben finanziell, die Gemeinde Sand ebenfalls. Bei 242.000 Euro liegt der Anteil der Landeskirche, das Dekanat trägt 4000 Euro bei. Es wird also viel Geld in die Hand genommen, und die Frage, ob dies noch zeitgemäß ist, scheint durchaus berechtigt. Doch Pfarrerin Claudia Winterstein hält dagegen, wie ein Fels in der Brandung: "Ich glaube an den Fortbestand der Kirche, an Jesu Christi hier in Zeil", sagt sie im Brustton der Überzeugung. Auch wenn die kirchlichen Strukturen ungewiss seien, bräuchten die Menschen "ein geistiges Fundament, und das müssen wir im Glauben an Jesus gestalten".

Die Gläubigen seien hungrig nach einem festen Halt, und all dies möchte sie in dem neuen Gemeindezentrum, realisieren: mit Gemeindesaal, Gemeindeküche, Pfarrbüro und Pfarramtszimmer, und einem barrierefreien Zugang. Ein Gebäude aus Holz, von heimischem Handwerk errichtet, energetisch auf modernstem Stand. Und mit Menschen jeglichen Alters und jeglicher Herkunft, die sich hier zu Hause fühlen können. "Das Mesnerhaus wartet es jetzt auf sein letztes Stündlein", sagt sie abschließend, "doch jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne".

 
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