
Es ist sein Priesterjubiläum Nummer 70. Wolfgang Stettler, geboren 1930 in Westheim, hat dieses Ereignis am 22. September in seinem Geburtsort mit einem Gottesdienst und einer anschließenden Begegnung feierlich begangen. Diese Redaktion hat mit ihm gesprochen.
Circa 800 Einwohner zählte Westheim damals, als Stettler hier zur Welt kommt. Sein Vater, Landarzt, war in der Gemeinde vier Jahre zuvor "wohlwollend" aufgenommen worden. Dem dritten Kind folgen fünf weitere Geschwister.
"Mit Gott tief verwurzelt" wuchs Stettler in eine Dorfgemeinschaft hinein, in welcher katholische, evangelische und jüdische Gläubige friedfertig miteinander umzugehen wussten. Dem Arzt, so erlebte es das Kind, standen alle Türen in Westheim offen, und auch die Lehrerin gab den Gedanken des NS-Regimes keinen Raum.
Wohlbehütet in der Familie, unter Freunden im Kindergarten und in der Grundschule, prägten Bescheidenheit, Toleranz und Zuversicht das Wesen des Jugendlichen, der nach dem Abitur das Theologiestudium aufnahm.

Er wurde Kaplan in Lohr am Main und Lehrer an der dortigen Berufsschule. Förderte die Ökumene in Partenstein, baute Brücken zwischen zerstrittenen evangelischen und katholischen Christen. Wurde "Friedenstifter von Partenstein" genannt. Er engagierte sich in der Diözesanleitung der Christlichen Arbeiterjugend. Wechselte 1969 als Religionslehrer zum Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Schweinfurt, stieg auf zum Studiendirektor. War bis 1990 Personalratsvorsitzender. Als Ruheständler engagierte er sich in der Ausbildung und Begleitung von Ständigen Diakonen und Wortgottesdienstleitern.

Verständigung ist sein großes Thema. Stettler lebt gemeinsam mit seinem Bruder und zwei Schwestern im Seniorenzentrum Sankt Thekla in Würzburg. Er hilft weiterhin in der Seelsorge im Theklaheim und in der Pfarreiengemeinschaft Theres mit.
Jetzt endlich kam der große Tag: 150 Besucherinnen und Besucher nahmen an dem Gottesdienst teil. Die "Stettlers" sind einfach bekannt, in Zeil am Main beispielsweise war sein Bruder Arzt. Der Jubilar war beseelt: Es sei eine "Gnade, hier wiederum stehen dürfen." Stettler lobte und dankte Gott. Und wandte sich an Christine Kober, Mitglied im Pfarrgemeinderat: "Die Vorbereitung war meisterhaft durchgeführt: Du könntest Platz finden im Guinnessbuch!"

Nach dem Gottesdienst wurde zur Begegnung in den "Schwarzen Adler" geladen. Als um 13 Uhr der Besucherstrom versiegte, saßen sie zu zweit auf dem Sofa: Der 94-jährige Katholik Wolfgang Stettler und der 92-jährige Protestant Gerhard Hagenbucher. Nachbarn und Freunde seit jüngster Kindheit. Sie sehen den Redakteur vorbeilaufen. "Das ist Ökumene", ruf ihm Stettler zu und beide haben leuchtende Augen.