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50 Windräder bei Bundorf?
Der neue Regionalplan will verhindern, dass künftig außerhalb der definierten Flächen Windräder gebaut werden können.
50 Windräder bei Bundorf?
Von unseren Redaktionsmitgliedern Josef Schäfer, Michael Mösslein und Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 26.04.2023 16:33 Uhr

Umstritten ist er in jedem Fall, der Plan für die Windkraftanlagen, der in den Regionalplan für die Region Main-Rhön eingearbeitet werden soll. Wie berichtet, hat am Montag der Regionale Planungsausschuss einen stark abgeänderten Entwurf auf den Weg gebracht. Dabei sind einige Flächen herausgenommen, hinzugefügt oder zusammengefasst worden. Er soll nun Bestandteil der öffentlichen Diskussion werden und Grundlage für die Stellungnahmen von Behörden, Gemeinden und Bürgern. Und er soll Kriterien rund um den Bau von Windrädern festlegen und damit auch offene Fragen beantworten. Die wichtigsten haben wir hier zusammengefasst.

In welchen Regionen sind Flächen für Windräder dazugekommen?

Neu sind im Norden des Landkreises Haßberge Vorrangflächen östlich von Bundorf, das quasi zum Zentrum der Windkraft im Kreis werden könnte. Dort sollen etwa 500 Hektar ausgewiesen werden. Deutlich vergrößert sind auch die Flächen nördlich und südlich von Buch, wo bereits zwei Anlagen Strom produzieren. Im Landkreis Rhön-Grabfeld, der anstelle des Landkreises Schweinfurt nun den größten Flächenanteil stellt, sind die Areale im Bereich Hendungen und Unsleben nicht nur vergrößert worden, sondern zum Teil in ihrem Status zu Vorranggebieten hochgestuft worden. Im Landkreis Bad Kissingen ist Wartmannsroth als potenzieller Windkraftstandort neu entdeckt worden. Fast halbmondförmig zieht östlich von Nüdlingen ein Areal um den Ort, der auch im Westen ein Gebiet erhalten hat. Im früheren Plan war die Gemeinde unberücksichtigt geblieben.

Welche Flächen sind weggefallen?

Den größten Schwund verzeichnet der Landkreis Schweinfurt, dessen Lage im Schweinfurter Becken ohnehin nicht die besten Voraussetzungen bietet. Zudem, so Stephan Albert als zuständiger Sachbearbeiter der Regierung von Unterfranken, habe der Artenschutz eine Rolle gespielt. Im südlichen Landkreis sind Flächen verschwunden, zum Beispiel bei Heidenfeld und Kolitzheim. Geschrumpft sind die Bereiche bei Waigolshausen, das aber nach wie vor als bedeutsamer Standort gilt, sowie bei Wasserlosen und Poppenhausen. Auch bei Euerbach und Geldersheim sind Flächenteile entfernt worden. Die Standorte zwischen Wetzhausen und Aidhausen (Lkr. Haßberge), die für großen Widerstand in der Bevölkerung gesorgt haben, fehlen im neuen Entwurf komplett. Ebenfalls sind bei Thundorf keine Windräder mehr vorgesehen.

Hat sich die Gesamtfläche geändert?

Insgesamt sind 12 800 Hektar für Windräder vorgesehen, davon 5400 Hektar in den vorrangigen Gebieten. Die Fläche hat gegenüber dem Erstentwurf zugenommen; die Zahl der Einzelflächen dagegen ist von 124 auf 94 reduziert worden.

Welchen Einfluss haben Gemeinden und Bürger auf die Entscheidung?

Informieren können sich die Bürger und Kommunalpolitiker bereits jetzt: Der nun geänderte Planentwurf ist samt Erläuterungen und Anhängen ab sofort im Internet einsehbar. Stephan Albert von der Regierung von Unterfranken hat den Kommunen Gespräche angeboten, um Details zu erläutern; dies werde – wie schon in der Vergangenheit – in hohem Maße angenommen. Nach der Sommerpause beginnt laut Regierung von Unterfranken das offizielle Anhörungsverfahren, bei dem sich die so genannten „Träger öffentlicher Belange“ – also Gemeinden, Behörden, Energieversorger und so weiter – äußern können. Auch Bürger können dann Stellungnahmen abgeben und Bedenken äußern – auch wenn sie nicht unmittelbar betroffen sind. Die Einwände werden von der Regierung geprüft und bewertet. Albert weist aber darauf hin, dass es sich bei Windkraftanlagen nach wie vor um privilegierte Bauvorhaben handelt.

Welche Bedeutung haben Flächennutzungspläne von Gemeinden?

Die Bauleitplanung von Gemeinden, die in ihrem Bereich bereits Gebiete für Windkraftanlagen rechtsgültig ausgewiesen haben, bleibt bestehen. Die Gemeinde Schonungen (Lkr. Schweinfurt) zum Beispiel hat dieses Mittel gewählt. Allerdings kann der Regionalplan auch Areale festlegen, die die Gemeinde bislang noch nicht berücksichtigt hat. Kurz: Der Ober sticht hier den Unter. Umgekehrt kann die Gemeinde nachträglich nicht ohne Weiteres neue Plätze für Windkraftanlagen bestimmen. Dafür müsste dann der Regionalplan erneut geändert werden.

Können nach Änderung des Regionalplans Windräder auch außerhalb der definierten Flächen gebaut werden?

Nein. Deswegen entwickelt der Regionale Planungsverband das Werk, um auf die Standorte Einfluss zu nehmen und die Anlagen auf bestimmte Bereiche zu konzentrieren und die gefürchtete „Verspargelung“ zu minimieren. Will man davon abweichen, braucht es eine neuerliche Änderung des Regionalplans.

Nach welchen Kriterien können Windräder in Landschaftsschutzgebieten entstehen?

Der Plan verfolgt den Grundsatz, diese Flächen möglichst nicht heranzuziehen; der neue Entwurf hat das Verbot aber aufgehoben und lässt „einzelfallbezogen“ Genehmigungen zu, wie es im Entwurf heißt. Formal sind die Landkreise und der Bezirk zuständig, denen die Schutzgebiete unterstehen. Sollten sie dort Windräder zulassen wollen, müssten sie ihre Verordnungen für die Naturschutzgebiete entsprechend ändern. Dennoch gelten strenge Regeln, um Biotope, Naturdenkmäler und auch die Fauna zu schützen. Ausgenommen sind laut neuem Planentwurf in jedem Fall regional bedeutsame Aussichtspunkte; dazu könnte der Zabelstein im Steigerwald zählen. Auch „markante, die Landschaft in besonderer Weise prägende Erhebungen“ sind tabu. Dezidiert führt der Planentwurf den Kreuzberg auf, auf den diese Definition „zweifelsfrei“ zutreffe.

Welche Abstände zu Ortschaften sind einzuhalten?

800 bis 1000 Meter müssen die Windräder Abstand von der Wohnbebauung einhalten, um die Einwirkungen durch Lärm und Schattenschlag einzudämmen. Der Entwurf verweist aber auch auf eine Verordnung aus Nordrhein-Westfalen, wonach typischerweise ein Abstand von 1500 Metern vorgesehen ist. Wie Stephan Albert von der Regierung von Unterfranken sagt, seien diese Regeln auf die momentanen Bauhöhen von etwa 200 Metern abgestimmt. Der Planentwurf geht davon aus, dass „der Trend zu mehr Größe ungebrochen“ ist. Daher erwartet Albert, dass bei noch höheren Windrädern die emissionsschutzrechtliche Genehmigung weitere Abstände als 800 bis 1000 Meter fordert.

Gemeinden schielen bei der Windkraft gerne auf die Gewerbesteuer. Wie kann sie vor Ort gesichert werden?

In Main-Rhön gibt es bereits eine Reihe von Investoren, die aus der Region stammen, hier ihren Firmensitz haben und vor Ort steuerpflichtig sind. Diese Entwicklung will der Planungsverband mit Tempo im laufenden Änderungsverfahren unterstützen. Inzwischen suchen auch Großunternehmen den Schulterschluss mit den Kommunen. Der weltweit aktive Investor juwi aus Rheinland-Pfalz will zusammen mit der ÜZ Lülsfeld eine gemeinsame Gesellschaft gründen, um noch in diesem Jahr fünf weitere Windräder bei Waldsachsen (Lkr. Schweinfurt) zu bauen. Auch Beteiligungen von Privatleuten werden häufig angeboten. Die Offerten muss man genau prüfen, vor allem, wenn sie Renditen weit über fünf Prozent versprechen.

Karten, Informationen und Details zur Windkraft im Regionalplan unter www.main-rhoen.de Fotos: Gimmler, Vossenkaul, Warmuth, Weinbeer, Wohlfahrt

 
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