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HAßFURT
19 Nationen mit unterschiedlichstem Bildungsstand
Sabine Weinbeer
 |  aktualisiert: 23.06.2016 03:38 Uhr

„Diese zwei Jahre haben unsere Schule verändert“, erklärten Studiendirektor Joachim Sagstetter und Oberstudienrätin Bianca Olerich, die beim Lions-Club über die Berufsintegrationsklassen für Asylbewerber an der Heinrich-Thein-Berufsschule in Haßfurt referierten.

Da der Lions-Club vor zwei Jahren eine Patenschaft für die erste dieser Klassen übernahm, hatte Präsidentin Sabine Weinbeer darum gebeten, über diese Aufgabe zu berichten.

Bei dieser einen Klasse blieb es nicht lange, das Thema Flüchtlings-Beschulung hat eine beeindruckende Dynamik entwickelt, auch weil der Landkreis Haßberge ein kooperativer Partner der Berufsschule sei, so Joachim Sagstetter. Über den Landkreis sind die zusätzlichen Deutsch-Lehrer und die Sozialpädagogen fest angestellt.

Acht Klassen wurden mittlerweile gebildet, im Herbst werden drei weitere dazu kommen, dann werden täglich an der Berufsschule rund 200 Flüchtlinge unterrichtet. Im ersten Jahr liegt ein Schwerpunkt auf dem Erlernen der deutschen Sprache, der Deutsch-Unterricht macht mehr als die Hälfte der Stunden aus. Dazu kommen wie Mathematik, aber auch Kochen, das ein idealer Integrationsfaktor ist.

Bianca Olerichs Berufsbild hat sich in diesen zwei Jahren ziemlich auf den Kopf gestellt, denn „für solche Klassen sind wir nicht ausgebildet“, erklärte sie. Auch der klassische Berufsschüler bringe zwar seine Probleme mit, doch die Erfahrungen der jungen Flüchtlinge, bei vielen die Trennung von der Familie, das sind ganz neue Belastungen. „Wir haben Schüler, die kommen aus Aleppo, die Familie lebt dort noch“, erklärte Bianca Olerich. Dass Nachrichten über Bombenanschläge dort ganz andere Auswirkungen haben als bei deutschen Schülern, sei ganz klar. Deshalb werden die Flüchtlingsklassen auch von Sozialpädagogen betreut. Auch mit Bürokratie, von der sie früher nichts ahnte, hat Bianca Olerich in diesen zwei Jahren Erfahrungen gemacht.

Schüler zwischen 15 und 25 Jahren kommen in diesen Klassen zusammen, aus19 Nationen und mit unterschiedlichstem Bildungsstand. Zu den Flüchtlingen kommen auch junge EU-Ausländer, die noch der Berufsschulpflicht unterliegen und wenig oder gar kein Deutsch können. Entscheidend für die Klassenbildung sind zunächst die Sprachkenntnisse, später ist es möglich, dass Schüler je nach Lernfortschritt auch neuen Klassen zugewiesen werden.

„Wir haben auch Schüler, die studieren können, wenn sie die entsprechenden Sprachkenntnisse haben“, erklärte Bianca Olerich.

Das zweite Jahr legt daher einen Schwerpunkt auf die Berufsvorbereitung. Fünfmal zwei Wochen Praktikum stehen da an – mit dem Ergebnis, dass im Herbst sechs Ausbildungsverhältnisse beginnen können. Die Herausforderung an die Lehrkräfte ist die Vielschichtigkeit. Während man bei manchen zu hochtrabende Vorstellungen einbremsen muss, brauchen andere Motivation. Etwas ratlos steht sie derzeit vor einem jungen Jesiden, der „ein Kandidat für das Gymnasium wäre“. Aber sein Vater hat sein Taxi verkauft, um dem Sohn die Flucht zu ermöglichen, und die Familie im Irak braucht nun seine finanzielle Unterstützung.

An die Firmeninhaber unter den Lions ging ihre Bitte, ebenfalls zu überlegen, ob man Praktikumsplätze anbieten könnte. Nur in der direkten Begegnung liege die Chance zur Integration.

 
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