Als ein 39-jähriger Busfahrer aus Schweinfurt im September vergangenen Jahres während der Fahrt in Haßfurt verbotenerweise sein Handy in der Hand hielt, ahnte er nicht, dass er dabei von einer Polizeistreife beobachtet wurde. Die Polizeibeamten hielten den Bus an und führten eine Fahrzeugkontrolle durch. Dabei machten sie eine bemerkenswerte Entdeckung: Der Führerschein des Fahrers war nämlich bereits seit dem 4. April 2023 abgelaufen und damit ungültig.
Mindestens 450 Fahrten ohne gültige Fahrerlaubnis
Weitere Recherchen der Ermittlungsbehörden brachten ans Licht, dass der Busfahrer an 92 Arbeitstagen mindestens 450 Fahrten ohne gültigen Führerschein unternommen hatte und dabei mehr als 15.400 Kilometer quer durch den Landkreis Haßberge gefahren war.
In der Folge erhielt der 39-Jährige einen Strafbefehl über 180 Tagessätze zu 40 Euro, also 7200 Euro, wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Er legte Einspruch ein und musste daher erstmals in seinem Leben am Mittwoch auf der Anklagebank des Amtsgerichts Platz nehmen.
Dort gab er zu, dass er es anfangs des vergangenen Jahres versäumt habe, durch den Besuch von Schulungen seinen Führerschein zu verlängern. Sein Vater sei damals zum Pflegefall geworden, seine Lebensgefährtin habe sich von ihm getrennt und sei mit dem gemeinsamen Kind aus der Wohnung gezogen. Dies habe dazu geführt, dass er alles schleifen ließ. Erst im August 2023 habe er einen Antrag auf Verlängerung des Führerscheins gestellt.
Ein gnädiges Friedensangebot
Sein Verteidiger fügte hinzu, dass sein Mandant mit einer Verurteilung zu mehr als 90 Tagessätzen als vorbestraft gelte und daher keinen Arbeitsplatz als Busfahrer erhalte, bei der er auch mit Schulkindern in Kontakt komme. Da er keinen Führerschein mehr hat, habe der Angeklagte seinen Job als Busfahrer verloren.
Der Vorsitzende Richter Christopher Lehmann machte dem Angeklagten jedoch keine Hoffnung auf ein Urteil mit weniger als 91 Tagessätzen. Der Strafbefehl mit 180 Tagessätzen sei bereits ein sehr gnädiges Friedensangebot. Notfalls müsse der Angeklagte eben eine andere Arbeitsstelle, beispielsweise in der Gastronomie, annehmen.
Der Angeklagte fuhr seit dem Jahr 2007 Bus und ist nicht vorbestraft. Dies hielt ihm auch der Staatsanwalt zugute. Er blieb jedoch in seinem Plädoyer bei den im Strafbefehl verhängten 180 Tagessätzen. Die Tagessatzhöhe verminderte er jedoch auf 15 Euro aufgrund der geänderten Einkommensverhältnisse des Angeklagten. Zusätzlich verhängte der Anklagevertreter ein dreimonatiges Fahrverbot für alle motorisierten Fahrzeuge.
Angeklagter nahm das Urteil an
Der Verteidiger forderte eine Verurteilung zu 90 Tagessätzen zu 15 Euro, die nicht in einem Führungszeugnis erscheinen würde. Die Schulungen, die der Busfahrer nach fünf Jahren besuchen muss, um seinen Führerschein zu verlängern, bezeichnete der Jurist als "Schnittchen- und Kaffeescheine", bei denen alleine die Anwesenheit für eine Verlängerung ausreiche.
Dies sah der Vorsitzende anders. Er verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe in Höhe von 110 Tagessätzen zu 15 Euro, also 1650 Euro. Der Angeklagte habe bereits im August 2023, einen Monat vor der Polizeikontrolle, den Antrag auf Verlängerung des Scheins gestellt und somit gewusst, dass er ohne gültige Fahrerlaubnis unterwegs ist. Daher käme bei einer Verurteilung auch Vorsatz in Betracht. Eine Verurteilung zu 90 Tagessätzen wäre völlig ungerecht gegenüber anderen Fällen, betonte der Richter.
"Das war mir eine Lehre. Das passiert nicht mehr", waren die letzten Worte des Angeklagten, der ebenso wie der Staatsanwalt das Urteil annahm.