
Üblicherweise gilt in Museen das strikte Gebot: "Berühren verboten!" Nun macht das Diözesanmuseum auf dem Domberg eine Ausnahme: "Berühren ausdrücklich erlaubt!" heißt es bei dem Original-Habit eines Karmeliten aus Bamberg. Wer sich im normalen Leben also nicht traut, das Ordensgewand eines dieser leibhaftigen Gottesmänner anzufassen, hat in der am Freitagabend eröffneten Sonderausstellung zum 750. Jubiläum der Bamberger Karmeliten die Gelegenheit dazu. Fast alles, was "mann" so trägt, lädt zum Befühlen ein: die braune Tunika, das Skapulier, die Kapuze, der Gürtel, der weiße Mantel – und getragene, aber frisch gewienerte Schuhe.
Museumschefin Carola Marie Schmidt und Kuratorin Ludmila Kvapilová-Klüsener führen durch die Präsentation von 150 hochkarätigen Exponaten aus 750 Jahren bewegte Geschichte der Ordensgemeinschaft und ihres Klosters am Kaulberg. "Leidenschaft für Gott" titelt die Ausstellung, die ergänzt werden muss um "Leidenschaft für Menschen". Denn die Karmeliten sind in der Seelsorge nicht aus Bamberg wegzudenken: "Unsere Angebote sollen Hilfe im Leben sein, wir sind für die Menschen da in dem, was sie bewegt", sagt Prior Pater Klemens August Droste.
Bauhelm und Vorschlaghammer
Aufmunternd und freundlich lächeln dem Besucher denn auch die Brüder des Bamberger Konventes von Fotos entgegen, mit denen der Rundgang durch die Jubiläumsausstellung beginnt. Diese rollt die Geschichte sozusagen von der Zukunft her auf: Ein Bauhelm, ein Vorschlaghammer und aktuelle Fotos berichten von der Baustelle am Karmelitenplatz, wo das einstige große Klostergebäude in künftige Wohnungen – "Klosterkarrée" lautet das Stichwort – umgewidmet wird. Die Kirche St. Theodor wird derzeit saniert, am Knöcklein entsteht ein neues Kloster.
In der Zeitschiene rückwärts läuft also der Betrachter, Er erfährt, dass 1946/47 das Theresianum, 1918 das Marianum gegründet wurden. 1902 kauften die Karmeliten sogar eine Brauerei. Doch "Karmeliten-Bräu" geriet schon 1905 in rote Zahlen und wurde wieder abgestoßen. Im Verlauf des Rundgangs erzählen die wertvollen Objekte aus dem Besitz der Karmeliten, aus dem Depot des Diözesanmuseums und von Leihgebern, von der Blütezeit der Kunst und Spiritualität, aber auch von Kriegsplünderungen, Reform, Aufhebung und Neubeginn. "Es gab in der Geschichte des jetzt einzigen Männerklosters in Bamberg Brüche und Zäsuren", erklärt Museumsleiterin Schmidt.
Anfänge bereits im 12. Jahrhundert
Kuratorin Kvapilová-Klüsener blickt ganz in die Anfänge des Karmelitenordens zurück. Dieser begann im 12. Jahrhundert als Eremitengemeinschaft an der Quelle des Propheten Elija auf dem Berg Karmel in Palästina. Nach dem Untergang der Kreuzfahrerstaaten siedelten sie nach Europa über und entwickelten sich in den Stadtgesellschaften West- und Mitteleuropas zu einem Bettelorden. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Ausbreitung der Klöster von Paris nach Köln und Bamberg.

Vor 750 Jahren, nämlich 1273, gründeten Karmeliten das Kloster "in der Au", nahe der ehemaligen, am Maxplatz gelegenen Martinskirche. Gemäß ihres Leitspruchs "Mit Leidenschaft setze ich mich ein für Gott" wirkten die Brüder bis 1589 von dort. Dann führten sie ihren Dienst aus dem von Zisterzienserinnen verlassenen Kloster bei St. Theodor weiter (1589 bis 1803, 1902 ff.). Ab dem 27. November 2023 wird die Originalurkunde mit vier großen Wachssiegeln zum Klostertausch von der Au zum Kaulberg in einer gesicherten Vitrine zu bestaunen sein. Die Urkunde befindet sich sonst im Staatsarchiv Bamberg.
Inkunabeldrucke, Messgewänder und mehr
Inkunabeldrucke, Handschriften, Radierungen, Zeichnungen, Ölgemälde, Plastiken, Vasa sacra, Messgewänder und mehr sind zu sehen. Zu den kostbarsten Exponaten gehört das Relief "Elias in der Wüste" (1520/23) aus dem berühmten Weihnachtsaltar von Veit Stoß. Dessen Sohn Andreas war Prior der Bamberger Karmeliten, nachdem er im Zuge der Reformation aus Nürnberg verwiesen wurde. Auch das Relief "Marientod" (um 1515), eine Leihgabe des Historischen Vereins Bamberg, ist ein herausragendes Kunstwerk in der Sonderausstellung. Es wird dem fränkischen Meister des Holzschnitts und Lehrmeisters von Albrecht Dürer, Michael Wolgemuth (1434 bis 1519), zugeschrieben.
Alle Exponate werden so präsentiert, dass die Gesamtschau nicht trocken historisierend ist. Auch die Gegenwart wird thematisiert, wie zum Beispiel in kurzen Videos mit heutigen Karmelitenbrüdern, die interviewt wurden und Einblicke in ihr Leben, Beten und Wirken geben. Außergewöhnlich ist sicher die Gegebenheit, dass jeweils freitags um 15.30 Uhr (außer 22. Dezember 2023) Karmeliten durch die Ausstellung führen und damit die Erkundung ihrer faszinierenden Welt noch authentischer machen. Thematisch passende Vorträge ergänzen das Ausstellungsprogramm. Infos dazu auf der Website www.dioezesanmuseum-bamberg.de. Vom 1. Dezember bis 9. Januar wird die Sonderausstellung zudem um eine feine Auswahl an Klosterkrippen erweitert.
Öffnungszeiten: Die Ausstellung "Leidenschaft für Gott – 750 Jahre Karmeliten in Bamberg" ist bis zum 30. Januar 2024 während der Öffnungszeiten des Diözesanmuseum von Montag bis Samstag von 10 bis 17 Uhr (mittwochs geschlossen) und Sonntag von 12 bis 17 Uhr zu sehen.