„Hallo ihr Lieben“, begrüßt Barbara Hettrich ihre Masthähnchen. Die weiß gefiederten Hähnchen liegen in der Sonne oder nehmen gerade ein Staubbad im Schatten des Bauwagens. Für die Zeit der Mast, also für etwa zwölf Wochen, ist der Bauwagen und die Wiese drumherum das Zuhause von 90 Tieren. Barbara und ihr Mann Armin Hettrich sind Biolandwirte und betreiben in Schwebenried (Lkr. Main-Spessart) eine Direktvermarktung für Masthähnchen, Kartoffeln und Eier.
Vom Industriemechaniker zum Junglandwirt
Erst vor einem dreiviertel Jahr hat Armin Hettrich (32) den Hof von seinen Eltern übernommen. „Mein Vater war Landwirt im Nebenerwerb. Wir hatten Kühe und Schweine – von allem ein bisschen was“, erzählt er. Die Arbeit am Hof hat ihm schon als Kind Spaß gemacht. Trotzdem hat er nach der Schule erst mal Industriemechaniker gelernt und 15 Jahre in dem Beruf gearbeitet.
„Dann kam der Wunsch auf, noch mal was anderes zu machen“, sagt er. In der Abendschule am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt hat er zunächst parallel zum Job zwei Jahre lang Landwirt gelernt und später dort seine Prüfung als Landwirtschaftsmeister gemacht.
Steigende Schülerzahlen in Triesdorf
In Bayern entscheiden sich etwa 1200 junge Leute im Jahr den Beruf Landwirt zu ergreifen. „Es ist der schönste und älteste Beruf der Welt“, sagt Otto Körner, Direktor des Bildungszentrum für Landwirtschaft in Triesdorf (Lkr. Ansbach). Derzeit lernen dort 1000 junge Leute so genannte grüne Berufe, wie Agrarmanager, Agrartechniker oder eben einfach Landwirt. „In Triesdorf kann man Berufe rund um die Wertschöpfung erlernen, vom Urprodukt, über Handel und Verarbeitung bis hin zur Ernährung.“ Die Ausbildung zum Landwirt dauere in der Regel fünf Jahre. „Ein Landwirt hat viel Verantwortung. Er ist Biologe, Tierhalter und Ökonom“, sagt Körner.
Auch unter den wichtigsten Zukunftsberufen stehen Landwirte weit vorn, nämlich an zweiter Stelle – nach den Ärzten, aber noch vor den Polizisten und Lehrern. Das ergab eine Emnid-Studie aus dem Jahr 2017 für den Deutschen Bauernverband.
Bio ist im Trend
Armin Hettrich wirtschaftet nach ökologischen Kriterien: „Bio war meine Idee. Ich habe gedacht, wenn ich die Landwirtschaft jetzt übernehme, dann mache ich's gescheit.“ Eier und Geflügel, so Hettrich, sei immer noch der Bio-Markt, der am meisten wächst. Die Umstellung von konventioneller zu ökologischer Landwirtschaft dauere in der Regel mindestens zwei Jahre. „Zwei Ernten sind Umstellungswaren. Die dritte Ernte ist schon vollwertige Bioware“, erklärt der Landwirt.
Immer weniger Bauernhöfe
Auch wenn sich wieder mehr junge Menschen für den Beruf Landwirt entscheiden, sterben in Bayern Jahr für Jahr knapp zwei Prozent der Höfe: So hat sich die Anzahl der Betriebe im Freistaat in den letzten 20 Jahren nahezu halbiert. Was wächst, ist laut Aussage des Landwirtschaftsministeriums die Anzahl der Biobetriebe. Heute würden in Bayern fast zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen nach ökologischen Kriterien bewirtschaftet. „Der Bio-Bereich hat eindeutig noch Potenzial“, bestätigt auch die neue bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU).
Armin Hettrich setzt auf Bio-Masthähnchen und Eier von Bio-Legehennen. Die Masthähnchen werden direkt ab Hof verkauft. „Die meisten sind vorbestellt“, sagt Barbara Hettrich, die selbst gelernte Landwirtin ist, hauptberuflich aber als Referentin beim Bayerischen Bauernverband tätig ist. Für die zarten Bio-Hähnchen kommen nicht nur Leute aus der näheren Umgebung auf den Hof nach Schwebenried, einem Ortsteil von Arnstein.
Ein Blick in den Stall
Immer mehr Verbraucher kaufen am liebsten direkt beim Produzenten. Laut der Studie „Ökobarometer“ erwerben 54 Prozent aller Bio-Käufer ihre Lebensmittel vor Ort. Sie wollen so besser nachvollziehen, wo und wie ihre Lebensmittel produziert werden. „Der Verbraucher informiert sich immer mehr, wo das Tier herkommt. Stichwort Tierwohl“, bestätigt die Landwirtin. Auch auf dem Hof in Schwebenried würden viele Besucher gerne mal einen Blick in den Stall werfen. „Und das dürfen sie natürlich auch“, sagen Barbara und Armin Hettrich.
Der mobile Hühnerstall ist ebenfalls ein Bauwagen, der etwa 500 Meter vom Hof entfernt auf einer Wiese steht. Dort leben 380 Legenennen. Auch sie sind hauptsächlich im Freien, auf der Wiese. „Einmal in der Woche wird der Wagen auf ein neues Stück Wiese gezogen“, sagt Hettrich. Ein Teil der Tiere bleibe auch mal im Stall, aber die meisten nutzen die Freiheit und laufen draußen herum. Sie scharren, picken und leben ihre Grundinstinkte aus.
Die Bio-Mast dauert doppelt so lange
Natürlich sind Bio-Hähnchen auch teurer als konventionelle Masthähnchen. Sie „reifen“ auch länger. „Bei einem Bio-Hähnchen dauert die Mast zwölf Wochen, das ist doppelt so lange wie beim normalen Hähnchen“, erläutert Hettrich. Damit das konventionelle Masthähnchen innerhalb von vier bis sechs Wochen sein Zielgewicht erreiche, dürfe es sich nur wenig bewegen. Bis zu 22 Tiere säßen oft dicht gedrängt auf einem Quadratmeter. „Ein Biohähnchen lebt fast drei Monate und teilt sich einen Quadratmeter Stall mit maximal neun anderen Tieren. Dazu kommen noch vier Quadratmeter Grünauslauf – pro Hähnchen.“
Ihre Arbeit mit den Tieren lieben die Hettrichs, die auch jetzt noch tatkräftig von Armins Eltern unterstützt werden. Der Hof ist ein richtiger Familienbetrieb. „Die Landwirtschaft macht uns Spaß und das bestärkt einen dann auch ein Stück weit.“
Ausbildung zum Landwirt
Landwirtschaftliches Bildungszentrum Triesdorf
Als 1848 in Triesdorf die bayerische Kreisackerbauschule gegründet wurde, ahnte niemand, welchen Aufschwung der kleine Bildungsstandort einst nehmen würde. Denn im mittelfränkischen Triesdorf gibt es inzwischen über 3000 Schüler und Studenten. Unter dem Begriff Bildungszentrum Triesdorf sind die Landwirtschaftlichen Lehranstalten mit zehn Schulen, die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und das Lehr- und Versuchszentrum für Milchanalytik zusammengefasst.
Zu fünf Themen kann man sich in Triesdorf aus- und weiterbilden lassen: Energie, Ernährung, Landwirtschaft, Lebensmittel und Umwelt. Dabei gibt es Angebote für jedwede Qualifikation. Das Bezirksgut der Landwirtschaftlichen Lehranstalten – der Bezirk Mittelfranken ist der Träger der Einrichtung – bietet den notwendigen Raum für die Praxisausbildung. Zwei reine Praxisschulen – die Landmaschinenschule und die Tierhaltungsschule – lehren rund um ihre Themengebiete, die Abteilung Pflanzenbau und Versuchswesen mit angegliedertem Obstbau forscht im Bereich der Anbaumethoden oder Energiegräser.
Infos: www.triesdorf.de